Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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zurück als bei ihrer ersten Begegnung.

      *

      Stefanie sitzt auf der Terrasse des Hauses, in warme Decken gehüllt, und blickt über die weite blaue Fläche des Sees. Milchen hat sie soeben verlassen, nachdem sie sich überzeugte, daß eine Erfrischung bereit steht. Zuletzt hat sie die Sonnenbrille danebengelegt.

      Vor Stefanies Augen wallen erneut Schleier. Dazu gesellt sich ein bohrender Schmerz, und aus dem ruhigen See wird eine lichtlodernde Fläche. Sie greift zu der schützenden Brille, und nun ist alles in sanfte, wohltuende Farben gehüllt – doch der Schmerz und das Flimmern bleiben zurück.

      Leise nähert sich Professor Keller ihrem Stuhl.

      »Darf ich Ihnen ein wenig Gesellschaft leisten?« fragt er, und als er ein aufmunterndes Lächeln Stefanies und eine einladende Handbewegung sieht, rückt er sich einen Hocker zurecht.

      »Wir haben uns lange nicht gesehen, Herr Professor«, beginnt Stefanie ein Gespräch, froh, ihren quälenden Gedanken entronnen zu sein. »Haben Sie fleißig gemalt?«

      »Ich habe versucht zu malen«, nimmt er den Faden auf. »Leider ist nichts Rechtes daraus geworden.«

      Auf einmal hört er sie ruhig fragen:

      »Wie muß es sein, wenn ein Mensch plötzlich sein Augenlicht verliert? Wenn er nicht mehr die Schönheit sehen kann, nicht die der Bilder und nicht die der Natur?«

      Diese Frage überrumpelt ihn derart, daß er tieferschrocken eine abwehrende Bewegung macht.

      »Wie kommen Sie auf diesen absurden Gedanken?«

      Sie wendet ihm den Kopf zu. Wie weit weg er von ihr ist, muß sie denken, dabei spürt sie seine Nähe, ja, sie hört sogar sein tiefes Atmen.

      Beinahe abgeklärt sagt sie: »Ich dachte an mich – meine Augen. Ich fühle, daß etwas in mir vorgeht, dem ich nicht entrinnen kann. Ich wappne mich, damit es mich nicht unvorbereitet trifft.«

      »Sie werden sich körperlich immer mehr erholen, und damit wird auch Ihre Sehkraft wieder normal werden«, spricht er eindringlich, doch er merkt selbst, daß seinen Worten die Überzeugung fehlt.

      Sie lächelt leicht und schmerzlich.

      »Sie wollen mich über etwas hinwegtrösten, was ich tief im Innern spüre. Man braucht sich nicht um mich zu sorgen. Ich will stark sein, wenn das Unabänderliche eintritt –«

      »Aber Fräulein Stefanie.« Er ist tiefbekümmert. Ja, etwas schmerzt ihn so sehr, als würde eine eiskalte Hand seine Kehle umspannen.

      Arme, liebenswerte Stefanie! Er steht auf. Sich und seine Stimme zur Ruhe zwingend, sagt er:

      »Ich bringe Ihnen heute nach Ihrem Mittagsschlaf einige meiner Arbeiten. Ist es Ihnen recht?«

      »Sehr, Herr Professor.«

      Sie lächelt glücklich zu ihm auf, und er hat das Gefühl, daß er der Beschenkte ist.

      »Sie werden versuchen, etwas zu schlafen.« Sein Ton enthält scherzhafte Strenge. »Sie sehen abgespannt aus.«

      »Ja«, erwidert sie und legt sich gehorsam zurück. »Ich werde versuchen zu schlafen.«

      Auf Zehenspitzen verläßt er die Terrasse. Ihm ist hundeelend zumute, seitdem er von Dr. Hilmer erfahren hat, was Stefanie bevorsteht, wenn ihr keiner helfen kann.

      In der Halle trifft er auf Maritta. Mit einer knappen Verbeugung will er an ihr vorübergehen, doch sie hält ihn zurück.

      »Warum machen Sie sich so rar?«

      »Haben Sie denn Zeit für mich?« Das klingt gereizt, ja unhöflich.

