Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg
gewesen. Sie fuhr mit den Fingerchen in Yvonnes Haare, zerrte daran. Das musste bestimmt weh tun, aber Yvonne strahlte, sie hätte das Strahlen vermutlich auch nicht aufgegeben, wenn Bettinchen ihr die Haare einzeln ausgerissen hätte.
»Mama, findest du auch eine Creme in der Tasche?«, erkundigte sie sich alarmiert. »Ich sehe da eine rote Stelle.«
Bettina sah hin, sie hatte sehr gute Augen, aber sie konnte nichts entdecken und bemühte sich, jetzt nicht laut aufzulachen. Aber wer weiß, vielleicht würde sie sich auch so verhalten. Für Yvonne war ein Traum in Erfüllung gegangen. Nur nach zwei, drei schlaflosen Nächten würde auch Yvonne fünf eine gerade Zahl sein lassen.
Während Mutter und Tochter wie verzückt, wie das goldene Kalb die Kleine anstarrten und ihre Hei-Tei-Tei machten, entwickelte Bettina einen praktischen Sinn und kramte aus der Tasche sowohl ein Fläschchen als auch eine Dose mit einem Breichen heraus, um beides warm zu machen.
Eine richtige Entscheidung, denn als die kleine Bettina gesalbt und frisch gewickelt war, fing sie an zu schreien, und das mit ganz schön kräftiger Stimme.
Yvonne nahm sie hoch.
»Mein Liebeleinchen, hör auf zu weinen, das ist ja nicht anzuhören.« Sie begann die Kleine auf ihrem Arm zu wiegen, doch das Schreien hörte nicht auf. »Was hat sie denn?«, erkundigte Yvonne sich besorgt.
»Hunger«, antwortete Bettina. »Setz dich hin, ich bringe dir erst mal das Fläschchen, das ist nämlich schon warm.«
Gesagt, getan, es folgten ein kurzer, ein langer Schluchzer, dann begann die Kleine zu trinken, und schon war sie wieder das friedliche, süße, kleine Ding …
»Ein Wunder«, rief Leni und hatte schon wieder gefährlich nahe am Wasser gebaut. »Das Wunder, um das ich gebeten habe, ist geschehen. Der liebe Gott hat meine Gebete erhört.«
»Ach, hast du darum gebetet, dass die kleine Bettina auf Yvonnes Weg kommen soll«, neckte Bettina ihre Vertraute.
»Du bist unmöglich«, sagte Leni, aber das klang überhaupt nicht böse, »um ein Kind hab ich gebetet, damit meine Yvonne endlich glücklich wird.«
»Ich bin glücklich, Mama, ich bin so unbeschreiblich glücklich«, sagte Yvonne mit bebender Stimme. »Und wenn du schon einen so heißen Draht nach oben hast, dann bitte darum, dass wir die kleine Bettina wirklich bekommen, dass Veronika es sich im letzten Augenblick nicht noch anders überlegt, oder dass die Behörden uns keinen Strich durch die Rechnung machen.«
»Hör auf damit, Yvonne«, befahl Leni ihrer Tochter, »hör auf damit, so negativ zu sein. Lass dir von Bettina mal erzählen, wie das mit den sich selbsterfüllenden Prophezeiungen ist … Wenn du das nämlich erst einmal kapiert hast, dann wirst du niemals mehr negative Gedanken haben.«
»Mama, ich weiß, was das auf sich hat, Bettina hat es mir nicht nur erklärt, sie hat mir sogar ein Buch darüber geschenkt. Nur weißt du, zwischen Theorie und Praxis liegt ein langer, langer Weg.«
»Den kann man abkürzen«, wandte Leni ein, »außerdem, was soll das. Du bist eine intelligente Frau, hast ein Medizinstudium mit Bravour gemeistert, ein Facharztstudium oben drauf gesetzt, da wirst du doch wohl auch so eine Kleinigkeit verinnerlichen können, oder? Also, mein Kind, denk positiv. Nichts und niemand wird dir die kleine Bettina noch wegnehmen. Dieser kleine Engel sollte auf deinen Weg kommen.«
Die Kleine hatte ihr Fläschchen leer getrunken und schien für den Moment zufrieden zu sein. Sie lachte Yvonne an, und das sah so aus, als ginge in diesem Augenblick die Sonne auf.
Ach, dachte Bettina entzückt, Kinder waren doch was Schönes, sie wollte auch recht bald welche haben …
*
Es war wirklich oftmals ganz merkwürdig im Leben. Es gab Zeiten, da klappte aber auch gar nichts, da lief wirklich alles schief, und dann gab es welche, die reine Hochphasen waren, in denen alles, aber auch wirklich alles rund lief.
