Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Ja, Du mit Deinen Strafurteilen!

      Brand.

       Nein, mild als Priester, warm als Sohn,

       Wehr' ich den Schrecken, die Dir drohn;

       An Deinem Lager mein Gesang

       Soll trösten Dich zum letzten Gang.

      Die Mutter.

       Das gilt so seiner Zeit wie heut?

      Brand.

       Das gilt, sobald Dein Herz bereut.

       (Tritt näher auf sie zu.)

       Doch Eines fordr' ich zum Entgelt.

       Freiwillig opfre, was die Welt

       Dir alles von dem ihren gab,

       Und schreite nackend in Dein Grab!

      Die Mutter (schlägt wild nach ihm.)

       Gebiete, daß sich Feuer, Brennen –

       Schnee, Frieren – Wasser, Feuchtsein trennen!

       Laß ab!

      Brand. Wirf's in den Fjord und bete,

       Daß Dich die Tat bei Gott vertrete.

      Die Mutter.

       Heisch' Hunger, Durst, – nur den Verzicht, Dies größte Opfer fordre nicht!

      Brand.

       Bleibt eben dieses größte fort, So mildert nichts sein Richterwort.

      Die Mutter.

       Ich leg' in unsern Opferkrug –

      Brand.

       Alles?

      Die Mutter.

       Ist viel noch nicht genug?

      Brand.

       Du tust nicht eher Buße, bis

       Dein Herz wie Hiobs nicht zerriß.

      Die Mutter (ringt die Hände.)

       Mein' Seel' verdammt, mein Tag vergeud't!

       Um arme Frist mein Gut verstreut!

       Heim denn, und dicht ans Herz gehegt,

       Was heut noch meinen Namen trägt.

       Mein Gut, mein Schmerzenskind, mein Gut,

       Für Dich riß ich die Brust in Blut!

       Nun kommt Dein weinend Mütterlein

       Und wiegt ihr sterbend Kindlein ein. –

       War's mich im Fleisch zu schaffen not,

       Wenn Fleisches Lust der Seele Tod? –

       Halt' nah dich, Pfarrer! Weiß noch nicht,

       Wes Sinns ich werd', wann's Auge bricht.

       Muß ich, noch lebend, alles lassen, –

       Will ich doch in Geduld mich fassen.

       (Ab.)

      Brand (sieht ihr nach.)

       Ja, Dein Sohn wird nah sich halten,

       Harren, Dich bereu'n zu sehn,

       Wärmen Deine alten, kalten

       Hände, wenn sie nach ihm flehn.

       (Geht hinab zu Agnes.)

       Als ich heut hier niederstieg,

       Stand mir Herz und Sinn nach Krieg,

       Hört' ich ferner Weisen Wecken,

       Sah das Schwert des Zorns mich recken,

       Lügen fällen, Trolle schrecken,

       Alle Welt zu Boden strecken.

      Agnes (hat sich umgewendet und sieht hellen Auges zu ihm auf.)

       Niedrig lag heut früh mein Ziel;

       Denn ich wollte Lug und Spiel,

       Wollt' gewinnen, wollt' vermehren,

       Was Gewinn war, zu entbehren.

      Brand.

       Holde Träume, große Träume

       Suchten mich gleich wilden Schwänen,

       Hoben mich auf breite Schwingen.

       Sah mich rings, in stolzem Wähnen,

       Schuld und Leid der Zeit bezwingen,

       In der Faust des Weltlaufs Zäume.

       Frommer Prozessionen Pracht,

       Hymnen, Weihrauch, Festgepränge,

       Goldne Schalen, Preisgesänge,

       Zuruf jubelnder Gedränge

       Sah ich meinem Werk gebracht.

       Alles lud so lockend ein, –

       Doch das Ganze war ein Traum

       Wie halb Blitz, halb Sonnenschein

       Über ferner Lande Saum.

      Jetzo steh' ich, wo es grauet,

       Lang' bevor der Tag verblauet,

       Zwischen Hochgebirg' und Sund,

       Abgesperrt vom Weltgewimmel,

       Nur mit einem Streiflein Himmel, –

       Doch ich steh' auf Heimatsgrund.

       Scheide, festliches Gedicht!

       Laß mich, Flügelroß, zur Erden!

       Mich erharrt ein höher Ziel

       Denn Turnier und Ritterspiel, –

       Tag- um Tagwerk, Pflicht um Pflicht

       Soll hier Fest und Feier werden!

      Agnes.

       Und der Gott, der fallen sollte?

      Brand.

       Wird im stillen nun gefällt, –

       Nicht mehr laut vor aller Welt,

       Wie's am Morgen ich noch wollte.

       Klar erblick' ich, daß ich fehlte,

       Als ich jenen Heilsweg wählte.

       Keines Helden lärmvoll Handeln

       Wird dies Zwerggeschlecht verwandeln,

       Kein Entfalten reicher Kräfte

       Bessern seine kranken Säfte.

       Wille, Willen ist von nöten! Der wird retten oder töten. Wille, ganz, in allen Dingen, Im Erhabnen, im Geringen. (Wendet sich nach der Seite des Dorfes zu, über das bereits die ersten Abendschatten fallen.) Kommt denn, die Ihr Eure Stecken Heimwärts setztet, müde Männer! Uns-Vertrauer, uns-Erkenner, Woll'n wir brünstig uns erneuen, Lug und Halbheit niederstrecken, Wecken unsres Willens Leuen. Hand am Karst, wie Hand am Schwert Eint sich leicht mit Manneswert! Eins ist not: daß wir auf Erden Tafeln Seines Griffels werden.

      (Er will gehen. Ejnar kommt ihm entgegen.)

      Ejnar.

       Gib mir, was Du nahmst, zurück!

      Brand.

       Agnes? Wolle selbst sie fragen!

      Ejnar (zu Agnes.)

       Wähle zwischen lichten Tagen

       Und der Felsschlucht Kerkerglück!

      Agnes.

       Geh! Ich habe nichts zu wählen.

      Ejnar.

       Agnes, muß ich Dir erzählen,

       Was die alten Lehren sagen:

       Leicht gehoben, schwer getragen!

      Agnes.

       All Dein Locken ist verschwendet.

       Ich will tragen, bis es endet.

      Ejnar.

      


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