Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg

Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman - Michaela Dornberg


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zu Ihnen kommen«, entgegnete Veronika.

      »Klar, und wann?«

      »Ich … ich muss nur noch den Berg hinaufkommen«, antwortete Veronika, »ich bin schon in Fahrenbach.«

      Ehe Bettina sich von ihrer Überraschung erholt hatte und versuchte, etwas zu sagen, war das Gespräch beendet, und dann hörte sie auch schon ein Auto.

      Ob Florian sie gebracht hatte? Vermutlich, denn Veronika hatte kein Auto, nicht einmal einen Führerschein.

      Bettina rannte auf den Parkplatz, da sah sie das Taxi, das kurz darauf hielt. Der Taxifahrer stieg aus, holte aus dem Kofferraum zwei große Taschen, einen Karton, half Veronika den Kinderwagen aufzustellen, sie legte die kleine, schlafende Bettina hinein, entlohnte den Taxifahrer, der einstieg, drehte und wieder davonfuhr.

      Sie standen sich gegenüber, Bettina mit mehr oder weniger aufgerissenem Mund, Veronika mit gesenktem Kopf.

      Welch ein Glück, dass die Kleine schlief!

      Bettina war die Erste, die sich fasste.

      »Veronika, was soll das?«, stieß sie hervor.

      »Ich … ich kann nicht mehr … Ich habe es versucht, aber es geht nicht. Und wenn Sie mich jetzt aus dem Fahrenbach-Haus schmeißen, dann muss ich gehen, aber ich kann die Kleine nicht behalten.«

      Veronika war vollkommen aufgelöst, hatte angefangen zu weinen.

      Es ging nicht, sie konnten hier nicht auf dem Parkplatz stehen bleiben.

      »Komm, lass uns ins Haus gehen«, sagte Bettina.

      Sie nahm die beiden Taschen, legte den Karton auf den Kinderwagen, den Veronika schob, die völlig durch den Wind war.

      Was war da bloß geschehen?

      Gut, Veronika hatte die kleine Bettina, die sie nach ihr benannt hatte, nicht haben wollen, hatte sie ihr vor die Tür gelegt, hatte von Freigabe zur Adoption gesprochen. Doch nachdem sie ins Fahrenbach-Haus gekommen war, in dem es möglich war, Kinder großzuziehen, ohne dass dadurch eine Ausbildung beeinträchtigt wurde, hatte sie die Kleine zu sich genommen. Und es war lange Zeit gut gegangen.

      Warum also war Veronika jetzt so aus dem Tritt? Sie sah auch sehr schlecht aus, war blass und verweint.

      Sie hatten das Haus erreicht, Bettina wuchtete die Taschen zunächst mal auf die neben der Haustür stehende Bank, stellte den Karton dazu, dann öffnete sie die Haustür.

      Gemeinsam trugen sie den Kinderwagen hinein, in dem die Kleine glücklicherweise noch immer friedlich schlief.

      Groß war sie geworden, dachte Bettina, und wie hübsch sie war.

      »Möchtest du etwas trinken, Veronika?«, erkundigte sie sich.

      Zuerst ein Kopfschütteln, dann ein: »Haben Sie eine Cola?«

      Die hatte Bettina normalerweise nicht im Haus, aber sie hatte welche für Doris gekauft, die ein absoluter Cola-Fan war.

      »Hab ich«, antwortete sie deswegen. »Komm, wir gehen in die Küche und lassen die Tür offen, dann hören wir, wenn die Kleine wach wird.«

      Veronika nickte, ließ sich von Bettina auf einen Stuhl schieben, nahm beinahe wie eine Marionette das Glas in die Hand, trank es in fast einem Zug leer und blickte Bettina aus leeren Augen an.

      »Kann ich noch was haben?«, wollte sie wissen.

      Bettina holte die große Flasche aus dem Kühlschrank, stellte sie auf den Tisch, einen Teller mit Keksen dazu.

      »Trink, so viel zu magst. Und die Kekse solltest du auch probieren, die sind superlecker.«

      Nachdem Bettina sicher sein konnte, dass Veronika jetzt unmöglich noch Durst haben konnte, und hungrig konnte sie auch nicht mehr sein, denn die Keksschale war leer, erkundigte sie sich behutsam: »Und nun erzähl mal, Veronika, was dich so aus der Bahn geworfen hat. Was ist passiert?«

      Diese Worte lösten bei Veronika erst einmal einen Tränenstrom aus.

      Bettina musste an sich halten, jetzt nicht aufzustehen und sie trös­tend in die Arme zu nehmen. Aber dann würde Veronika vermutlich noch mehr weinen und überhaupt nichts erzählen können, und darüber wurde die kleine Bettina wach, und dann war es mit der Ruhe ohnehin vorbei.

