Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Vielleicht nicht ganz dem Wunsch gemäß –

      Brand (weist nach dem Hause.)

       Ich bitte –

      Der Vogt. Danke; 's tut's auch hier.

       Erhält mein Wort nur Einlaß, bin Ich sicher, Ihnen bringt, wie mir, Die Unterredung nur Gewinn.

      Brand.

       Was führt Sie her?

      Der Vogt. Vernahm ich recht,

       So steht's mit Ihrer Mutter schlecht; –

       Das tut mir leid.

      Brand. Ich zweifle nicht.

      Der Vogt.

       Das tut mir sehr leid.

      Brand. Nun, und da –?

      Der Vogt.

       Jedoch, sie ist wohl alt; – Gott, ja,

       Das Sterben ist nun einmal Pflicht.

       Und da ich just vorüberstrich,

       So dacht' ich: jetzt ermannst Du Dich

       Und sprichst mal vor; auch um zu fragen,

       Ob's wahr ist, was die Leute sagen,

       Daß zwischen Ihnen seit der Zeit,

       Daß Sie hier sind, Familienstreit –

      Brand.

       Familienstreit?

      Der Vogt. Es heißt, sie hält

       Mit aller Macht an ihrem Geld.

       Da gab's wahrscheinlich denn Verdruß.

       Man sieht doch selbst auch auf Erwerb.

       Sie hat von Ihres Vaters Erb'

       Den ungeteilten Vollgenuß –

      Brand.

       Den ungeteilten –; nur zu wahr!

      Der Vogt.

       Da fährt man sich gar leicht ins Haar.

       Und da ich mir nun denn gedacht,

       Daß Sie dem weiteren Geschehn

       Mit kühlem Blut entgegensehn,

       So sind Sie wohl nicht aufgebracht, –

       Ist auch der Zeitpunkt schlecht gewählt, –

       Und hören mich.

      Brand. Ob jetzt ob dann,

       Drauf kommt's für mich wohl wenig an.

      Der Vogt.

       Ja, denn zur Sache, kurz und gut.

       Sowie die Frau sich ausgequält

       Und selig unterm Rasen ruht, –

       Was bald geschehn wird, – sind Sie reich –

      Brand.

       Sie glauben –?

      Der Vogt. Da ist nichts zu glauben.

       Sie übersehn Ihr Land nicht gleich,

       So scharf Sie auch den Kieker schrauben.

       Sie werden reich!

      Brand. Trotz des Gerichts?

      Der Vogt (lächelt.)

       Was soll das hier? Das sorgt Sie nichts, Da niemand Streit und Einwürf' macht. Hier kommt kein Dritter in Betracht.

      Brand.

       Und wollte doch nun irgendein

       Miterb' ihr Gut sich zuerkennen –

       Und sich den rechten Erben nennen?

      Der Vogt.

       Das müßt' der Teufel selber sein!

       Ja, sehn Sie mich nur an; – nicht einer

       Spricht außer mir ein Wort hier drein;

       Vertraun Sie mir; ich weiß Bescheid.

       Nun also: Gutgestellt, wie keiner

       Am Ort hier, reich sogar, so können

       Sie sich nun bessre Tage gönnen;

       Frei lacht die Welt nun weit und breit.

      Brand.

       Wie? Heißt das nicht mit einem Wort:

       Wir brauchen Dich nicht mehr; zieh fort!?

      Der Vogt.

       Ich glaub', 's wär' allen nur zum Segen.

       Stehn Sie, – wenn Sie die insgesamt

       Betrachten, denen hier Ihr Amt

       Gebeut die Bibel auszulegen, –

       Nicht wie ein Wolf da, – derb verglichen, –

       Vor Gänsen und vor Gänserichen?

       Ihr Geist bleibt diesem engbemessnen

       Bezirk ein unverstanden Buch;

       Sie werden diesen eingesessnen

       Bergbauern, diesen weltvergessnen

       Fjordfischern oft ein wahrer Fluch.

      Brand.

       Sein Heimatsort ist einem Mann,

       Was einem Baum sein Wurzelgrund; –

       Wenn man ihn da nicht brauchen kann, Verstummt sein Mund, verfällt sein Pfund.

      Der Vogt.

       Das ist das fürnehmste Gebot:

       Sich dem, was not tut, anzupassen.

      Brand.

       Doch wird vom Tal sich das, was not,

       Nicht wie vom Berg aus schätzen lassen.

      Der Vogt.

       So reden die im Lande draußen,

       Nicht die in armen Tälern hausen.

      Brand.

       O, Ihr mit Eurem Unterschied

       Von Tiefland und Gebirg'! Ihr zieht

       Die Rechte vor, die jenem gelten,

       Doch seine Pflichten übt Ihr selten.

       Euch dünkt's genug, wenn Ihr nur schreit,

       Daß Ihr geringe Leute seid.

      Der Vogt.

       Jedwede Generation,

       Jedwede Zeit geht ihre Gasse.

       Wir brachten unser Scherflein schon Der Weltgeschichte großer Kasse; Versteht sich, anno dazumalen; Doch war es drum kein schlechter Zahlen. Jetzt kommt der Ort nicht mehr in Frage, Doch seinen Ruf bewahrt die Sage; Es zählen seine großen Tage In König Beles Kriegsannalen. Da dringt noch Etzliches zu Ohr Vom Brüderpaare Wulf und Thor Nebst manchem wackren Häuflein, das Nach Brettlands Küste fuhr und baß Brandschatzend Land und Leute schor. Im Süden schrie man schreckensbleich: Gott schütz' uns vor der Eber Streich! Und diese Eber, des sind wir Gewiß, die waren Volk von hier. Und konnten sich die Kerle rächen! Da schwamm's von Blut- und Feuerbächen! Ja, einer, Türkenmacht zu schwächen, Nahm selbst das Kreuz, dem Herrn zulieb; – Wenn auch der Zug selbst unterblieb –

      Brand.

       Es stammt gewiß ein breit Geschlecht

       Von diesem Helden ab?

      Der Vogt. Ganz recht:

       Doch woher wissen Sie –?

      Brand. O, weil

       So viele, dünkt mich, heut ihr Heil

       In einem Kreuzzug solcher Wahl

       Versuchen, wie der dazumal.

      Der Vogt.

       Jawohl, es blüht noch weit und breit.

       Doch waren wir in Beles Zeit!

      


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