Eine dieser Hochphasen durchlebte Bettina, und nicht nur sie, auch alle Menschen in ihrem Umfeld. Vielleicht bis auf Linde, die sich noch immer nicht getraut hatte, mit Christian in dieser speziellen Angelegenheit zu reden und die deswegen manchmal missmutig war.
Aber Jörg und Doris waren nicht nur in Frankreich, sondern bei sich angekommen. Es gab keinen Tag, an dem Doris nicht anrief, um überschwänglich zu berichten, welche Fortschritte sie mit ihrem Französisch machte, wie Marcel ihr kleine Aufgaben zugeteilt hatte. Im Haus führte Marie das Regiment und duldete keine Götter neben sich. Und natürlich redete sie an einem Streifen darüber, wie glücklich sie mit Jörg war und dass es von Tag zu Tag schöner mit ihnen wurde.
Von Yvonne und Markus hörten sie persönlich nichts, die hatten sich mit der kleinen Bettina auf ihrem schönen Bauernhof eingegraben, um das Leben zu dritt zu genießen, aber von Leni wusste Bettina, wie glücklich sie waren.
Bettina und Thomas hatten endlich Zeit, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern, und heute wollten sie nach Steinfeld fahren, um das Aufgebot zu bestellen.
Bettina war total aufgeregt, sie hatte sich, obwohl es ja noch nicht die standesamtliche Trauung war, sondern lediglich das Aufgebot, hübsch gemacht.
Sie trug ein wunderschönes Blümchenkleid in abgestuften Blautönen, die ineinander verliefen, so dass man auf den ersten Blick auch überhaupt nicht erkennen konnte, dass es sich dabei um Blümchen handelte. Dazu trug sie flache Ballerinas, in denen einer der Blautöne aufgegriffen wurde, ihre sportliche Umhängetasche aus ganz weichem Leder passte in der Farbe perfekt dazu. Sie hatte sich die Tasche passend zu den Schuhen damals aufschwatzen lassen, den Kauf letztlich aber nicht bereut.
Eigentlich war Blau nicht ihre Farbe, dabei konnte sie sie sehr gut tragen, denn sie betonte das strahlende Blau ihrer Augen.
Thomas betrachtete sie immer wieder ganz entzückt, und er hatte ihr auch schon einige Komplimente gemacht.
»Mein Gott, ich kann mein Glück noch immer nicht fassen«, sagte er, als sie um die Ecke bogen, um zu ihrem Auto zu gehen.
Dort war gerade Markus angekommen. Er holte aus dem Kofferraum seines Autos einen geradezu gigantischen wunderschönen Blumenstrauß.
Bettina überlegte. Hatte Markus sich da nicht vertan? Sie wusste, dass niemand von den Hofbewohnern Geburtstag hatte oder dass es sonst einen Anlass gab, zu dem man solche Blumen mitbrachte.
»Hi, Markus«, begrüßte sie ihn fröhlich. »Da hast du dich aber ins Zeug geschmissen, der Strauß ist ja ein Gedicht …, aber hier oben hat niemand Geburtstag.«
»Weiß ich doch, altes Mädchen«, antwortete er.
»Ja, aber für wen sind da die Blumen?«
Er lachte.
»Für dich.«
Was hatte er da gesagt?
»Ja, aber …«
Er drückte Thomas die Blumen in die Hand.
»Halt die bitte mal für einen Augenblick, alter Kumpel«, dann nahm er Bettina in die Arme. »Danke, Bettina, tausend Dank. Du hast Yvonne und mich zu den glücklichsten Menschen auf der Welt gemacht. Die Blumen sind nur eine kleine Aufmerksamkeit, da kommt noch was hinterher, wenngleich man das, was du für uns getan hast, mit keinem Geschenk der Welt, und sei es noch so groß, ausgleichen kann.«
Bettina war ganz verlegen, zumal Markus nicht unbedingt zu den Menschen gehörte, die ihre Gefühle zeigten. Er war ja außer Rand und Band.
»Markus, ich bitte dich, ich hab doch nichts für Yvonne und dich getan.«
Er ließ sie los, schaute sie ernst an.
»Nichts getan, nennst du das? Dir haben wir es doch zu verdanken, dass wir die kleine Bettina bekommen haben, ohne dich wäre das nicht möglich gewesen … Das werden wir niemals vergessen und dir ewig dankbar sein. Dank dir sind wir jetzt eine kleine Familie. Und weißt du, was das Schönste ist, Bettina? Meine Yvonne ist wie ausgewechselt, sie ist jetzt wieder die fröhliche Frau, die ich geheiratet