Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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nach allen Seiten und spürt mit Freude, daß man ihn gern sieht. Er weiß, daß er viel von seinen Leuten verlangt, dafür bezahlt er sie aber anständig und läßt sie sauber wohnen, denn alle Angestellten wohnen in einem Nebengebäude des Eichenwaldes.

      »Morgen, Herr Kempen«, tritt ihm der Verwalter, ein untersetzter Mann mit windfrischem Gesicht entgegen. »Wollen Sie Dina gesattelt haben?«

      »Genau das, lieber Hermann«, entgegnet Kempen.

      »Dina ist heute so nervös. Ich würde Ihnen abraten –«

      Er wird unterbrochen, und Kempen macht einen Satz zur Seite. Aus dem Stall kommt Dina geschossen, auf ihrem Rücken, der noch ungesattelt, trägt sie Viola. Kempen sieht ein paar braungebrannte Beine, einen Rock wirbeln, schwarzglänzendes Haar weht wie eine Fahne auf ihrem Rücken.

      »Ja, da schlage doch einer lang hin«, wettert Herrnann, während Kempen hell auflacht.

      »War das nicht Viola?«

      »Natürlich«, stößt der Verwalter ärgerlich hervor. »Dieser schwarze Teufel taucht iiberall dort auf, wo man ihn am wenigsten vermutet. Wie kommt die bloß an Dina ran?«

      Kempens Auge ist entzückt von dem Bild, das immer schneller seinem Blickfeld entschwindet.

      »Sie sehen doch«, meint er belustigt. »Das Mädel fürchtet sich nicht einmal vor einer nervösen Dina, und da wollen Sie mir abraten. Trauen Sie mir weniger zu als einem jungen Mädchen?«

      Verlegen kratzt Hermann sich hinter dem Olhr. »Donnerwetter, schneidig war das.« Dann besinnt er sich, daß er sehr ärgerlich zu sein hat, und setzt böse hinzu: »Der werde ich eine Standpauke halten –«

      »Das werden Sie nicht, lieber Hermann«, fällt Kempen ihm immer noch lä-chelnd ins Wort. »Das werde ich besorgen. Im Augenblick befürchte ich, Dina könnte die Kleine abwerfen. «

      »Geschieht ihr recht«, platzt Hermann heraus. »Immer schleicht sie um die Pferde herum. Ich bin überzeugt, die klaut eines Tages noch eins und macht sich dann auf und davon.«

      Kempen betrachtet seinen Verwalter einige Sekunden mit seinen klaren, jetzt kühl wirkenden Augen.

      »Das Mädchen klaut überhaupt nicht, weder ein Pferd noch silberne Kaffeelöffel. Das sollten Sie sich merken und die anderen Angestellten davon überzeugen.«

      Damit läßt Kempen den Verwalter stehen und geht langsam den Weg entlang, den Viola soeben mit Dina geritten ist.

      Schließlich setzt er sich unweit des Tores, durch das Viola unhedingt kommen muß, nieder, reißt einen Grashalm aus und beginnt nachdenklich darauf herumzukauen.

      Hm! Schneid hat das Mädel! Er weiß nicht, wieviel Zeit vergangen ist. Er wird aus seinen Gedanken durch dumpfe Hufschläge herausgerissen.

      Dina kehrt zurück. Diesmal im Trab, geduldig wie ein Lamm, und seine Reiterin strahlt über das ganze schöne Gesicht. Als sie Kempen gewahrt, der sich ihr in den Weg gestellt hat, erblaßt sie und gleitet mit der Geschmeidigkeit einer Katze vom Pferderücken.

      Ohne sich zu rühren, verharrt Dina, als warte sie darauf, die leichte Gestalt wieder zurück in den Stall zu tragen.

      Jetzt sieht Viola wirklich wie eine Sünderin aus, die nicht die Lider zu heben wagt. Er sieht nur, wie heftig sie atmet. Hat sie Angst vor ihm?

      »Verzeihen Sie, Herr.«

      Er stampft böse mit dem Fuß auf. »Du sollst nicht immer Herr zu mir sagen«, fährt er sie grob an, bemerkt ihr Zusammenzucken und wie sich langsam die seidigglänzenden Wimpern heben.

      »– ich meine, Herr Kempen«, verbessert sie sich rasch. »Bitte, seien Sie mir nicht böse. Alle haben gesagt, die Dina sei ein bösartiges Pferd. Das ist nicht wahr. Sie ist lammfromm.«

      »Das habe ich bereits bemerkt«, unterbricht er sie gereizt. »Du kannst einen schön in Schrecken versetzen! Hast du mcht daran gedacht, daß Dina dich abwerfen konnte?«

      Groß, dunkelblau ruhen ihre Augen auf seinem Gesicht. Nicht die Spur eines Lä-chelns tragen sie.

