Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох
ich Unrecht und der Andere hat Recht. Was sagen Sie etwa dazu?«
Nachdem er heftig zur Seite gespuckt.
»Oder gar – ich stelle ihr vor – »Liebe Nikolaja, thu’ mir das nicht, erbarme dich.« – Richtig, schweigt sie das nächstemal. – »Und Sie Gnädige, was sagen Sie?« – »Ich? – ich, sage, was mein Mann sagt.« O! tartarische Bosheit!
Sie muß sich zwingen, verstehen Sie, mit mir einer Meinung zu sein! Wenn ich so daran denke, ich begreife nicht, daß ich noch lebe!
Plötzlich verlor ich eine große Summe. Wir hielten hoch, wissen Sie, und ich hatte natürlich Unglück – im Spiele. Einmal verlor ich Ihnen mein ganzes baares Geld, Pferde, Wagen.«
Jetzt lachte er herzlich darüber.
»Gut. Ich nehme mich beim Kopfe und sagte: das hast du schlecht gemacht. Zog mich auf ehrenvolle Art zurück. Freunde, Nachbaren blieben aus.
Nur er kam.
Mich kümmert es zwar weiter nicht, wissen Sie. Ich begann damals selbst zu wirthschaften, hatte mitunter Glück und wenn man gleichsam so unter der Hand wachsen sieht, was man eben selbst säet, so zieht das in einer Weise an, und endlich ist die Landwirthschaft auch ein Spiel. Man macht seinen Plan wie beim Spiel, man muß ihn jeden Augenblick nach den Umständen zu verändern wissen und der Zufall spielt auch seine Rolle. Gewitter, Hagel, Frost, Dürre, Krankheit, Heuschrecken.
Wenn ich zum Thee komme, meine Pfeife stopfe, fällt mir ein, das Pferd will beschlagen sein oder ich soll im Obstgarten nachsehen, ob mein Obsthüter stärker ist oder mein Branntwein. Nehme die Mütze, gehe wieder fort und es fällt mir gar nicht mehr ein, daß meine Frau bei den Kindern sitzt.
Man spricht schon so davon. »Das ist auch eine Ehe, wie alle anderen sind.« Selbst der hochwürdige Macziek kam mit großer Salbung. Sein Gesicht, sein Haar glänzten nur; dann auch sein Rockkragen. Sogar auf Stiefel und Ellenbogen erstreckte sich die Salbung. Er glänzte wie ein Cherubin, hob seinen gelben Rohrstock wie einen Schäferstab über mich und noch etwas höher seine Stimme. »Aber Hochwürden! wenn wir uns etwa nicht mehr lieben, ich und meine Frau?« – »Oho! Fegefeuer! Das ist es ja eben!« und lachte, daß ihm der hochwürdige Bauch und die salbungsvollen Wangen wackelten. »Oho, Fegefeuer! Das ist ja eben die christliche Ehe.« – »Aber Hochwürden, Herr Wohlthäter, sollen wir so leben? das geht doch nicht.« – »Oho! Fegefeuer! freilich das geht nicht. Wofür wäre denn die Kirche da? Wissen Sie, verehrter, verirrter Freund, was das ist, Christenthum?
Allenfalls wenn Sie so mit einem Frauenzimmer sich erlustigen, ohne sie zu lieben – was wird man sagen? – der Wüstling! In der christlichen Ehe versteht sich das von selbst.
Allenfalls wenn Sie so ein Frauenzimmer zahlen oder geben ihr was, ein Tuch, was weiß ich, da spuckt jeder aus. Die Dirne da verkauft sich! In der christlichen Ehe, mein verirrter Freund, versteht sich das von selbst.
Wovon spricht denn so die brave, christliche Ehefrau? etwa von solchen Lüsten? Fegefeuer! von ihrer Morgengabe spricht sie, und wie der brave, christliche Ehegatte sie kleidet und nährt. Hab’ ich Recht?
Liebe? – da heißt es: Sorge für dein Weib, ernähre deine Kinder und dafür – dein Bett. Basta! das ist eine christliche Ehe. Fegefeuer, das will ich meinen.
So ist es eine pure Schande, wenn ein Mädchen allenfalls sich verliebt und bekommt ein Kind. Pfui! aber da – wenn sie sich auch täglich anspucken – Segen Gottes!
Heirathet man der Liebe wegen, frage ich, oder des priesterlichen Segens wegen? Nun? wenn man der Liebe wegen heirathen würde, brauchte man ja den priesterlichen Segen gar nicht. Ergo! das will ich meinen!« So der Pfarrer.
Es wird mir immer einsamer zu Hause, es treibt mich fort.
