Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg

Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman - Michaela Dornberg


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nicht aus wie jemand, dem man das Herz gebrochen hatte, dafür wirkte sie viel zu frisch und munter.

      Aber was war daraus geworden? Hatte sie mit Christian gesprochen, und der hatte alle Gespenster vertrieben? Es interessierte sie schon. Schließlich war Christian ihr Bruder – Halbbruder würde Linde sie sofort korrigieren.

      »Hast du mit Christian telefoniert?«, erkundigte sie sich gerade, heraus.

      »Ja.« Das kam ziemlich einsilbig.

      »Und hast du ihn gefragt?«

      »Nein.«

      Also, das entsprach wirklich nicht Lindes sonstiger Gewohnheit. Linde neigte eher dazu, alles in epischer Breite zu erzählen.

      »Also hast du eingesehen, dass du dir da etwas eingeredet hast, dass deine Phantasie mit dir durchgegangen ist.«

      »Nein.«

      »Linde, du füllst hier keinen Fragebogen aus, bei dem du die Fragen entweder mit Ja oder Nein beantworten musst. Also, red schon.«

      Linde richtete sich ein wenig auf.

      »Ich weiß, dass er was mit dieser französischen Schlampe hat.«

      »He, Linde, es ist eine französische Ärztin, die für ein paar Monate für Ärzte ohne Grenzen arbeitet. Und wenn du dich erinnerst, hat Yvonne gesagt, dass es eine ganz ausgezeichnete Handchirurgin ist.«

      »Wer sich an Männer anderer Frauen heranmacht, der ist für mich eine Schlampe.«

      Was war bloß in Linde gefahren? Diese Eifersucht passte doch überhaupt nicht zu ihr, vor allem war die, da war sich Bettina absolut sicher, vollkommen unbegründet.

      »Erst mal, liebe Freundin, entspringt alles deiner blühenden Fantasie, und zum anderen …, noch bist du mit Christian nicht verheiratet. Selbst wenn sie – nur einmal angenommen – ein Techtelmechtel mit Christian hätte, hätte sie niemandem den Mann weggenommen. Wenn ein Mann und eine Frau sich begegnen, wenn sie sich mehr als nur sympathisch finden, was sollen Sie dann deiner Meinung nach tun? Erst mal einen Fragenkatalog beantworten?«

      »Hast ja recht, falte mich ruhig zusammen. Ich habe es verdient.«

      »Verschaff dir Klarheit, stell ihm die Frage, die dich so quält. So geht es doch auch nicht weiter. Du bist ja nicht mehr du selbst.«

      »Ich weiß, dass es so ist«, sagte Linde mit leiser Stimme, aus der auch leichte Verzweiflung klang, »ich fühle es einfach. Ich erkenne es daran, wie er sich mir gegenüber verhält, an seiner Stimme.«

      »Umso mehr solltest du ihn fragen.«

      Linde starrte vor sich hin, Bettina ließ sie gewähren. Es tat ihr in der Seele weh, dass Linde sich so sehr quälte.

      Christian war der erste Mann, dem sie nach Martins tragischem Tod ihr Herz geöffnet hatte, aber irgendwie klappte es nicht richtig. Erst hatte sie immer wieder einen Rückzieher gemacht, weil sie geglaubt hatte, es Martin nicht antun zu können, dann war Christian nach Malawi gegangen, um sich in die Organisation »Ärzte ohne Grenzen« einzubringen. Und nun ging es hin und her, wobei es aber immer Linde war, die aus dem Gespann ausscherte. Christian wollte nach Fahrenbach kommen, sich als Landarzt niederlassen, obwohl er ganz andere Qualifikationen hatte. Und er wollte sein Leben mit Linde und den Zwillingen verbringen.

      »Nicht fragen«, sagte Linde schließlich, »es ihm auf den Kopf zusagen … Ich weiß, dass es, wenn ich seine Antwort höre, aus sein wird. Davor habe ich ein wenig Angst.«

      »Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit, Linde. Wenn es – noch immer ist ja alles rein hypothetisch – zutreffen sollte, könntest du ihm verzeihen.«

      »Und das sagst ausgerechnet du? Wie hast du denn herumchaotet, als du glaubtest, Thomas habe dich an der Nase herumgeführt? Du hast Schluss gemacht, ihm keine Chance für ein Gespräch gegeben, du hast dir die Haare raspelkurz schneiden lassen, und man durfte seinen Namen in deiner Nähe nicht erwähnen, weil du da ausgeflippt wärst.«

      »Ich habe Fehler gemacht«, gab Bettina zu. »Jeder hat eine zweite Chance verdient.«

      »Klar kannst du jetzt so gönnerhaft sein, nachdem zwischen Thomas und dir wieder alles easy peasy ist … Außerdem, jeder Mensch ist anders gestrickt. Ich bin ein treuer Mensch und verlange auch absolute Treue von meinem Partner. Wenn jemand vom Pfad der Tugend abkommt, dann ist was in der Beziehung nicht in Ordnung, so einfach ist das.«

      Sie sprang auf.