      »Ich kann die Kleine nicht behalten«, schluchzte sie schließlich, »ich packe es nicht. Ich habe alles versucht, aber ich kann ihr nicht die Liebe geben, die sie braucht und die sie auch verdient …, und das kann man nicht lernen, das weiß ich jetzt. Ich … ich habe sie nicht gewollt. Aber ich habe auch nicht, was ja einfach gewesen wäre, abgetrieben. Das hätte ich nicht gekonnt. Und es ist auch okay, dass sie jetzt da ist, aber ich kann sie nicht behalten. Ich möchte sie zur Adoption frei geben, das wollte ich von Anfang an. Aber der Flori und auch Sie haben mich immer wieder bekniet, es nicht zu tun. Und ich habe auch auf Sie gehört, aber jetzt weiß ich, dass es falsch war. Es war nicht meine eigene Entscheidung, sie zu mir zu nehmen, ich war fremd bestimmt. Bei richtigen Eltern wird sie es besser haben als bei mir.«

      Bettina konnte vor lauter Enttäuschung zuerst einmal nichts sagen. Sie hatte in der Tat das junge Ding beschworen, die Kleine zu sich zu nehmen, weil sie der Meinung war, und das war sie noch immer, dass Kinder zu ihren Eltern oder, wie in diesem Fall, zu ihren Müttern gehörten.

      Wie glücklich sie gewesen war, als Veronika sich schließlich für das Kind entschieden hatte. Und nun das.

      »Veronika, du bist die richtige Mutter, du hast sie geboren, sie ist in dir herangewachsen.«

      »Aber ich liebe sie nicht. Sie ist wirklich süß, und sie soll dahin kommen, wo sie geliebt wird … Ich weiß ja, dass Sie sie nicht adoptieren können. Aber da waren doch noch die Leute, die sie unbedingt haben wollten. Ich möchte sie mir ansehen, und wenn sie mir gefallen, dann können sie Bettina haben.«

      »Veronika, es ist ein menschliches Wesen, nicht ein Stück Wurst, das mal so eben über die Theke wandert. Wenn du jetzt in einer Krise steckst, dann kann die Kleine erst mal wieder, wie damals nach ihrer Geburt, bei uns auf dem Hof bleiben.«

      Veronika schüttete sich das Glas wieder voll, trank, setzte es ab.

      »Ich bin in keiner Krise. Ich weiß ganz genau, was ich will. Ich will einen ordentlichen Schulabschluss haben, studieren und erfolgreich in einem Beruf sein. Ich möchte irgendwann dazugehören, ich will nicht, dass man immer auf mich herabblickt als eine, die von ganz unten kommt, dazu noch eine mit Kind. Ich will da raus.«

      »Das kannst du, die Stiftung meines Vaters ist doch gerade dazu da, Menschen wie dir zu helfen, einen guten Weg zu finden, und das kannst du auch mit Kind.«

      Veronika blickte sie traurig an.

      »Sie wollen mich nicht verstehen, Frau Fahrenbach. Ich kann sie nicht lieben, ich weiß doch gar nicht, was Liebe ist, ich habe niemals welche bekommen, wie soll ich da was weitergeben? Und das mit Flori …, mein Gott, den habe ich bewundert, weil es einer war, der es geschafft hat. Und diese Bewunderung habe ich mit Liebe verwechselt und geglaubt, sterben zu müssen, als er da plötzlich mit seiner Freundin auftauchte … Ich will frei sein, und ich werde es auch schaffen, wenn ich die Villa verlassen muss. Die Frau Dr. von Orthen hat gesagt, dass man den Biss haben und sich auf ein Ziel fokussieren muss.«

      »Das stimmt, Veronika. Aber eines sei gleich mal klargestellt, niemand vertreibt dich aus der Villa, du hast dort deinen festen Platz ob mit oder ohne Kind. Wir behalten die kleine Bettina erst mal hier.«

      Veronika sagte nichts, sie weinte still vor sich hin.

      »Ich hatte geglaubt, mit Ihrer Hilfe eine Lösung finden zu können, weil Sie mir ja immer geholfen haben, als einziger Mensch auf der Welt. Aber wenn Sie das in diesem Fall nicht können oder wollen, das kann ich verstehen. Dann gehe ich morgen zum Jugendamt und mache dort alles klar. Auch dort wird man mich vermutlich fragen, ob ich es wirklich will, und da werde ich mit einem klaren, deutlichen ›ja‹ antworten. Und ich weiß jetzt schon, dass ich es nicht bereuen werde. Es ist besser für die Kleine, an meiner


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