Butler Parker 154 – Kriminalroman. Günter Dönges
ausschließlich für ihn gearbeitet hatte.
»Ungesetzlichkeiten, Sir«, lautete Parkers Antwort. »Man kann bei Mr. Wenlock so gut wie alles bestellen, angefangen vom Diebstahl bis zum Mord.«
»Ein unerfreulicher Zeitgenosse, Und die Polizei hat ihm bisher nicht das Handwerk legen können?«
»Mr. Jody Wenlock ist ein vorsichtiger Mensch, Sir. In Kreisen der Unterwelt wird er geschätzt und gefürchtet.«
»Und wie hat er sich getarnt, Parker? Ich wette, er arbeitet mit einem erstklassigen Aushängeschild, oder?«
»In der Tat, Sir! Mr. Wenlock betreibt einen sogenannten Ausschnitt-Dienst.«
»Was stelle ich mir denn darunter vor?«
»Er beschäftigt eine Anzahl Rentner sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts, Sir, die die Tages- und Wochenzeitschriften auswerten, und zwar in der Form, daß die betreffenden Personen Artikel über gewünschte Personen oder Themen mittels Scheren ausschneiden.«
»Natürlich, jetzt fällt’s mir wieder ein.« Mike Rander lächelte. »Falls ich mich für Botanik, Lady Simpson oder die Raumfahrt interessiere, wende ich mich an Wenlocks Büro und abonniere bei ihm.«
»Dies, Sir, ist das übliche Verfahren.« Parker nickte andeutungsweise. »Es ist übrigens erstaunlich, wie schnell und gründlich man über eine bestimmte Person oder ein Sachgebiet informiert wird.«
»Kann ich mir vorstellen, wenn man alle englischsprachigen Erscheinungen berücksichtigt. Das also ist Wenlocks Masche.«
»Mr. Wenlock unterhält keine eigene Organisation«, wußte der Butler weiter zu berichte »Ich darf noch mal wiederholen, Sir, er vermittelt nur Einzelpersonen oder Organisationen.«
»Und kassiert dafür dicke Provisionen, wie?«
»Dies soll und muß man als sicher und gewiß unterstellen. Sir.«
»Fahren wir jetzt zu ihm, Parker?«
»Ihr Einverständnis voraus setzend, Sir, sollte man sich vielleicht vorher noch mit Mr. Stamford ins Benehmen setzen.«
»Dieser Bursche, der laut Cromer ebenfalls für diesen Spekulanten Wigmore arbeitet?«
»In der Tat, Sir. Seine Leute dürften in der Warren Street Myladys Ohren beleidigt haben.«
»Und Sie wissen natürlich, wo er zu finden ist?«
»Es gibt einen Billard-Club, Sir, in dem Leute seines Schlags zu verkehren pflegen. Es handelt sich selbstverständlich um einen Privatclub.«
»Stamford wird doch von Cromer längst vorgewarnt worden sein.«
»Dies, Sir, muß ich, wenn es erlaubt ist, in Zweifel ziehen. Mr. Cromer wird sich sicher freuen, wenn auch Mr. Herb Stamford ein wenig gemaßregelt wird.«
»Lassen wir uns überraschen, Parker.« Mike Rander hatte sich längst entspannt und schielte nicht mehr nach den Haltegriffen. »Wir sind uns doch wohl klar darüber, daß wir an diesen Spekulanten herankommen müssen, nicht wahr? Will Wigmore ist unser Mann.«
»Ohne Zweifel, Sir. Ich habe mir bereits erlaubt, einige Fensterscheiben seines Landhauses mittels meiner Gabelschleuder zu zertrümmern.«
»Wo bleibt Ihre Seriosität, Parker?« Rander lachte. »Sie sind ihm bereits auf den Pelz gerückt?«
»Um Mr. Wigmore ein wenig einzustimmen, Sir. Zudem lag mir daran, Mr. Wigmore auf meine bescheidene Wenigkeit aufmerksam zu machen.«
»Aha, Wagenkennzeichen und so.« Rander verstand sofort.
