Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman - Marie Francoise


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ich ja gar nicht«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Herr Bürgermeister, Cornelia Baumgartner soll wenige Wochen nach ihrer Geburt gestorben sein. Wenn das stimmt, dann ist das Schicksal eines jungen Mannes besiegelt. Sollte sie aber noch am Leben sein, dann muß ich sie finden, damit sie ihrem Bruder das Leben retten kann.« Er legte einen Zettel auf den Schreibtisch des Bürgermeisters. »Ich will die Bücher gar nicht sehen. Ich will nur wissen, ob eine Cornelia Baumgartner in dem Zeitraum, den ich Ihnen hier notiert habe, gestorben ist. Bitte, Herr Bürgermeister, das Leben eines jungen Menschen hängt davon ab.«

      Bürgermeister Schütz stand auf und griff nach dem Zettel. »Also schön, warten Sie hier, Herr Doktor, ich werde sehen, was ich machen kann.«

      Die beiden Beamten, die an der zuständigen Stelle saßen, waren nicht sehr erbaut über die Aufgabe, die der Bürgermeister ihnen stellte, doch sie beeilten sich, die gewünschte Auskunft herbeizuschaffen. Das Ganze dauerte dann nicht einmal eine Viertelstunde.

      »In unserem Sterberegister ist keine Cornelia Baumgartner verzeichnet«, erklärte Bürgermeister Schütz. »Jedenfalls nicht in diesem Zeitraum.«

      Dr. Daniel fühlte eine Mischung aus Erleichterung und Erregung. Er hatte fast ein Jahr als möglichen Todeszeitraum angegeben, was bedeutete, daß Cornelia nach ihrer Geburt nicht nur ein paar Wochen, sondern mehrere Monate gelebt hatte, und vermutlich lebte sie sogar heute noch… die Frage war nur, wo!

      *

      Als Dr. Daniel aus dem Rathaus in seine Praxis zurückkehrte, wartete dort schon eine Nachricht auf ihn.

      »Sie sollen sofort in die Waldsee-Klinik kommen«, erklärte seine junge Empfangsdame Gabi Meindl hastig. »Fräulein Demel ist vor einer Viertelstunde mit Unterleibsblutungen zusammengebrochen.«

      Dr. Daniel verließ im Laufschritt seine Praxis, stieg ins Auto und fuhr zur Waldsee-Klinik hin-über. Als er wenige Minuten darauf die Gynäkologie erreichte, bemühte sich die junge Frauenärztin Dr. Alena Reintaler schon um Annemarie.

      »Ich fürchte, die Fehlgeburt wird sich nicht mehr aufhalten lassen«, raunte sie Dr. Daniel leise zu.

      »Sie muß sich aufhalten lassen«, entgegnete er entschieden, dann trat er zu Annemarie, die auf der Untersuchungsliege lag und verzweifelt schluchzte.

      »Ganz ruhig, mein Kind«, bat er, und seine tiefe, warme Stimme zeigte gleich etwas Wirkung. Annemaries heftiges Zittern und Schluchzen verebbte ein wenig.

      »Na los, Alena, erzählen Sie mir etwas«, drängte Dr. Daniel.

      »HCG-Wert im Normalbereich, Ultraschall zeigt Herzaktion und schwache Kindsbewegungen«, antwortete die junge Gynäkologin rasch. »Wehen kommen in unregelmäßigen Abständen, Muttermund ist leicht geöffnet. Schmierblutung.«

      Dr. Daniel brauchte keine Sekunde, um sich zu entscheiden. Er gab Anweisung für eine Infusion mit einem wehenhemmenden Medikament. Während Alena seinem Befehl nachkam, wandte sich Dr. Daniel der Stationsschwester Bianca Behrens zu. »Ich brauche sofort einen Anästhesisten.«

      »Dr. Parker ist im Haus«, antwortete Bianca und lief gleichzeitig los, um den jungen Arzt zu holen.

      Die Infusion war gelegt, und als Dr. Daniel die fahrbare Trage persönlich in den Operationssaal hinüberfuhr, sah Annemarie ihn mit großen, ängstlichen Augen an.

      »Werde ich mein Baby verlieren?« fragte sie bang.

      »Nicht, wenn ich es irgendwie verhindern kann«, erwiderte Dr. Daniel, dann berührte er sekundenlang ihre Wange. »Wir werden alle zusammen um Ihr Baby kämpfen.«

      Tränen rollten über Annemaries Gesicht. »Es ist meine Schuld.«

      »Reden Sie sich das jetzt nicht ein«, entgegnete Dr. Daniel ernst. »Aufgrund der Symptome halte ich eine Gebärmutterhalsschwäche für sehr viel wahrscheinlicher, und dafür kann niemand etwas.«

      Im Laufschritt kam Dr. Parker nun herein.

