Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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      »Was wirfst du mir vor, Ulli?« fragte Constanze. »Daß ich mit anderen Männern geflirtet habe? Ich gebe zu, es hat mir Spaß gemacht, sie um den Finger zu wickeln. Aber geliebt habe ich immer nur dich.«

      »Himmel«, fuhr er auf, »wir wollen doch jetzt nicht olle Kammellen aufwärmen. Ich werfe dir gar nichts vor, höchstens, daß du, unbesehen, was die Konsequenzen betrifft, zu allem Ja und Amen gesagt hast, was unsere Väter beschlossen haben.«

      »Und was ist daran so unsinnig, eine Menge Arbeitsplätze zu retten und viele Menschen in Lohn und Brot zu halten?«

      Jetzt war er es, der spöttisch den Mund verzog.

      »Daran ist gar nichts unsinnig«, erwiderte er. »Aber wenn dein Vater wirklich so edelmütig ist, warum fusioniert er dann nicht mit uns, ohne daran solche Bedingungen zu knüpfen? Es kostet ihn einen Federstrich unter den Vertrag, und er ist Herr über die Lebkuchen- und Printenbäckerei Vogler. Er weiß doch, daß er uns haben kann. Für ihn sind wir doch nur ein Aushängeschild, das er wegen unseres guten Namens seinem Imperium einverleiben will. Und wir wären ihm sogar noch dankbar dafür, denn gegen die große Konkurrenz aus Nürnberg sind wir doch gar nichts mehr.«

      Constanze sah ihn einen Moment schweigend an. Vieles von dem, was er sagte, stimmte. Aachener Printen waren eine sehr spezielle Lebkuchenart. Mit ihnen verdiente die Firma Vogler, die anderen Gebäcke waren eher ein Zusatzgeschäft. In Nürnberg wurden schon seit Jahrhunderten Lebkuchen gebacken, und die Firmen dort waren die großen Mitstreiter um den Gewinn. Aber einen Betrieb wie den, der Ullis Vater gehörte, in seinem Firmenimperium zu haben, bedeutete schon ein ganz besonderes Renommee. Constanze wußte darum und hatte seinerzeit geglaubt, ihren Vater damit überzeugen zu können.

      »Weil ich ihn darum gebeten habe«, sagte sie. »Ich liebe dich nun mal und habe gehofft, daß dieses Geschenk unsere Liebe noch mehr festigen würde.«

      Sie schaute zu Boden.

      »Aber offenbar hat er das Gegenteil bewirkt. Du trittst meine Liebe mit Füßen, und daß dabei viele hundert Leute auf die Straße gesetzt werden, ist dir egal.«

      Ulli blickte sie betroffen an. Verachtung sprach aus ihren Worten.

      Aber war es wirklich so egoistisch, wie er handelte?

      »Ich kann nicht anders«, sagte er schließlich. »Ich weiß nur, daß ich Eva liebe und mit ihr glücklich werden will.«

      Constanze atmete schwer.

      »Dann habe ich wohl keine Chance mehr…«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Ich wünschte, wir hätten uns anders getrennt. Das mußt du mir glauben«, beteuerte er. »Doch die Umstände wollten es so. Vielleicht ist es besser, wenn du wieder nach Hause fährst…«

      Mit diesen Worten stand er auf und verließ das Zimmer.

      Constanze von Werenhofen blieb allein zurück. Einsam, verbittert und voller Rachegedanken. Nur wußte sie nicht recht, wem sie eigentlich galten.

      Ulli, dieser Eva oder allen beiden?

      Vor sich hinbrütend saß sie auch noch da, als Petra zurückkam.

      »Und?« fragte die Freundin. »Fahren wir wieder nach Hause?«

      »Noch nicht.« Constanze schüttelte den Kopf und griff zum Telefon. »So leicht gebe ich nicht auf.«

      Und ihre Worte klangen wie eine Drohung.

      *

      Ulli kehrte nur noch einmal auf den Saal zurück, um sich von Claudia und Max zu verabschieden und ihnen mitzuteilen, daß Eva schon wieder in die Pension gegangen sei.

      Der Bruder des Bergpfarrers ahnte, daß irgendein ungewöhnlicher Umstand eingetreten sein mußte.

      »Gibt’s Probleme?« fragte er. »Kann ich helfen?«

      Ulli schüttelte den Kopf.

