Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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ich denken soll an – Ein Priester bringt das Verlangte. So, leg die Mütze dahin, sie ist mir zu schwer; gib mir den Stab in die Hand; so, jetzt bin ich gerüstet. Ein Bischof! – Jetzt kann mir der Böse nichts anhaben!

      Sira Viljam. Wünscht Ihr sonst noch etwas?

      Bischof Nikolas. Nein. Doch, – sage mir: – Peter, der Sohn von Andres Skjaldarband, – alle sprechen so gut von ihm –

      Sira Viljam. Er ist gewiß eine schuldlose Seele.

      Bischof Nikolas. Peter, Du sollst bei mir wachen, bis der König oder der Herzog kommt. Geht so lange hinaus, Ihr anderen, – aber seid bei der Hand! Alle, mit Ausnahme Peters, gehen rechts ab.

      Bischof Nikolas nach einer kurzen Pause. Peter!

      Peter nähert sich. Herr!

      Bischof Nikolas. Hast Du nie alte Leute sterben sehen?

      Peter. Nein.

      Bischof Nikolas. Feig sind sie alle zusammen; das könnt' ich beschwören! Da auf dem Tisch liegt ein großer Brief mit Siegel; gib mir den! Peter bringt den Brief. Er ist an Deine Mutter.

      Peter. An meine Mutter?

      Bischof Nikolas. Du sollst damit nordwärts reisen nach Hålogaland. Ich hab' ihr über eine große und wichtige Sache geschrieben; es ist Botschaft von Deinem Vater gekommen.

      Peter. Er kämpft als ein Streiter des Herrn im heiligen Lande. Fällt er dort, so fällt er auf geweihtem Boden; denn dort ist jeder Fußbreit Erde heilig. Ich flehe zu Gott für ihn in allen meinen Gebeten.

      Bischof Nikolas. Ist Andres Skjaldarband Dir teuer?

      Peter. Er ist ein ehrenwerter Mann; aber es lebt ein anderer Mann, mit dessen Größe meine Mutter mich sozusagen von der Wiege an genährt und auferzogen hat.

      Bischof Nikolas hastig und mit Spannung. Ist's Herzog Skule?

      Peter. Ja, der Herzog, – Skule Bårdsson. Meine Mutter hat ihn in jüngeren Tagen gekannt. Fürwahr, der Herzog muß der herrlichste Mann im Lande sein!

      Bischof Nikolas. Da ist der Brief; mach' Dich sofort auf damit gen Norden! – Singen sie nicht da drinnen?

      Peter. Ja, Herr!

      Bischof Nikolas. Acht handfeste Burschen mit Kehlen wie Posaunen, – das wird doch wohl etwas helfen, denk' ich?

      Peter. Herr, Herr, ich würde selber beten!

      Bischof Nikolas. Es ist noch zu vieles ungetan, Peter. Das Leben ist gar zu kurz – und überdies wird der König mir wohl vergeben, wenn er kommt – Er zuckt vor Schmerz zusammen.

      Peter. Ihr leidet gewiß sehr!

      Bischof Nikolas. Ich leide nicht; aber es klingt mir vor den Ohren; es blitzt und funkelt mir vor den Augen –

      Peter. Es sind die himmlischen Glocken, die Euch heimrufen – was da blitzt und funkelt, das sind die Altarkerzen, die Gottes Engel für Euch angezündet haben.

      Bischof Nikolas. Ja, gewiß, gewiß – es hat keine Gefahr, wenn sie da drinnen nur wacker im Gebet aushalten –. Lebwohl, mach' Dich sofort auf den Weg mit dem Briefe!

      Peter. Soll ich nicht erst –?

      Bischof Nikolas. Nein, geh; ich fürchte mich nicht, allein zu sein.

      Peter. Auf Wiedersehen denn dort oben, wenn die himmlischen Glocken einst auch mir läuten! Ab nach rechts.

