Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman - Marie Francoise


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ist nicht schmerzhaft, verursacht aber ein unangenehmes Gefühl.«

      So empfand es Annemarie auch, aber der Grund dafür war vermutlich, daß sie es nicht schaffte, sich wirklich zu entspannen. Dazu war die Situation im Moment einfach zu verfahren.

      »Es ist, wie ich vermutet habe«, meinte Dr. Daniel, als er mit der Untersuchung fertig war. »Sie sind jetzt etwa in der achten Schwangerschaftswoche. Das heißt, daß Sie in ungefähr sieben Monaten mit Ihrem Baby rechnen müssen.«

      Annemarie schluckte. »In sieben Monaten.« Verzweifelt sah sie Dr. Daniel an. »Was soll ich nur tun? Franz liegt in der Thiersch-Klinik, ich bin arbeitslos… was für ein Leben erwartet dieses Kind?«

      Da legte Dr. Daniel einen Arm tröstend um ihre Schultern. »Den Krankheitsverlauf Ihres Verlobten müssen Sie abwarten. Professor Thiersch wird alles tun, um ihn zu heilen, aber er ist auch nur ein Mensch, und Tatsache ist, daß Leukämie noch immer eine sehr schwere, in manchen Fällen unheilbare Krankheit ist.« Er schwieg kurz. »Was Ihre Arbeitslosigkeit betrifft, so gilt mein Angebot noch immer. Sie können hier arbeiten.«

      Völlig fassungslos starrte Annemarie ihn an. »Obwohl ich schwanger bin? Ich meine… Sie wissen genau, daß ich in einem knappen halben Jahr in Mutterschutz gehen werde, und trotzdem…« Sie schüttelte den Kopf. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.«

      »Doch, Fräulein Demel, es ist mein Ernst«, bekräftigte Dr. Daniel. »Ich bin auch sicher, daß der Chefarzt in diesem Fall keine Schwierigkeiten machen wird. Sie brauchen diese Stelle ganz dringend – auch wenn es nur für ein halbes Jahr ist.«

      »Aber… Sie müssen die Stelle für mich freihalten, bis…«

      »Auch das weiß ich«, fiel Dr. Daniel ihr ins Wort. »Aber es ändert nichts an meinem Entschluß. Die Stellung in der Waldsee-Klinik ist Ihnen sicher. Wie gesagt, ich werde mich noch mit dem Chefarzt unterhalten, weil ich ihn bei Einstellungen grundsätzlich nicht übergehe, aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, daß er mit meinem Entschluß einverstanden sein wird.«

      Da griff Annemarie dankbar nach seinen Händen. »Sie sind ein wundervoller Mensch, Herr Doktor.«

      *

      Unruhig ging Dieter in der Eingangshalle auf und ab. An den todkranken Franz verschwendete er keine Gedanken, im Grunde auch nicht an Annemarie. Er sorgte sich lediglich um sich selbst und darum, was mit Annemaries Vermögen geschehen würde, wenn ihr etwas Ernstliches fehlen sollte. Aus diesem Grund lief er ihr auch gleich entgegen, als sie in Dr. Daniels Begleitung die Eingangshalle wieder betrat.

      »Annemarie, was ist mit dir?« wollte Dieter sogleich wissen.

      Sie seufzte leise und berührte unbewußt ihren Bauch. »Krank bin ich zwar nicht, aber wirklich freuen…« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich freuen kann ich mich im Moment noch nicht.« Sie schwieg kurz. »Ich erwarte ein Baby.«

      Die Worte trafen Dieter wie ein Schlag. Stumm starrte er sie an, doch Annemarie bemerkte seine Betroffenheit gar nicht. Dr. Daniel dafür um so mehr, und er fragte sich mit Recht, was wohl der Grund dafür sein mochte. Liebe war es jedenfalls nicht, das sah er an Dieters Augen ganz genau.

      »Normalerweise wäre es gar kein Problem«, fuhr die junge Frau nun leise fort. »Franz und ich wollten sowieso heiraten… allerdings noch nicht jetzt gleich.«

      Dieter hörte gar nicht richtig hin. Ein Baby… der Erbe des Demel-Vermögens. Dieters Hirn arbeitete wie ein Computer. Er wußte, daß es für ihn nur eine Möglichkeit gab, in neun Jahren an Annemaries Geld zu kommen. Er mußte sie heiraten und dann das Kind irgendwie loswerden…

      Dazu mußte er als erstes einmal Franz aus der Thiersch-Klinik herausholen.

      Nur wenn Franz nicht mehr am Leben ist, kann ich Annemarie für mich gewinnen, dachte Dieter, und dabei störte es ihn nicht im geringsten, daß er über seinen Freund damit das Todesurteil sprach.

