Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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es für den berühmten Mann mit aller Sorgfalt ins Haus gebracht. Er macht fern ein Schwätzchen mit dem Professor, der viel gereist ist, der interessant zu plaudern versteht, dem Justus stundenlang zuhören könnte und der dennoch so einfach und menschlich ist. Keinen Dünkel hat er, trotz Ehrungen und Titeln. Justus weiß einigermaßen über ihn Bescheid, denn seine einzige Leidenschaft ist Zeitunglesen.

      Er hat es sich auch nicht nehmen lassen, die Malutensilien des Professors zu einem Fleckchen, vom Haus aus durch dichtes Gebüsch versteckt, zu tragen.

      Dort arbeitet Keller. Alles liegt bereit, die Staffelei, die Paletten, die

      Skizzenblöcke und Stifte für Federzeichnungen. Keller ist nicht nur ein berühmter Porträtist, sondern auch ein allgemein geachteter Landschaftsmaler.

      Im Augenblick ist er mit Leidenschaft an einem Modell interessiert: An Maritta, die er aus dem Gedächtnis heraus zeichnet. Die Blätter liegen um ihn herum verstreut, und immer neue kommen dazu. Doch er ist nicht recht mit seiner Arbeit zufrieden.

      Noch hat er sie zu sehr als abweisende Frau in Erinnerung. Er sucht nach einem anderen Ausdruck in diesem schönen, lebendigen Gesicht, nach einem ganz bestimmten Glanz in den grünlichen Augen. Bisher hat er ihn noch nicht gesehen.

      Wahnsinn, sich so intensiv mit dieser Frau zu beschäftigen. Und doch muß er es tun. Sein Inneres treibt ihn dazu – und sein Herz. Es spricht plötzlich eine neue Sprache, die er bisher noch nicht erlebt hat. Sie erfüllt sein Sinnen und Denken.

      Maritta hat indessen Stefanie treu gepflegt und dabei die Anweisungen des Arztes genauestens eingehalten. Nur zu den Mahlzeiten, wenn Milchen ihren Platz am Bett eingenommen hat, trifft sie mit dem Professor zusammen.

      Er lebt als völlig Unbeteiligter an den sich im Hause vorbereitenden Dingen nur seiner Arbeit. Mit großer Freude begrüßt er Maritta jedesmal zu den Mahlzeiten.

      »Wie geht es heute Fräulein Hollweg?« ist stets seine erste Frage.

      Bisher hat er immer die gleiche Antwort darauf erhalten: »Nicht besser und nicht schlechter.«

      »Woher sie nur die böse Erkältung hat?« wundert er sich ahnungslos, und Maritta läßt ihn dabei.

      Sie betrachtet die kurze Zeit wäh-rend der Mahlzeiten als Erholung und lernt in diesen Tagen den Professor von einer besonders schönen Seite kennen. Er hat seinen Spott verloren, behandelt sie mit kameradschaftlicher Fürsorge, reicht ihr die Zigaretten, holt ein Kissen für ihren Rücken herbei und plaudert mit ihr über hunder-terlei Dinge.

      Allmählich nimmt er mehr Raum in ihrem Denken ein, als ihr lieb ist. Sie sträubt sich gegen ein Gefühl, dessen sie sich nicht erwehren kann.

      Keller entgeht keine Regung dieses lebhaften Frauenantlitzes. Jetzt haben wir wirklich Frieden geschlossen – stellt er erfreut bei sich fest.

      Maritta ist Milchen unentbehrlich geworden. Sie kommt mit allerlei Fragen zu ihr und sucht bei ihr Rat und Hilfe, und Maritta hat sich so eingewöhnt in ihr Leben in dem Hause, daß sie stets das Richtige trifft.

      An einem der nächsten Tage – es ist kurz vor Eintreffen des Professors – gestattet der Arzt erstmalig, Stefanie in Decken gehüllt auf die Terrasse zu bringen.

      Als Keller sie wiedersieht, kann er sein Erschrecken über die Veränderung des jungen Geschöpfes kaum verbergen.

      »Wie schön, Sie endlich wiederzusehen«, sagt er warmherzig, und aus den übergroßen, dunkelumränderten, leidvollen Augen trifft ihn ein dankbarer Blick.

      »Fühlen Sie sich wohl in meinem Hause?« erkundigt sie sich mit leiser Stimme. »Vermissen Sie auch nichts?«

      »Ganz gewiß nicht«, beteuert er, seine Lebhaftigkeit in ihrer Nähe unwillkürlich dämpfend. Dabei sucht sein Blick Maritta, die mit einem freudig erregten Gesicht dabei steht. »Fräulein Leubner hat sich hier und da meiner sehr nett angenommen – und sonst habe ich gearbeitet.«

      Stefanies dunkelblaue Augen grü-ßen ihre geliebte Heimat. Sie trinkt deren Schönheit wie eine Verdurstende in sich hinein.