      »Sie vergessen, daß Stefanie mich braucht.«

      Er ist wütend über sich selbst. Natürlich weiß er, daß sie ihre ganze Zeit der Kranken schenkt. Aber im Augenblick hat ihn das Bild, Maritta und der interessante Fremde, gegen seine Überzeugung zu den Worten gezwungen. Er hat den Wunsch, ihr irgendwie weh zu tun, wie es ihn schmerzhaft durchzuckt hat: Die Hand des Fremden auf Marittas Rechten.

      »Sie scheinen noch mehr Menschen zu brauchen.«

      Betroffen blickt sie ihn an.

      »Wie meinen Sie das?«

      »Ich dachte gerade an Ihren Besuch im ›Goldenen Löwen‹. Leider nicht mit mir.«

      Sie lacht leise, verstehend auf. Ihre Augen glitzern ihn an.

      »Aha, der Herr Professor sind eifersüchtig.«

      »Eifersüchtig?«

      Er möchte sich auf den Mund schlagen. Jetzt kommt er sich wie ein dummer Junge vor, dem man das Spielzeug gestohlen hat und der deshalb bockt.

      »Das meinen alle Frauen, wenn man sie irgendwie auf Abwegen ertappt.«

      »Sie sind boshaft«, stößt sie empört hervor. »Außerdem wandle ich nicht auf Abwegen, und wenn ich es täte, würde es Sie einen Schmarren angehen.« Sie streicht sich eine Locke aus der heißen Stirn. »Ich weiß gar nicht«, setzt sie verächtlich hinzu, »weshalb ich mich verteidige. Sie können doch nicht einfach über mich bestimmen und mir Vorwürfe machen, wenn ich mir erlaube, außer mit Ihnen auch noch mit anderen Männern zu sprechen.«

      »Sie werden den anderen den Kopf genauso verdrehen wie mir«, gibt er ärgerlich zurück und erschrickt, daß er sich verraten hat.

      »Wenn Sie sich den Kopf verdrehen lassen? Bitte!«

      Sie zuckt die Schultern und geht rasch an ihm vorbei.

      Langsam sucht er sein Zimmer

      auf und bleibt unvermittelt stehen.

      Er ist eifersüchtig? Ja, dann liebt er

      sie ja auch, dieses schöne blonde

      Gift, das er bereits im Blut

      trägt.

      Ganz benommen steigt er weiter die Stufen hinauf.

      *

      Professor Hollweg ist in München und hat seinen alten Freund Martin Bergmann unverzüglich in dessen Klinik aufgesucht.

      Nun sitzt er in der Halle, modern, marmorner Fußboden, Säulen, um die sich Blattpflanzen ranken, und überall tiefe, bis zum Erdboden reichende Fenster, die Licht und Sonne hereinströmen lassen.

      Hm! Hat sich tüchtig heraus-

      gemacht – überlegt Hollweg, und da hört er auch schon seinen Namen rufen.

      Mit vorgestreckten Händen geht er auf den Freund zu.

      »Grüß Gott, Martin!«

      »Grüß Gott, alter Knabe!«

      Vor lauter Freude trommelt der äußerlich von Hollweg so sehr abstechende Bergmann dem Freund auf den Rücken. Er ist bedeutend kleiner als Hollweg, seine Gestalt rundlich, die hohe Stirn endet in einer Glatze. Aber hinter den dicken Brillengläsern blitzen ein paar lebhafte, gutmütige Augen.

      »Komm, Clemens«, fordert er den Freund auf und schiebt seinen Arm unter den des Freundes. »Du hast wie immer Glück. Eine Stunde habe ich Zeit für dich, dann muß ich in den OP. Aber heute abend, da sind wir doch zusammen?«

      »Schön, Martin.«

      Hollweg sieht sich auf dem Weg zum Zimmer des Freundes interessiert um. »Hat sich allerhand getan bei dir, seitdem ich nicht da war.«

      »Stimmt, Clemens«, lacht Bergmann. »Mit der zunehmenden Arbeit wächst der Erfolg. Geld fließt in die Kasse, und der Rubel rollt.«

      Sie lachen beide. Hollweg fühlt

      sich sofort wieder zu dem Freund

      hingezogen. Es ist genau wie früher, da sie beide noch keine berühm-

      ten Namen und auch wenig Geld hatten.

      »Und


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