Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman - Marie Francoise


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ihr ganzer Körper begann wie im Schüttelfrost zu beben. Fürsorglich breitete Dr. Daniel eine Decke über sie, dann nahm er ihre Hände und hielt sie fest. Die Sicherheit, die diese Berührung vermittelte, ließ Annemarie spürbar ruhiger werden.

      »Wer sind Sie?« wollte sie schließlich wissen.

      »Robert Daniel«, stellte er sich vor. »Ich bin…« Er unterbrach sich, weil Annemarie in einer Art und Weise nickte, als wüßte sie bereits genau, wen sie vor sich hatte.

      »Ich wohne erst seit ein paar Wochen drüben in Geising«, erklärte sie. »Aber während dieser Zeit habe ich nur Gutes über Sie gehört.«

      Dr. Daniel lächelte. »Das freut mich.« Dann wurde er wieder ernst. »Hatten Sie derartige Zusammenbrüche schon öfter?« Er schwieg kurz. »Wissen Sie, es ist natürlich möglich, daß Sie aufgrund der schlimmen Nachricht, die Dr. Scheibler Ihnen und Ihrem Verlobten mitteilen mußte, überreagiert haben, aber falls Sie häufiger derartige Kreislaufprobleme haben, sollte man der Sache auf den Grund gehen.«

      Mit einem Schlag war alles wieder da, was Annemarie für Minuten verdrängt hatte.

      »Franz hat Leukämie«, flüsterte sie, und dann brach auf einmal ein nicht versiegen wollender Tränenstrom aus ihr heraus. Annemarie hatte das Gefühl, als würde sie von den vielen Tränen weggespült.

      Väterlich nahm Dr. Daniel die junge Frau in die Arme und ließ sie sich ausweinen.

      »Wenn Franzl stirbt«, schluchzte sie. »Was bin ich denn ohne ihn? Ich liebe ihn… brauche ihn…«

      »Leukämie muß heutzutage kein Todesurteil mehr sein«, entgegnete Dr. Daniel in beruhigendem Ton. »Dr. Scheibler und ich werden veranlassen, daß Ihr Verlobter noch heute in die Thiersch-Klinik kommt. Der Professor ist der Beste auf seinem Gebiet.«

      Annemarie nickte an Dr. Daniels Schulter, dann löste sie sich von ihm.

      »Es tut mir leid«, murmelte sie verlegen. »Ich hätte mich nicht so gehenlassen dürfen.«

      »Warum denn nicht?« fragte Dr. Daniel zurück. »Es war doch eine ganz natürliche Reaktion.« Prüfend sah er Annemarie an. »Sie haben meine Frage von vorhin aber noch nicht beantwortet.«

      Die junge Frau seufzte tief auf. »Seit ein paar Wochen habe ich öfter Kreislaufprobleme, aber meine ganze Situation ist im Moment auch sehr unerfreulich. Ich bin seit über einem halben Jahr arbeitslos. Vor ein paar Wochen bin ich von München nach Geising gezogen, weil ich hoffte, außerhalb der Stadt eher eine Stellung zu finden, aber…« Sie zuckte hilflos die Schultern. »Wenigstens sind die Mieten hier etwas niedriger.«

      »Was sind Sie denn von Beruf?« wollte Dr. Daniel wissen.

      »Krankenschwester«, antwortete Annemarie, dann seufzte sie wieder. »Ich hätte es so machen sollen wie Bianca. Sie hat den Absprung aus München noch rechtzeitig geschafft.«

      »Sie kennen unsere Schwester Bianca?« fragte Dr. Daniel, dann schüttelte er den Kopf. »In diesem Fall wundert es mich, daß Sie bei Ihrer Suche nach einer Stellung den Weg zur Waldsee-Klinik nicht gefunden haben. Vom Kreiskrankenhaus abgesehen, wäre sie doch von Geising aus die nächstliegende Klinik.«

      Annemarie nickte. »Das weiß ich, aber… Bianca hat mehrfach erwähnt, daß hier lauter gute Schwestern arbeiten und keine von ihnen beabsichtigt, in nächster Zeit zu kündigen.«

      »Ihr Gedankengang war vielleicht nicht ganz richtig«, erwiderte Dr. Daniel. »Es stimmt zwar, daß wir durchweg über gu-tes Personal verfügen, und das Arbeitsklima ist wirklich so gut, daß vermutlich niemand freiwillig gehen würde. Andererseits hat die Waldsee-Klinik gerade in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen. In unseren beiden Bereichen Chirurgie und Gynäkologie betreuen wir derzeit mehr Patienten, als es in den vergleichbaren Abteilungen des Krankenhauses der Fall ist.«

      Unwillkürlich hielt Annemarie den Atem an.

      »Wollen Sie damit sagen… Sie wären… interessiert?« fragte sie, und man merkte ihr die Anspannung deutlich an.