      Bischof Nikolas. Die himmlischen Glocken, – ja, das sagt sich so leicht, wenn man auf zwei flinken Beinen herumläuft. – So vieles ungetan! Aber dennoch wird manches nach meinem Tode fortwirken. Ich gelobte dem Herzog bei meiner Seele Seligkeit, ihm die Beichte des Pfarrers Trond zu geben, wenn sie in meine Hände käme; – gut, daß ich sie nicht bekommen habe. Hätte er Gewißheit, so würde er siegen oder fallen; dann würde einer von ihnen der mächtigste Mann, der je in Norwegen gelebt hätte. Nein, nein, – was ich nicht erreichen konnte, soll auch kein andrer erreichen. Die Ungewißheit ist das Beste; solange sie auf dem Herzog lastet, werden die beiden einander auf Tod und Leben befehden, wo sie nur können; Städte werden brennen, Dörfer verheert, – keiner von ihnen gewinnt durch des andern Verlust – – Entsetzt. Gnade, Erbarmen! Ich bin es ja, der die Schuld trägt – ich, der von Anbeginn den Anstoß zu der ganzen Sache gegeben hat! Sich beruhigend. Ja, ja, ja! aber jetzt kommt der König, – er ist's ja, den es am schwersten trifft, – er vergibt mir schon – man soll Gebete lesen und Messen; es hat keine Not; – ich bin ja Bischof, und ich habe nie einen mit eigener Hand getötet. – Gut ist's, daß Pfarrer Tronds Beichte nicht gekommen ist; die Heiligen sind mit mir, sie wollen mich nicht in Versuchung führen, mein Gelübde zu brechen. – Wer klopft an die Tür? Es muß der Herzog sein! Reibt sich vergnügt die Hände. Er wird mich quälen um Beweise für das Königsrecht, – und ich habe keine Beweise, die ich ihm geben kann!

      Inga von Vartejg tritt ein; sie ist schwarz gekleidet, mit Mantel und Kapuze.

      Bischof Nikolas schrickt zusammen. Wer ist das?

      Inga. Ein Weib aus Vartejg in Borgasyssel, ehrwürdiger Herr.

      Bischof Nikolas. Die Königsmutter!

      Inga. So hieß ich einstmals.

      Bischof Nikolas. Geht, geht! Ich riet Håkon nicht, sich von Euch zu trennen!

      Inga. Was der König tut, das ist wohlgetan; nicht deshalb komme ich.

      Bischof Nikolas. Weshalb denn?

      Inga. Gunnulf, mein Bruder, ist von der Fahrt nach England heimgekehrt –

      Bischof Nikolas. Von der Fahrt nach England –!

      Inga. Er ist lange Jahre fortgewesen, wie Ihr wißt, und weit herumgekommen; jetzt hat er einen Brief heimgebracht –

      Bischof Nikolas atemlos. Einen Brief –?

      Inga. Vom Pfarrer Trond. Er ist für Euch, Herr. Sie überreicht ihn.

      Bischof Nikolas. Ja so; – und Ihr bringt ihn?

      Inga. Das ist Tronds Wunsch. Großen Dank schulde ich ihm von der Zeit, da er Håkon auferzog. Ich hab' erfahren, daß Ihr krank seid; deshalb machte ich mich gleich auf die Reise. Ich bin zu Fuß hieher gekommen –

      Bischof Nikolas. Es hätte nicht so große Eile gehabt, Inga!

      Dagfinn von rechts eintretend. Gottes Frieden, ehrwürdiger Herr!

      Bischof Nikolas. Kommt der König?

      Dagfinn. Er reitet eben die Ryenberge herab mit der Königin und dem Königskinde und großem Gefolge.

      Inga auf Dagfinn zueilend. Der König, – der König! er kommt hieher?

      Dagfinn. Inga! Ihr seid da, Ihr hartgeprüftes Weib?

      Inga. Wer einen so herrlichen Sohn hat, der ist nicht hartgeprüft.

      Dagfinn. Jetzt muß sein hartes Herz schmelzen.

      Inga. Kein Wort zum König von mir! O, aber sehen muß ich ihn doch – sagt, – kommt er hieher?

      Dagfinn. Ja, bald.

      Inga. Und es ist dunkler Abend. Man wird dem Könige wohl mit Fackeln voranleuchten?

      Dagfinn. Ja.

      Inga. So will ich mich in einen Beischlag stellen, wo er vorüber muß – und dann heimwärts nach Vartejg! Aber zuerst nach Hallwards Kirche; da brennen Lichter diese Nacht; da will ich inbrünstig beten für den König, für meinen herrlichen Sohn.

      Ab nach rechts.

      Dagfinn. Ich hab' mich meines Auftrags entledigt; nun geh' ich dem König entgegen.

      Bischof Nikolas. Grüßt ihn herzlichst, guter Dagfinn!

      Dagfinn, indem er rechts abgeht. Ich möchte morgen nicht Bischof Nikolas sein.

      Bischof Nikolas. Pfarrer Tronds Beichte


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