G.F. Barner Staffel 5 – Western. G.F. Barner
Stein schlugen. Der Zorn hatte ihr die Tränen in die Augen getrieben.
»Randlin, dieser hinterlistige Schurke«, keuchte sie. »Alles umsonst, was Rick getan hat, alles vergeblich, oh, dieser widerwärtige Kerl.«
Sie verstummte, sah in diesem Moment die Stute wie einen grauweißen Blitz nach rechts fegen. Dann erkannte sie, warum das schlanke, große Wildpferd jäh die Richtung änderte. Bis jetzt war es hinter dem mit mächtigen Sätzen davonstürmenden Hengst hergerast. Aber wie ein Pfeil schoß Randlin, der Bärtige, auf seinem Pferd zwischen Hengst und Stute.
Der grauweiße Blitz stob nun nach rechts. Er wollte ausweichen. Doch da kam Snake-Jim schon heran. Der Halbindianer schwang den Arm mit dem Lasso. Die Stute wieherte grell und warf sich wieder nach links.
In derselben Sekunde flog Randlins Schlinge durch die Luft.
»Er hat sie, mein Gott, er hat sie«, keuchte Jane bestürzt.
Was dann kam, geschah so schnell, daß Mathew Connors, der Tölpel, nicht mehr ausweichen konnte. Connors ritt schräg links hinter seinem Boß Randlin, als der Hengst das trompetende, schrille Wiehern seiner Favoritenstute hörte. Urplötzlich warf sich der Hengst aus vollstem Jagen auf der Hinterhand herum. Dann folgte ein Riesensatz.
Connors schrie gellend auf, als der samtbraune Hengst auf sein Pferd zuschnellte. Ein Huftritt traf Connors gegen die linke Schulter und feuerte ihn aus dem Sattel. Mathew Connors überschlug sich. Hinter ihm krachte sein Pferd, an der Brust gerammt, zu Boden.
Der mächtige Hengst schien sich zusammenzukrümmen, plötzlich kleiner zu werden. Er explodierte förmlich, und Jane hatte das Gefühl, daß der Hengst alle Sehnen und Muskeln anspannte, ehe er weiterflog. Er glich einem braunen dahinrasenden Schatten, der nun auf Randlins schweren, grobknochigen Wallach losging.
Snake-Jim schienen die Haare vor Entsetzen zu Berge zu stehen. Der Halbindianer drehte so ruckhaft den Kopf herum, daß sein Hut mit der Klapperschlangenhaut von seinen öligen Haaren glitt.
Randlin hielt das Lassoende in der Rechten. Er war dabei, die Stute herumzuzerren, als Snake-Jim losheulte. Randlin sah, wie sich Snake-Jims Gesicht zu einer furchtsamen Fratze verzerrte.
Erst in diesem Moment blickte sich Randlin um. Alles, was er noch sah, war ein samtbrauner Fleck, der auf sein Pferd zuschoß. Der Hengst wieherte, als er sprang und sich zusammenkrümmte, daß sein Kopf fast zwischen seinen Vorderhufen war. Einer Kugel gleichend, flog der gewaltige Hengst Randlins Wallach kurz hinter dem Sattel in die Seite.
Der Wallach schoß glatte vier Yards weg. Dieses Querschießen seines Pferdes schleuderte Randlin nach links. Sein rechter Fuß fuhr aus dem Steigbügel. Randlins Augen weiteten sich vor Entsetzen, als unter ihm das braune, zusammengekrümmte Etwas vom Boden in die Höhe schnellte. Es war genau unter ihm. Danach packte irgend etwas Randlin im Rücken und hob ihn hoch. Randlin flog zweieinhalb Meter in die Höhe. Der Hengst sprang unter ihm her. Randlin fiel zurück und landete auf der Flanke seines wie betäubt am Boden liegenden Wallachs. Dann kam der Ruck, und erst da erkannte Randlin, daß er immer noch das Lassoende zwischen den Fingern hatte.
Der Ruck riß ihm beinahe den Arm aus. Er flog rücklings von seinem Wallach herunter, und er ließ erst das Lasso los, als er fünf Schritte weit über den Boden gerissen worden war.
Die Stute war frei, das Lasso schleifte nach. Sie jagte nun neben dem Hengst davon.
Snake-Jim stieß ein Geheul aus wie es seine Paiute-Großväter vielleicht auch in höchster Wut fertiggebracht hatten. Dann zuckte Snake-Jims Rechte nach dem Gewehr. Er sah, wie Stute und Hengst davonstoben und kreischte: »Du Teufelsbraten, dir knalle ich…«
Er hatte das Gewehr an der Schulter, zielte.
Hufschlag raste von hinten heran. Lorenzo hing schief im Sattel, die Faust erhoben. Und dann schlug Lorenzo mit der bloßen Faust zu.
Die schwielige, narbige Faust des Zureiters traf Snake-Jims Nacken. Der Hieb schleuderte Snake-Jim nach vorn. Sein Gewehrlauf senkte sich, der Kolben knallte ihm ans Kinn.