      »Ich werde ihn gleich anrufen, egal, ob ich ihn aus dem OP hole oder sonst woher. Du hast recht, ich kann mich nicht zum Affen machen … Häng Jan van Dahlen nicht zu sehr nach. Er war ein guter Typ, keine Frage, aber Thomas passt ganz einfach besser zu dir.«

      Linde lief zur Tür, drehte sich von dorther noch einmal kurz um.

      »Ach, übrigens, was machst du mit dem Schreibtisch?«, wollte sie wissen.

      Bettina zuckte die Achseln.

      »Keine Ahnung, einlagern, ich habe im Moment keinen Verwendungszweck für ihn.«

      »Aber ich«, entgegnete Linde. »Kann ich ihn haben?«

      »Klar, sehr gern sogar, Linde. Lass ihn abholen, du weißt ja, wo der Schlüssel liegt.«

      »Super, und was willst du dafür haben?«

      Bettina winkte ab.

      »Betrachte es als ein Geschenk des Hauses, ich bin doch froh, dass es einen Verwendungszweck für ihn gibt, bei mir wäre er vermutlich verrottet. Ich habe noch all die wundervollen alten Möbel, die Arno inzwischen restauriert hat, beziehungsweise noch restauriert. Da kann ich auf einen modernen Schreibtisch großherzig verzichten.«

      »Ich nehme dankend an«, sagte Linde, »kannst dafür lebenslang deinen Tee umsonst bei mir trinken.«

      Bettina lachte.

      »Für den nimmst du mir doch jetzt schon kein Geld ab.«

      »Tja, so ist es halt, wenn man an der Quelle sitzt … Wie gesagt, bleib nicht mehr zu lange hier, man kann manches auch zerdenken.«

      »Man kann aber auch einfach nur still dasitzen. Stille ist ein ganz großes Privileg.«

      »Ehe du jetzt mit einer deiner Psychonummern kommst, gehe ich lieber … Ich finde Stille belastend, und sag jetzt bitte nicht, dass das ein Indiz dafür ist, dass ich meine Mitte noch nicht gefunden habe.«

      Sie winkte Bettina noch mal zu, dann lief sie eilig den Kiesweg entlang.

      Hoffentlich bewahrheitete sich Lindes Befürchtung nicht, hoffentlich war es nicht mehr als ein Hirngespinst.

      Seufzend erhob sie sich ebenfalls.

      Es würde nichts bringen, jetzt weiter hierzubleiben und ihren Gedanken nachzuhängen, die wirbelten im Augenblick ein wenig zu sehr durcheinander, es war, als habe man einen Vogelschwarm aufgescheucht, der wild durcheinanderschwirrte.

      Bettina schloss die Fensterläden, die Fenster, ging zur Tür, verweilte dort noch einen Moment.

      Wieder etwas, was zu Ende gegangen war, dachte sie, während sie die Tür abschloss und den Schlüssel sorgsam verstaute.

      Dann lief sie zu ihrem Fahrrad, um wieder auf den Hof zu fahren. Sie hatte, seit Thomas da war, in der Destille ganz schön geschlampt, wurde allerhöchste Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und sich an die Arbeit zu machen.

      *

      In den nächsten Tagen stellte Bettina schon fest, dass es eine große Erleichterung war, Klarheit zu haben. Jetzt konnte sie wirklich ihre Hochzeit mit Tom planen, weil nichts mehr zwischen ihnen stand, aber vorher sollte die Hochzeit von Jörg und Doris stattfinden, die es eilig hatten, auf Chateau Dorleac zu kommen, um dort noch einmal neu anzufangen, aber diesmal bedachter und unter anderen Voraussetzungen.

      Bettina freute sich, ihren Bruder bei sich zu haben, und sie waren sich in der Zeit, die er auf dem Hof weilte, sehr viel nähergekommen.


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