»Ein einfaches und immer wieder sicheres Verfahren, Sir«, bestätigte der Butler. »Mr. Wigmore wird aller Voraussicht nach bereits erste Aktivitäten entwickeln. Es könnte durchaus der Fall sein, daß er sich schon hilfe- und ratsuchend an Mr. Jody Wenlock gewandt hat.«
»Unser Artikeldienstmann, wie?«
»Sehr wohl, Sir. Wenn man einem Menschen wie Wigmore zu nahe tritt, so wird solch eine Person mit einiger Sicherheit sehr aggressiv reagieren. Aggression aber ist bereits der erste Schritt zu einem Kardinalfehler, wie mich dünkt.«
»Irgendeine Spruchweisheit aus dem Fernen Osten?« spottete der Anwalt, der nur zu gut wußte, wie gern Parker Zitate und Sprichwörter verwandte.
»Ein spontaner Einfall, Sir«, erwiderte der Butler bescheiden. »Er wurde natürlich aus einer gewissen Erfahrung heraus geboren.«
*
McWarden leitete im Yard ein Sonderdezernat und war dem Innenministerium direkt unterstellt. In der Vergangenheit war es zwischen Butler Parker und ihm zu einer intensiven Zusammenarbeit gekommen. McWarden schätzte die Fähigkeiten Parkers sehr hoch ein und verdankte ihm manchen geklärten komplizierten Kriminalfall.
»Sie waren für einige Wochen in den Staaten?« fragte McWarden.
»Das wissen Sie doch, lieber McWarden«, flötete die Hausherrin förmlich und lächelte geradezu zuckersüß, was McWarden vorsichtig werden ließ. »Seitdem ist Ihre Aufklärungsquote bestimmt drastisch gesunken, nicht wahr?«
»Ich konnte methodisch und ohne Hektik arbeiten«, stichelte der Chief-Superintendent sofort zurück. Ihn verband mit Lady Simpson eine gewisse Art von Haßfreundschaft. »Es war die reine Wohltat.«
»Für die Unterwelt, nehme ich an«, gab sie postwendend zurück. »Sie muß goldene Zeiten gehabt haben, aber das wird sich ab sofort wieder ändern.«
»Sie arbeiten an einem Fall, Mylady?«
»Wie kommen Sie darauf?« Sie schüttelte den Kopf. »Oder sollten Sie in Schwierigkeiten stecken, McWarden?«
»Sie werden ab sofort wieder auf mich zukommen, Mylady. Und auch auf Sie. Es liegt nämlich eine Anzeige gegen Sie vor.«
»Was Sie nicht sagen, junger Mann.« Sie benutzte bewußt diese Anrede. Sie wußte nur zu gut, wie sehr McWarden sich darüber ärgerte.
»Körperverletzung«, sagte McWarden. »Sie sollen zwei Mieter in einem Haus in der Warren Street mißhandelt haben.«
»Sie werden mir so etwas doch wohl nicht zutrauen, McWarden, oder?« Sie lachte tief und amüsiert auf. »Ich bin eine alte Frau.«
»Ich traue Ihnen eine Menge zu, Mylady«, gab der Chief-Superintendent zurück. »Schon allein die Art der Körperverletzung spricht Bände.«
»Was ist denn passiert?« Sie lehnte sich genußvoll zurück.
»Eine Unterkieferverrenkung, eine Gehirnerschütterung«, zählte McWarden auf. »Dazu noch diverser Sachschaden. Sie sollen zwei brandneue Tonbandmaschinen und Lautsprecher demoliert haben.«
»Wie kommt es, daß Sie sich für solche Lappalien interessieren, McWarden, falls es überhaupt stimmt, was man mir da vorwirft?«
»Mich interessiert alles, was mit Ihnen zusammenhängt, Mylady. Es besteht übrigens kein Zweifel, daß Sie in diesem Haus waren. Ein Mr. Fielding sagte aus, er sei von Ihnen besucht worden.«
»Wie kommt er dazu?«
»Er hat’s unfreiwillig ausgesagt«, erklärte McWarden. »Beamte haben ihn routinemäßig befragt. Er sagte, er habe sich wegen irgendeiner Mietgeschichte an Mr. Rander gewandt.«
»Der nette alte Fielding.« Sie nickte und verstrahlte wieder Wohlwollen. »Ein reizender alter Herr.«
»Ich weiß.« McWarden nickte. »Ich komme gerade von ihm. Als Ihr Name fiel, Mylady, bin ich in meinem Büro sofort verständigt worden.«
»Haben Sie per Rundschreiben vor mir warnen lassen?« fragte sie bissig.
»Mr. Fielding und auch noch andere Bewohner des Hauses haben Ärger mit einem Mr. Will Wigmore.« McWarden ging auf die Frage der älteren Dame nicht ein.
»Das Wort Ärger ist eine höfliche Umschreibung, McWarden. Wollen Sie