Nun bleibe ich auf dem Felde draußen, wenn geschnitten wird, setze mich, wenn so die Garben stehen, wie in ein Zelt, rauche und höre den Leuten zu, wie sie singen. Gehe in den Wald, wenn Holz geschlagen wird und schieße ein Eichkatzel. Kein Markt im ganzen Kreise, den ich nicht besuchen würde. Auch nach Lemberg fahre ich oft, besonders zur Zeit der Contrakte. Bleibe Wochen vom Hause.
Es versteht sich endlich von selbst, daß ich meine Frau nur – wissen Sie – kurz, daß wir so eine christliche Ehe führen.
Meinem Nachbar leuchtet das allerdings nicht ein. Der meint, man könne täglich sein Herz brennen lassen wie seine Haare. Der sitzt richtig den halben Tag bei meiner Frau, besonders wenn ich nicht daheim hin. Wenn ich auf den Jahrmarkt fahre oder nur auf die Jagd – gleich ist er da.
»Ist mein Freund« – er pflegte mich so zu nennen, also bleiben wir dabei – »Ist mein Freund nicht zu Hause?« – »Nein.« – »Das thut mir doch sehr leid.«
Merken Sie – der Iltis – und setzt sich nieder und deklamirt den Puschkin.
Im Gespräche dann: »Aber er ist doch nie zu Hause. Hm.« »Nie,« – schüttelt nur den Kopf und die Frau – o Gott! Sie wissen ja – die lamentirt ihm nach; so Anspielungen, und er schüttelt immer nur den Kopf und zieht theilnehmend die Luft durch die Nase. Spricht so im Allgemeinen von den Männern, so belehrend und unterhaltend, wissen Sie, traut sich aber nicht dabei entschlossen auszuspucken, sondern hüstelt nur etwas in sein Tuch.
Mir, verstehen Sie, macht er eine ganze Scene, daß ich meine Frau vernachlässige; und was für eine Frau! eine schöne Frau, eine Frau, die so ein Gemüth hat, pures Gemüth, und eine geistvolle Frau, die den Puschkin liest wie ein Gebetbuch.
Das ist leicht zu sagen. Du hast sie beim Samowar Freund, im Eichhörnchenpelz, und lebhaft wie ein Eichkatzel, und ich! – Ah! lassen wir das gehen.
Sie läßt sich von ihm also ganze Bücher vorlesen, bekommt dadurch so Ideen und seufzt, wenn von mir die Rede ist.
Und was ist denn eigentlich? was haben wir uns etwa gethan? – »Wir verstehen uns nicht,« sagt sie.
Wissen Sie, wörtlich aus einem deutschen Buch; wörtlich, sag’ ich Ihnen. Da haben Sie diese Ideen. –
Einmal Nachts komme ich Ihnen auf diese Weise zu Hause von einer Licitation in Dobromil, wissen Sie.
Meine Frau sitzt auf dem Diwan, den einen Fuß oben, und hält das Knie so mit den Händen, so verloren vor sich hin.
Mein Freund war eben da – meine Frau hat ihren Eichhörnchenpelz und dann – rieche ich ihn. Einen Augenblick möchte ich mich ärgern, aber ich lasse es bleiben. Meine Frau gefällt mir so, ich küsse ihr die Hände und streiche den Pelz an ihrer Jacke. Auf einmal sieht sie mich an, so ein Blick – so fremd. Ich staune nur.
»Das kann nicht so bleiben,« sagt sie. Ganz plötzlich. Ihre Stimme war ganz heiser. Dann zwang sie sich laut zu sprechen. – »Was ist dir nur?« – »Du kommst nur noch in der Nacht zu mir,« schreit sie auf, »einer Maitresse macht man doch den Hof – und ich – ich – ich will Liebe!«
»Liebe? lieb’ ich dich denn nicht?« – »Nein!« Setzt sich zu Pferde und jagt davon.
Ich suche sie die ganze Nacht, den ganzen Tag.
Wie ich am Abende zurückkehre, steht ihr Bett bei den Kindern und ich schlafe allein. –
Ich hätte sollen auftreten, das ist wahr – aber – da war ich zu stolz, da dachte ich, es wird sich schon geben. – Dann unsere Frauen! Ja, da war allenfalls ein deutscher Kanzellist beim Kreisamte.
Seine Frau läßt sich Liebesbriefe schreiben von einem Rittmeister. »Was hast du da, meine Liebe?« Nimmt ihr den Brief aus der Hand, liest ihn und prügelt auch schon zugleich seine Frau. Prügelt sie fort, was sag ich? – prügelt sie so lange, bis sie ihn wieder liebt. Das war eine glückliche Ehe.
Aber ich! – ich war so ein Sklave. Wäre ich nur damals gleich aufgetreten. Aber jetzt ist alles Fisch.
Wir sagten uns also jetzt: guten Morgen, und: gute Nacht. Das war Alles. Gute Nacht! Das waren Ihnen Nächte. Ich hätte mich täglich können heilig sprechen lassen! – –
Damals