G.F. Barner Staffel 5 – Western. G.F. Barner

G.F. Barner Staffel 5 – Western - G.F. Barner


Скачать книгу

      Powell konnte nur nicken. Plötzlich schnürte es ihm die Kehle zu, und er dachte sekundenlang, daß er zusammenbrechen würde. Er starrte auf die Klappe, sah nicht, daß seine Männer die Flammen löschten, losliefen und Laternen ansteckten. Ihm war, als gehe ihn das alles nichts mehr an.

      Es war aus, sie hatten kein einziges Pferd mehr.

      Erst der Schmerz, der wie ein Beilhieb durch seine Hüfte fegte, als Lorenzo ihm den Gurt abnahm und das Hemd aus der Hose zog, brachte Powell jäh in die Wirklichkeit zurück.

      »Tonio, leuchte hier«, rief Lorenzo schrill. »Es hat den Boß erwischt.«

      Du läßt dich niederschmettern, dachte Powell, du gibst dich und alles auf. Du denkst nur an dich, Rick Powell, an dein Geld, das verloren ist, an mühevolle, wochenlange, vergebliche Arbeit. Aber deine Männer denken zuerst an ihre Partner, an dich. Wie kannst du sie vergessen und nur deinen Verlust sehen?

      Die Scham schlug in ihm hoch. Er spürte, daß sie ihn nur anzusehen brauchten, um zu wissen, was er gedacht hatte. Was waren Pferde denn schon? Man konnte sie immer einfangen und zähmen. Doch Männer waren niemals zu ersetzen.

      »Melden!« sagte er scharf und grimmig. Er hätte sich selbst ins Gesicht spucken mögen, daß er hatte aufgeben wollen. »Los, jeder meldet sich mit seinem vollen Namen. Dean, Pearce?«

      »Hier«, kam die Antwort vom Wasserwagen. »Hier sind wir, Boß. Ich verbinde Dean gerade. Er hat einen Kratzer am Oberarm. Das waren vier Gewehre, die von oben schossen. Sie konnten nicht alle treffen. Wir sprangen unter den Wagen und wollten zu unseren Pferden. Boß, war das Ross Walkey, der mit ihnen lospreschte?«

      »Was, Ross?« fragte jemand. »Pearce­, er sagte, er wollte mal eine Nacht richtig ausschlafen und bot mir zwei Dollar, wenn ich mit ihm tauschte, damit er die erste Wache bekam. Ich nahm die zwei Dollar.«

      »Es war Walkey«, antwortete Powell bitter. »Jefe, er muß mit den Kerlen unter einer Decke gesteckt haben. Was ist mit meiner Hüfte, Lorenzo?«

      »Nichts, nur drei Zoll aufgerissen«, gab Lorenzo zurück. »Die Kugel hat den Gurt durchschlagen. Dann ist sie noch ein Stück weitergefahren und schließlich im Leder steckengeblieben. Damit reitest du nicht schlechter als sonst, Boß.«

      Tonio brachte Verbandszeug. Pearce kam. Das Feuer brannte wieder. Er hielt fünf Finger hoch.

      »Wer?« fragte Powell gepreßt. »Juan, Martino, wer noch?«

      »Steve, Larry und Dany, Boß, und Casker wahrscheinlich. Soll ich nachsehen?«

      Powell starrte zum Feuer, das kaum zum Wagen reichte. Ich muß nachsehen, was aus Ross Walkey geworden ist. Und wenn ich in den Feuerschein trete.

      In diesem Moment kam der Gedanke und ließ ihn zusammenfahren. Der erste Schuß hatte ihm gegolten. Wer immer dort oben in der Wand gelegen hatte, er hatte ihn umbringen wollen.

      Powells Blick wanderte langsam zur Schluchtwand empor. Er konnte sie nicht sehen, seine Männer standen dicht um ihn.

      »Honkey«, zischte Powell. »Hört zu, seht euch nicht um, Leute. Jemand wollte mich erschießen. Die erste Kugel galt mir. Ich wette, der Kerl ist noch dort oben und wird sehen wollen, ob ich noch lebe. Seht euch um Gottes willen nicht nach ihm um. Ich leg mich hin, verstanden? Dann gehst du los, Lorenzo. Tu so, als wolltest du hochsteigen und nach Casker sehen. Honkey, sobald er unter der Wand am Geröllhang ist, schreist du los, daß ich sterbe, verstanden?«

      Sie starrten ihn verwirrt an, als er sich sinken ließ. Doch keiner hob den Kopf. Niemand drehte sich um.

      Verdammt, dachte Powell, hoffentlich hat mich Tonio nicht zu sehr angeleuchtet. Aber die anderen standen schon da, als er mit der Laterne kam. Vielleicht hat der Halunke oben mich nicht stehen sehen, was?