Snake-Jim hatte einen Moment das Gefühl, von zwei Boxern gleichzeitig je einen Hieb von vorn und hinten erhalten zu haben. Dann begann sich der Canyon um Snake-Jim zu drehen. Er drückte ab, doch die Kugel traf nichts als ein paar Steine am Boden, die auseinanderspritzten.
Snake-Jim fiel vom Pferd. Er blieb liegen wie sein Boß Randlin, über den der Staub träge hinwegzog.
Randlin begann sich zu bewegen. Er schüttelte den Kopf und brummte zuerst nur, bis er losfluchte. Aber er fluchte keine halbe Minute. Neben ihm hielt ein Pferd – jemand sprang ab.
»Ich habe dich gewarnt, Hundesohn!« sagte Rick Powell voller Grimm. »Steh auf, diesmal lernst du es, dich zu fürchten!«
Jake Randlin setzte sich auf. Er starrte verstört zu Snake-Jim hinüber. Fünf Männer Powells jagten nun heran, und einer keuchte scharf: »Sieben Pferde haben wir, die anderen sind durchgegangen, Boß. Santiago bringt die sieben Tiere zurück. Da ist der Schweinehund ja. Wie bei Jason Bates, dasselbe schmutzige Spiel.«
Randlin schien nun Verstand genug zu haben. Seine kleinen dunklen Augen starrten den Mann an, und dann sagte er grollend: »Corgy, du Ratte, dir hau ich gleich die Zähne in den Bauch. Ah, wer ist denn da? Der große Rick Powell!«
Das letzte kam so höhnisch heraus, daß Lorenzo ausholte.
»Laß das!« knurrte Powell. »Yeah, ich bin da, Mister. Hast du verstanden, was ich vorhin sagte?«
»Hast du was zu sagen?« fragte Randlin hämisch. »Du willst wohl dasselbe bekommen wie Bates, der dumme Hund, was? Warte ein bißchen, ich bin gleich soweit, großer Powell.«
Randlin stemmte sich nun hoch. Er bewegte prüfend die Arme, sprang einige Male auf der Stelle, bis er breit grinsend nickte.
»Hat mir nicht viel getan, merke ich«, sagte er selbstzufrieden. »Ich habe zu harte Knochen, verstehst du, großer Powell? Wo ist dieser verfluchte Hengst?«
»Dorthin, wohin du gehen wirst«, antwortete Rick Powell eisig. »In die Wüste, Randlin. Ich warne immer nur einmal. Du Lump hattest dir ausgerechnet, daß du leichtes Spiel haben würdest, weil wir die Schlucht rechtzeitig sperren, aber nicht an den Hengst herankommen würden, den wolltest du haben – oder?«
Er kannte Randlin, aber bei dessen frechem, unverschämtem Grinsen hatte er Mühe, an sich zu halten.
»Klar.« Randlin lachte breit. »Ihr habt doch gesehen, daß der Hengst auf den Klippen stand, was? Ehe der herunterkommen konnte, mußte seine Herde losrennen. Ich war doch verdammt großzügig, was? Mann, ich wollte euch die Herde überlassen und mich mit Hengst und Stute zufriedengeben. Bin ich nicht ’n anständiger Bursche?«
»Ich schlage ihm den Schädel ein!« schrie Lorenzo wutbebend. »Schieß ihn über den Haufen, Boß, ehe ich das tue. Er war großzügig? Was bildet der Strolch sich ein?«
»Bastard, halt die Fresse, sonst…«
Lorenzo sprang ihn an, aber im selben Augenblick schlug Randlin so blitzschnell seinen gewaltigen Arm herum, daß Lorenzo mitten in den Hieb sprang. Der Unterarm Randlins fegte Lorenzo unter das Kinn, und Lorenzo flog zwei Schritte zurück. Schwer atmend blieb der Zureiter auf dem Rücken liegen.
»Dieser Pinscher«, sagte Randlin verächtlich. »He, großer Powell, du denkst doch nicht, du kannst auf mich schießen, was? Ich schieß mich nie, großer Powell, ich habe meine Fäuste. Mit denen kann ich dasselbe wie mit einem Revolver tun, verstehst du? He, was machst du denn da? Bist du verrückt, großer Powell? Der nimmt seinen Gurt ab, na so was!«
»Tonio«, sagte Powell kalt und warf ihm den Gurt zu. »Niemand mischt sich ein. Das ist ein Befehl! Schnall ab, Randlin!«
Randlin starrte ihn aus Glotzaugen und mit offenem Mund an. Er wirkte völlig verstört. Seine Größe von fast sieben Fuß, seine Schulterbreite von nicht viel weniger als drei Fuß machten ihn zu einer nicht umzuwerfenden Kampfmaschine. Gegen Randlin wirkte Powell schmächtig, obwohl er nur einen halben Kopf kleiner war.
»Der