      »Nicht zwischen Eva und mir«, erwiderte er. »Aber Constanze ist überraschend hergekommen. Du weißt schon, ich habe mit deinem Bruder über sie gesprochen. Ich hoffe, daß unser Gespräch eben sie davon überzeugt hat, daß es wirklich aus ist zwischen uns.«

      Max nickte.

      »Solltest du dennoch Hilfe brauchen«, bot er an, »dann wende dich an meinen Bruder.«

      »Das mache ich.« Ulli verabschiedete sich und ging ins Hotel zurück.

      In seinem Zimmer saß er einen Augenblick auf dem Bett, dann war der Entschluß gefaßt. Früher oder später mußten seine Eltern ja erfahren, daß er sich gegen eine Heirat mit Constanze entschieden hatte. Also konnte er sie auch jetzt gleich anrufen. Es war zwar schon kurz vor Mitternacht, aber zumindest sein Vater würde noch nicht schlafen gegangen sein. Hans Vogler nahm auch gleich den Hörer ab.

      »Ulli?« fragte er erstaunt. »Ist was passiert, daß du um diese Zeit noch anrufst?«

      »Nein«, antwortete er. »Oder doch, jedenfalls nichts Schlimmes. Constanze ist hergekommen.«

      »Na, das ist doch prima«, freute sich sein Vater. »Das Mädel arbeitet ohnehin zuviel. Schön, daß sie sich eine Auszeit genommen hat. Dann kommt ihr also zusammen zurück?«

      »Nein, Vater, nun laß mich doch auch mal zu Wort kommen«, bat der Sohn. »Sie ist hier, weil ich ihr gesagt habe, daß aus der Verlobung nichts wird. Ich liebe sie nicht und werde sie nicht heiraten.«

      »Was sagst du da?« polterte Hans Vogler los. »Junge, bist du noch ganz bei Sinnen? Ist dir eigentlich klar, was das bedeutet? Wir können den Laden dicht machen.«

      »Ich verstehe dich auch, wenn du nicht so schreist«, erwiderte Ulli ganz ruhig.

      Er war über sich selbst erstaunt. Als er die Nummer wählte, hatten seine Finger noch gezittert, jetzt war er wirklich die Ruhe selbst.

      »Und dein Geschrei ändert nichts an meinem Entschluß«, fügte er hinzu.

      »Also, das verstehe ich nicht«, sagte sein Vater, jetzt etwas gemäßigter. »Ich denke, es war alles klar zwischen euch. Und zwischen Justus und mir sowieso.«

      »Ja, Vater, zwischen euch beiden. Aber zwischen Constanze und mir war gar nichts mehr klar. Schon lange nicht mehr, nur hat’s keiner wahrhaben wollen. Es war ja auch so bequem. Durch die Hochzeit sollte mit derselben Klappe noch eine Fliege geschlagen werden. Aber ich mache da nicht mit. Hier geht es um mein Lebensglück, Vater.«

      »Lebensglück?«

      Hans Vogler hatte seine Stimme jetzt wieder gehoben.

      »Hier geht es um viel mehr als das. Es geht um das Wohl und Wehe unserer Firma und um die Arbeitsplätze, die daran hängen.«

      »Trotzdem, Vater, ich kann und will nicht anders.«

      »Ist das dein letztes Wort?«

      »Ja.«

      Hans Vogler legte ohne einen weiteren Kommentar den Hörer auf die Gabel.

      »Der Kerl ist übergeschnappt«, brummte er vor sich hin. »Der hat doch völlig den Verstand verloren!«

      Das Telefon klingelte wieder. Ullis Vater verzog das Gesicht.

      Na also, jetzt ruft er an und sagt, daß alles nur ein dummer Scherz war. Bestimmt wollte er meine Reaktion testen.

      Er nahm den Hörer wieder ab und hörte Justus von Werenhofens Stimme.

      »Mensch, Hans, was ist denn los?« rief der Großbäcker. »Eben ruft mich die Constanze an und teilt mir mit, daß sie in diesem Kaff ist, wo dein Sohn Urlaub macht. Sie ist hingefahren, weil er mit ihr Schluß gemacht hat. Kannst du dir das erklären?«

      »Tut mir leid, Justus, ich bin genauso ratlos wie du. Ulli hat mich gerade angerufen und mir dasselbe mitgeteilt.«

      »Ich verstehe das nicht«, grummelte Justus von Werenhofen. »Was will der Bengel eigentlich?«


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