      Dr. Daniel nickte. »Eine gute Krankenschwester wäre uns herzlich willkommen, allerdings müssen wir das nicht hier und jetzt erörtern.« Er lächelte. »Obwohl ich Direktor dieser Klinik bin, nehme ich Einstellungen grundsätzlich nicht ohne das Einverständnis des Chefarztes vor. Ich würde also vorschlagen, daß wir uns zu gegebener Zeit zu dritt darüber unterhalten sollten. Das muß nicht heute oder morgen sein. Lassen Sie sich noch etwas Zeit.« Dabei wurde er wieder ernst. »Sie sollten Ihre Kreislaufprobleme nicht auf die leichte Schulter nehmen. Mag sein, daß Ihre schwierige momentane Situation das Problem verstärkt, trotzdem sollten Sie sich bei nächster Gelegenheit einmal untersuchen lassen.«

      Annemarie nickte. »Das werde ich bestimmt tun, Herr Direktor.« Sie zögerte. »Kann ich da zu Ihnen kommen? Sie sind zwar Gynäkologe, aber… ich kenne hier noch keine Ärzte, und zu Ihnen hätte ich Vertrauen.«

      »Selbstverständlich werde ich diese Untersuchung gern vornehmen«, stimmte Dr. Daniel zu, während er Annemarie half, von der fahrbaren Trage herunterzusteigen, auf der sie noch immer lag. »Sie können sich aber auch hier in der Klinik im Rahmen der Einstellungsformalitäten vom Chefarzt untersuchen lassen oder von meiner Frau, die ihre Allgemeinpraxis mit meiner gynäkologischen zusammengelegt hat.«

      Annemarie stand jetzt neben der fahrbaren Trage, doch als Dr. Daniel sie losließ, fühlte sie erneut einen leichten Schwindel, der sie taumeln ließ. Mit einer Hand hielt sie sich fest, dann war das Gefühl der Benommenheit wieder vorbei.

      »Sie scheinen bei meiner Einstellung hier keine Probleme zu sehen«, stellte sie fest. »Dennoch denke ich, daß ich nicht so lange warten sollte. Ich werde zu Ihnen in die Praxis kommen, sobald ich weiß, wie es um Franz steht.«

      Dr. Daniel nickte. »Tun Sie das.« Er begleitete Annemarie in die Intensivstation hinüber.

      Franz war noch wach und richtete sich bei ihrem Eintreten sofort ein wenig auf.

      »Annemie.« Seine Stimme klang besorgt.

      Rasch eilte sie zu ihm und legte ihre Hände um sein Gesicht.

      »Mit mir ist alles in Ordnung, Liebling«, versicherte sie. »Nur der Kreislauf hat nicht mehr ganz mitgespielt.« Sie küßte ihn zärtlich. »Ich liebe dich, Franzl.«

      »Ich liebe dich auch«, flüsterte er heiser.

      Dr. Scheibler, der sich diskret im Hintergrund gehalten hatte, wartete das Ende der innigen Umarmung ab, ehe er zu Annemarie trat und sie behutsam am Arm berührte.

      »Ich muß Sie leider bitten, für einen Moment hinauszugehen«, erklärte er, dann nahm er die junge Frau beiseite, ehe er fortfuhr: »Ich muß noch eine wichtige Untersuchung durchführen. Normalerweise hätte ich jetzt dazu Gelegenheit gehabt, doch Herr Baumgartner war einfach zu unruhig. Er machte sich große Sorgen um Sie, ließ mich aber nicht gehen, um mich nach Ihrem Befinden zu erkundigen. Er hat es nicht direkt gesagt, aber seine Angst vor dem Alleinsein klang allzu deutlich durch.«

      Annemaries Augen brannten. Sie fühlte schon wieder, wie nahe sie den Tränen war. Mit überraschender Kraft griff sie nach Dr. Scheiblers Hand.

      »Helfen Sie ihm«, flehte sie ihn an. »Bitte, helfen Sie ihm.«

      Dr. Scheibler nickte. »Ich werde tun, was ich kann.« Dabei fühlte er sich nach den körperlichen, vor allem aber auch psychischen Anstrengungen der vergangenen Nacht ebenfalls am Ende seiner Kräfte.

      Das bemerkten Dr. Parker, der sich für die anstehende Lokal-anästhesie bereitmachte, und Dr. Daniel sofort. Letzterer trat zu dem Oberarzt und nötigte ihn mehr oder weniger dazu, mit ihm auf den Flur hinauszugehen.

      »Sie gehören nach Hause und ins Bett«, erklärte Dr. Daniel

      energisch. »Seit fast zwei Stunden ist Ihr Dienst bereits beendet.«

      Doch Dr. Scheibler schüttelte den Kopf. »Ich muß die Lumbalpunktion noch vornehmen, und zu mir hat der Patient Vertrauen gefaßt. Ich kann mich jetzt nicht plötzlich vom Chefarzt ablösen lassen,


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