      »Mich wirft kein Pferd ab«, sagt sie mit einer Selbstverständlichkeit, die Kempen in Staunen versetzt.

      »Und warum nicht, du kluges Kind?« spöttelt er.

      »Weil ich Pferde liebe, das spüren die Tiere. «

      Sie sagt das ohne Überheblichkeit, einfach wie eine unumstößliche Tatsache.

      Kempen kapituliert. Lange ruht sein helles Auge auf ihrer zarten Gestalt, auf dem jetzt wieder gesenkten Kopf mit dem wunderbaren Haar.

      »In diesem Aufzug kann man doch nicht reiten«, rügt er.

      Ihr Kopf ruckt empor. »Ich kann in jedem Kleid reiten«, sagt sie nicht ohne Stolz.

      »Komm mit«, sagt er barsch zu ihr, nimmt Dina zwischen sich und Viola, und als sie ihre Hand auf die Kruppe des Pferdes legt, folgt es willig. Auch das entgeht Kempen nicht.

      Gemeinsam betreten sie den Hof zu den Stallungen. Ein Stallbursche kommt angejagt.

      »Satteln Sie Dina und für mich Sturmwind. Bringen Sie beide Pferde zum Herrenhaus.«

      »Komm!« fordert er Viola abermals auf. Einen Schritt hinter ihm folgt sie. Sein Gesichtsausdruck ist unbewegt. Vor dem Portal dreht er sich zu ihr um.

      »Komm mit!« sagt er zum drittenmal, und Viola gehorcht widerspruchslos. Er führt sie durch die Halle, die Treppe empor und sucht die Zimmer seiner Mutter auf. Bescheiden bleibt Viola an der Tür stehen. Er durchquert den Salon, den sie mit großen Augen betrachtet. So etwas Wunderhübsches hat sie noch nicht gesehen. Ihre Blicke wandern umher. Auf einem Gemälde an der Wand über dem zierlichen Sofa bleiben ihre Augen haften. Es stellt eine schöne dunkelhaarige Frau in großer Abendtoilette dar. Ihr Kleid ist mit Diamanten geschmückt. Große lachende Augen schauen Viola an.

      Ganz versunken ist sie in den Anblick des Bildes, in die strahlend schöne Frau, die es darstellt. Erst als sie Kempens ungeduldige Stimme, die nach ihr ruft, vernimmt, erwacht sie aus ihrer Verzückung.

      Sie muß ein Schlafzimmer durchqueren und gelangt in einen großen Raum. Überall sind Spiegel aufgestellt. Die Wände bestehen aus Schränken. Einen hat Kempen geoffnet. Er hält Viola einen Reitanzug entgegen.

      »Da, nimm«, sagte er kurz. »Es ist das Reitkleid meiner Mutter. Dir wird es passen. «

      Völlig verwirrt sieht sie ihn an.

      »Was hast du?« fragt er mit leicht gerunzelter Stirn.

      Viola hebt die Hand. »Ist – ist die Dame auf dem Bild Ihre – Ihre Mutter?« ringen sich mühsam die Worte von den Lippen.

      »Ja – das ist meine Mutter. Gefällt sie dir?« Schlagartig haben sich seine Züge verändert, sind weich, fast zärtlich geworden, wie seine Worte.

      »Sie ist wunderschön«, stößt Viola erregt hervor. Sie wagt die Hand nicht nach dem eleganten Kleid, dem ein angenehmer Lavendelduft entströmt, auszustrecken. »Das Kleid kann ich nicht tragen.«

      »Und warum nicht, bitte?« fragt er streng. Sie wirft den Kopf in den Nacken. Furchtlos ist ihr Blick. Nur die Wimpern flattern.

      »Sie können einem armen Waisenkind nicht einfach das Kleid Ihrer Mutter schenken. Außerdem habe ich schon viel zu viel von Ihnen angenommen. Dieses Kleid zu tragen, dazu habe ich kein Recht.«

      Er schaut sie belustigt an. »So? Wer hätte denn ein Recht, es zu tragen?«

      »Ihre zukünftige Frau«, kommt es ruhig aus ihrem Munde.

      Sekundenlang sieht es aus, als wolle er das Kleid wieder zurück in den Schrank hängen. Finster sieht er aus, so finster, daß sie sich vor ihm zu fürchten beginnt.

      »Außerdem kann ich mit diesem Kleid bestimmt nicht fertig werden«, wagt sie den scheuen Einwurf.

      Er hört den Bürgermeister sagen: ›Sie setzt


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