      »Dieter, fährst du mich zu Franz?« fragte Annemarie und riß ihn damit aus seinen Gedanken. »Dr. Daniel würde mich sonst hinbringen, aber das kann ich nicht verlangen. Er hat schon so viel für mich getan und sicher noch andere Arbeit, deshalb dachte ich, daß du…«

      »Das ist doch selbstverständlich«, bekräftigte Dieter sofort, zögerte und fügte dann hinzu: »Ich will Franz doch auch sehen.« Er lächelte Annemarie an. »Warte hier, ich hole meinen Wagen zum Eingang, damit du in deinem Zustand nicht so weit laufen mußt.«

      Sogar Annemarie brachte daraufhin ein Lächeln zustande. »Das ist lieb von dir, Dieter.« Sie wartete, bis er draußen war, dann wandte sie sich Dr. Daniel zu. »Ich bin froh, daß er mir beisteht. Wissen Sie, Dieter und Franz sind seit der Schulzeit die besten Freunde. Er hält vielleicht nicht viel vom Arbeiten, aber er ist der einzige, auf den sich Franz immer blind verlassen konnte.« Ihr Gesicht umschattete sich. »Franz’ Krankheit muß Dieter auch ganz schrecklich treffen.«

      Dr. Daniel schwieg dazu. Es fiel ihm trotz aller Menschenkenntnis schwer, den jungen Mann jetzt bereits richtig einzuschätzen. Er wußte nur eines: Dieter Krause war ihm nicht sonderlich sympathisch.

      *

      Erst auf der Fahrt von Steinhausen nach München erwachte Franz. Er spürte, daß man ihm den Temperaturfühler entfernt hatte, aber der Katheder lag noch, und auch der Infusionsschlauch steckte noch in seinem Unterarm. Langsam wandte er den Kopf und sah Dr. Scheibler an, der neben ihm saß.

      »Wo ist Annemie?« fragte er leise.

      »Sie wollte mitkommen«, antwortete der Oberarzt. »Aber eine erneute kurze Ohnmacht hat eine Untersuchung notwendig gemacht.«

      Franz erschrak zutiefst. »Ist sie krank?«

      »Ich weiß es nicht«, gestand Dr. Scheibler. »Vielleicht macht sie sich einfach nur so große Sorgen um Sie, aber das wird Dr. Daniel bestimmt herausfinden. Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Franz. Ihre Verlobte ist bei Dr. Daniel in den besten Händen.«

      Franz nickte halbherzig. Er machte sich eben doch Sorgen, und er hatte Angst… ganz entsetzliche Angst.

      »In einer Viertelstunde etwa werden wir die Thiersch-Klinik erreichen«, erklärte Dr. Scheibler und riß ihn damit aus seinen Gedanken, dann legte er eine Hand auf Franz’ Arm. »Wie fühlen Sie sich?«

      »Ich weiß nicht recht«, entgegnete er, zögerte kurz und gab dann offen zu: »Ich habe Angst.« Nervös spielte er mit der Decke, die Dr. Scheibler über ihn gebreitet hatte. »Wenn Sie bei mir bleiben könnten…« Er zuckte die Schultern. »Wissen Sie, ich habe von der Thiersch-Klinik schon gehört, aber irgendwie dachte ich immer… ich dachte, daß ich dieses Krankenhaus niemals von innen sehen würde. Krebs…« Er sah Dr. Scheibler an. »Ist es wirklich sicher? Ich meine… können Sie sich nicht vielleicht geirrt haben?«

      Die Worte schnürten Dr. Scheibler förmlich die Kehle zu. »Ich wünschte, ich könnte sagen, es wäre ein Irrtum gewesen.« Er schwieg einen Moment, weil er Mühe hatte, seine Fassung zu behalten. »Professor Thiersch wird alles für Sie tun.« Wieder machte er eine Pause. »In diesem Zusammenhang… ich meine, der Professor hat eine etwas eigene, gewöhnungsbedürftige Art, mit anderen Menschen umzugehen. Meistens gibt er sich grob und ruppig, aber er versteckt hinter seiner rauhen Schale nur einen äußerst weichen Kern, und das Schicksal seiner Patienten liegt ihm sehr am Herzen, auch wenn er es nicht zeigt. Er hat schon vielen Menschen das Leben gerettet – auch mir.«

      Überrascht sah Franz ihn an. »Ihnen? Heißt das… Sie hatten auch… Krebs?«

      Dr. Scheibler nickte. »Akute Leukämie. Ich verdanke es Professor Thiersch und Dr. Metzler, daß ich noch am Leben bin.«

      »Sie sind wieder gesund«, flüsterte Franz, dann huschte der Ansatz eines Lächelns über sein Gesicht. »Danke, daß Sie mir das erzählt haben. Jetzt kann ich auch ein bißchen Hoffnung haben.«

      Der Krankenwagen bog in die Einfahrt, die zur Notaufnahme der Thiersch-Klinik gehörte. Dr. Sebastian Kreis, der Leitende Oberarzt, und Karina Daniel nahmen Franz in Empfang.

      »Karina.«


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