      Wenn ihr etwas hilft, das Gewesene zur Ruhe kommen zu lassen, dann ist es der Anblick der Schönheit, die die Natur so verschwenderisch vor ihr ausgebreitet hat. Hier wird sie gesunden, wenngleich die Sehnsucht nach Phil immer in ihr lebendig sein wird.

      Phil – denkt sie und neigt das Köpfchen zur Seite – wenn du jetzt bei mir sein könntest. Ein Schrecken durchzuckt sie. Sie hat, durch ihre Krankheit verhindert, kein Lebenszeichen von sich gegeben, und sie hatte es ihm versprochen. Aber er wollte ihr doch schreiben? Eine besondere Scheu hält sie vor der Frage nach Post für sie zurück. Sie versucht, ihre Umgebung darüber zu täuschen, daß ihr Herz immer nach Phil ruft.

      Und da ihre Genesung in den letzten Tagen große Fortschritte gemacht hat, glaubt man es ihr auch.

      »Sie hat sich gefangen«, raunt Maritta der guten Alten gelegentlich zu, und diese nickt strahlend. Als ihr aber das Telegramm einfällt, und ein Blick auf den Kalender sagt ihr, daß das Unheil dicht vor der Türe steht, verfinstern sich ihre Züge.

      »Ich wollte Sie alle verwöhnen«, klagt Stefanie, »statt dessen mache ich Ihnen Arbeit und Kummer.« Sie versucht sich etwas aufzurichten. »Bald bin ich wieder ganz auf der Höhe, dann hole ich alles nach«, verspricht sie mit größtem Ernst.

      Als sich der Samstag nähert, wird Milchen immer nervöser und immer zerfahrener, so daß Stefanie sie aufmerksam betrachtet.

      »Was ist mit dir, Milchen?« forscht sie. »Du bist so verstört? Klappt etwas nicht? Wie steht es mit dem Geld? Hast du Sorgen?« Sie seufzt tief. »Ich habe dir so wenig helfen können, Milchen.«

      »Was du nicht alles denkst«, wehrt Milchen, erschrocken über sich selbst, ab. »Alles geht seinen geregelten Gang. Wir kommen gut aus mit dem Geld. Justus zaubert uns das schönste Gemüse aus dem Garten auf den Tisch. Nein, nein! Du brauchst dich nicht zu sorgen.«

      Und doch gibt sie sich nicht zufrieden.

      »Ist sonst – etwas?«

      »Was soll denn sein?«

      Milchen legt die Vorhänge in Falten, als gäbe es im Augenblick nichts Wichtigeres zu tun.

      »Komm mal zu mir, Milchen«, bittet Stefanie, und fast widerwillig folgt die Alte der Aufforderung.

      »Setz dich zu mir, bitte. Ein paar Minuten hast du wohl noch Zeit. Sind die Gäste schon versorgt?«

      Milchen drängt es aus dem Zimmer. Sie greift zu der ihr von Stefanie selbst hingeworfenen Ausrede.

      »Das muß ich noch vorbereiten, Kind, deshalb muß ich dich jetzt allein lassen. Nicht wahr, das verstehst du? Bald kommt Fräulein Maritta zu dir. Sie ist uns allen unentbehrlich geworden.«

      »Natürlich mußt du gehen«, pflichtet Stefanie ihr bei. Sie forscht in Milchens Augen. Wie trübe sie geworden sind, wie schmal und blaß das liebe, runzlige Gesicht. »Und du hast wirklich nichts?«

      Milchen schüttelt heftig den Kopf und zwingt sich zu einem aufmunternden Lächeln.

      »Wirklich nicht, Stefanie.« Sie rückt das Tablett zurecht.

      »Nun iß aber, Kind, sonst wird das Ei kalt. Ich habe es ganz weich gekocht, wie du es liebst.«

      »Ach, Milchen, wenn ich dich nicht hätte. Ich bin dir so dankbar. Nie werde ich das gutmachen können.«

      »Du redest Unsinn«, verweist Milchen sie schroff. »Das ist eine Selbstverständlichkeit, und ich habe deiner Mutter versprochen, dich nicht zu verlassen.«

      Gutes Milchen – sinnt Stefanie hinter ihr her – und macht sich ohne Eile an ihr Frühstück.

      Vielleicht hat Milchen doch Geldsorgen? Schließlich sind erst zwei Sommergäste da. Wie schnell wird der Sommer vergehen. Was wird dann werden?

      Schon steht das drohende Gespenst einer unsicheren Zukunft vor ihr. Sie erzittert bei diesem Gedanken. Dabei könnte sie es so leicht haben, wenn sie


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