      »Notfall«, informierte Dr. Daniel ihn knapp. »Ich muß eine Cerclage vornehmen.«

      Der Anästhesist nickte, dann richtete er ein paar aufmunternde Worte an Annemarie, während er die Spritze zur Narkoseeinleitung vorbereitete.

      »So, jetzt wird schön geschlafen«, meinte er und preßte den Inhalt der Spritze durch die Infusionskanüle direkt in die Vene. Fast augenblicklich war Annemarie eingeschlafen. Rasch und geschickt intubierte Dr. Parker, damit er der Patientin nicht mehr Narkosegas als nötig verabreichen mußte.

      Inzwischen hatte sich Dr. Daniel die Hände gewaschen und ließ sich nun von der ebenfalls rasch herbeigeeilten OP-Schwester die keimfreien Handschuhe überstreifen. Annemaries Beine wurden in spezielle Bügel gelegt. Schon ein erster Blick genügte Dr. Daniel, um festzustellen, daß die Fruchtblase noch nicht geplatzt war. Er arbeitete rasch und konzentriert, um den Gebärmutterhals mit einer kordelähnlichen Naht zu verschließen, bevor die Fehlgeburt wirklich nicht mehr aufzuhalten sein würde.

      »Das war in letzter Sekunde«, murmelte er, als er sich langsam aufrichtete, dann sah er Dr. Parker an. »Bringen Sie Fräulein Demel bitte in den Aufwachraum. Ich kümmere mich gleich um sie.«

      Er wusch sich die Hände und kam dann gerade rechtzeitig zu Annemarie, als sie aufwachte.

      »Mein Baby«, flüsterte sie schwach.

      Väterlich nahm Dr. Daniel ihre Hand und drückte sie sanft. »Keine Sorge, Fräulein Demel, es ist alles in Ordnung.«

      Erleichtert schloß sie die Augen wieder, und Dr. Daniel wußte, daß sie unter den Nachwirkungen der Narkose noch eine Weile schlafen würde. Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war schon gleich halb elf, das bedeutete, daß in seinem Wartezimmer jetzt ein mittleres Chaos herrschen würde.

      Rasch eilte er auf den Flur und sah die Stationsschwester der Gynäkologie gerade aus dem Untersuchungsraum kommen.

      »Bianca, seien Sie so lieb, und sehen Sie ab und zu nach Fräulein Demel«, bat er. »Ich muß schleunigst in die Praxis, komme aber während der Mittagspause wieder her. Bis dahin wird sie vermutlich ohnehin die meiste Zeit schlafen.«

      »Ich werde in regelmäßigen Abständen nach ihr sehen, Herr Doktor«, versprach Bianca.

      Dr. Daniel bedankte sich hastig, dann eilte er weiter. In seiner Praxis herrschte tatsächlich die reinste Invasion, so daß er keine Zeit hatte, sich in Gedanken mit Annemarie und Franz zu beschäftigen. Erst als er gegen zwei Uhr nachmittags die letzte Patientin verabschiedet hatte, kam alles zurück, was während dieses Vormittags auf ihn eingestürmt war.

      »Fräulein Sarina, rufen Sie bitte meine Frau in der Wohnung oben an und sagen Sie ihr, daß…«

      »… daß du nicht zum Mittagessen kommen wirst«, vollendete Manon seinen Satz. Sie hatte die Praxis unbemerkt betreten und nahm ihren Mann jetzt energisch beim Arm. »So nicht, Herr Dr. Daniel. Zumindest einmal am Tag mußt du etwas essen. Dein Frühstück hast du ja ohnehin schon sausen lassen.«

      »Manon, ich habe keine Zeit«, entgegnete Dr. Daniel. »Ich muß…«

      »Du mußt für zehn Minuten mit hinaufkommen und ein paar Happen essen«, fiel Manon ihm ins Wort. »Heute ist Mittwoch, was bedeutet, daß du nachmit-tags keine Sprechstunde hast

      und somit deinen tausend anderen Verpflichtungen nachkommen kannst.«

      Dr. Daniel seufzte tief auf, doch zu einer Erwiderung kam er nicht mehr, denn nun mischte sich auch seine Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau ein.

      »Ihre Frau hat völlig recht, Herr Doktor«, meinte sie. »Zehn Minuten Mittagspause sollten sogar Sie sich gönnen.«

      Die junge Empfangsdame Gabi Meindl nickte ebenfalls zustimmend.

      Wieder seufzte Dr. Daniel. »Womit habe ich eine solche Herde besorgter Frauen verdient? Also schön, ich werde kurz etwas essen.«

      Diese Tätigkeit nahm dann wirklich nicht mehr als zehn Minuten in Anspruch. Schon war Dr. Daniel wieder auf dem Weg zur Waldsee-Klinik.


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