      »Zur Hölle, Boß«, keuchte Lorenzo. »Du meinst, da oben ist noch einer?«

      »Yeah«, knirschte Powell. »Geh los, Lorenzo, schnell.«

      Lorenzo hastete davon. Er kam bis an die Doppelstangen des Zaunes, als Honkey gellend schrie: »Lorenzo, schnell, der Boß stirbt! Lorenzo, er stirbt! Die Kugel muß ihm alles im Leib zerrissen haben. Eben konnte er noch etwas sagen, nun liegt er da und spuckt Blut. Schnell, Lorenzo, der Boß stirbt.«

      »Was ist? Madonna, er stirbt?« brüllte Lorenzo entsetzt in die Nacht. »Geht weg, ich kann ihm vielleicht noch helfen!«

      Er stürzte heran. Sie machten ihm Platz und drängten sich hinter ihm wieder zu einem Kreis zusammen.

      »Boß!« schrie Lorenzo. »Boß, sag was! Madonna, er antwortet nicht mehr. Boß?«

      »Nehmt die Hüte ab«, sagte Powell leise. »Und dann wartet.«

      Sie taten es. Sie standen stumm um ihn, die Hüte in den Händen. Eine halbe Minute verrann, eine Minute. Dann hörten sie es. Leise, tackend kam Hufschlag durch die Nacht. Als er sich zum Trommeln steigerte, sahen sie sich an.

      »Der hätte noch einmal geschossen«, sagte Powell düster, als er sich erhob. »Wäre ich in den Feuerschein getreten, hätte er mich abgeknallt wie einen Hasen. Los jetzt, ich muß nachsehen, was aus Ross Walkey geworden ist.«

      Er nahm sein Gewehr und hastete davon. Tonio rannte hinter ihm her, bis sie beide das tote Pferd sahen, neben dem Ross Walkey am Boden lag. Als sie ihn umdrehten, kam ein leises Stöhnen aus Walkeys Mund. »Walkey!« Seine Lider flatterten, er blinzelte ins Licht der Laterne Tonios. »Walkey, wer war es?« fauchte Powell. »Du hast ihnen geholfen, Mann. Du hast deine Partner verraten. Sag jetzt wenigstens die Wahrheit! Wer war es?« Er beugte sich über ihn.

      »Haris – Brad.«

      »Haris?« fragte Powell. »Wo wollen sie mit unseren Pferden hin?«

      »Riser Creek Canyon – Nordwest – Bergflanke ist – Camp von Harris – Cole Young – Quailes verkauft – Pferde. Alle… Riser Creek, Camp.«

      Es war Powell, als träfe ihn ein Hieb. Er sah auf den Mann, der langsam starb. Walkey log nicht, das wußte er.

      »Walkey, wieviel Mann hat er?«

      »Zehn«, antwortete Walkey leise und zitternd. »Mit Grinner – und Link – Boß…«

      Boß, dachte Powell verstört, warum nennt er mich Boß?

      »Sie haben – das Girl – Jane Morgan.«

      Das brachte er mit letzter Kraft heraus. Dann fiel sein Kopf mit einem Zucken zur Seite. Seine Augen wurden starr.

      Powell fühlte, wie ihm etwas die Kehle zuschnürte. Er hatte bis zu dieser Sekunde mit keinem Gedanken an die Morgans gedacht. Jetzt erst erinnerte er sich an den Wagen im Westen. Harris mußte daran vorbeigekommen sein.

      Er hatte Bill und Jane Morgan erwischt.

      Allmächtiger, dachte Powell entsetzt. Was hat dieser Bandit mit ihnen gemacht?

      *

      Jane Morgan brach der Angstschweiß aus, als sich Schritte dem Drehschemel des Wagens näherten. Dann knarrte das Holz. Der maskierte Bandit stieg auf den Schemel, blickte zu ihnen herab und brummte etwas. Dann verschwand er wieder.

      Im nächsten Moment bewegte sich der alte Bill vorsichtig. Er lag auf dem Rücken, stemmte sich mit den gebundenen Händen hoch und rutschte langsam mit den gefesselten Füßen unter dem Sitzbrett durch. Dann erreichte er mit dem rechten Stiefel das Flachbeil. Die Spitzen der Stiefel bogen sich nach außen. Einen Moment später wanderten sie an beiden Seiten des Beilstiels entlang. Und dann schlossen sie sich.

      Er schafft es, dachte Jane und lauschte. Der Mann draußen ging wieder über die Steine zum Hang.

      Bill Morgan zog die Knie an. Dann senkte er die Stiefel und schob seinen Rücken weiter. Zweimal noch führte er dieselben Bewegungen aus, bevor er neben der Werkzeugkiste lag. Er war etwas weitergerutscht. Nun ließ er das Beil sanft zur Seite sinken. Danach drückte er sich hoch. Er keuchte, aber er schob sich nun Zoll für Zoll über das Flachbeil.

      Augenblicke


Скачать книгу