Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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gut, ich füge mich, weil ich meine Tochter gesundheitlich nicht gefährden möchte. Aber ich bleibe noch hier. Wenn Sie etwas für mich tun wollen, dann finden Sie mich im ›Goldenen Löwen‹.«

      Sie verharrt schweigend auf ihrem Platz und sieht aus glanzlosen Augen hinter ihm her. Ihr kommt es vor, als gehe er gebückt, als trage er eine unsichtbare Last. Der Wunsch, ihm diese Last abzunehmen, steigt drängend in ihr auf, daß sie sich aufrafft und hinter ihm herläuft.

      »Seien Sie fest überzeugt«, stößt sie atemlos hervor, »daß ich alles für Sie tun werde. Sobald der rechte Augenblick gekommen ist, will ich zu Stefanie von Ihnen und Ihrem Hiersein sprechen.«

      Er streckt ihr dankbar und impulsiv die Hand entgegen.

      »Ich danke Ihnen.«

      Mehr vermag er nicht herauszubringen. Aber sein Blick voll Leid und Qual verfolgt sie, als er schon längst das Grundstück verlassen hat.

      *

      Niedergeschlagen, entmutigt, von Sorge um sein Kind erfüllt, tritt Hollweg den Rückweg an und schreckt zusammen, als plötzlich eine Gestalt im altmodischen, knisternden Seidenkleid vor ihm auftaucht.

      Sie starren sich an.

      »Milchen«, kommt es leise von Hollwegs Lippen. Er sieht in die trüben Augen der Alten, in das zerfurchte, vom Alter gezeichnete Gesicht und spürt die Welle des Hasses, die ihm entgegenschlägt.

      »Warum reisen Sie nicht ab, Herr Professor?« Die alte Frau sagt es mit einer Stimme, in der Tränen schwingen. »Sie dürfen das Kind nicht in neue Aufregung stürzen. Stefanie liebt Sie nicht und wird Sie niemals lie-

      ben. Sie werden nichts bei ihr erreichen, nichts. Sie richten nur Verwirrung an. Lassen Sie dem Kind seine Ruhe.«

      Zorn steigt in Hollweg hoch. »Ich bleibe«, erwidert er unnachgiebig. »Sie können mich nicht daran hindern, Stefanie zu sehen und alles zu versuchen, sie zu sprechen. Was wissen Sie, was zwischen Nina und mir war?«

      »Alles«, ist Milchens kurze Antwort.

      Fast mitleidig lächelt Hollweg. Ganz nahe tritt er an sie heran. Seine hellen Augen blitzen.

      »Sie haben Nina einen schlechten Dienst mit Ihrer Hetzerei getan.« Er macht eine kleine, wegwerfende Handbewegung. »Aber lassen wir das. Das ist vorbei und soll ausgelöscht sein. Jetzt geht es um mein Kind, Milchen, verstehen Sie, und da gebe ich nicht nach. Im Augenblick bin ich machtlos. Mit Stefanies Erkrankung habe ich nicht gerechnet. Fräulein Leubner wird mich über alles unterrichten. Sie wird eine bessere Wegbereiterin sein als Sie.«

      Eine kurze Verbeugung, und er geht an ihr vorüber, noch ehe sie auf seine leidenschaftlichen Anschuldigungen ein Wort der Erwiderung findet.

      Sie hastet ins Haus, in Stefanies Zimmer und bleibt vor Schreck wie angewurzelt stehen. Stefanie ist fort? Sie lag doch vorhin noch in ihrem Bett? Verstört rennt sie zu Maritta…

      *

      »Mein Vater ist hier?« Stefanies Augen hängen in ungläubigem Staunen an Marittas Lippen. Sie atmet schwer. Ihre Hände tasten ziellos umher und finden an der Sessellehne endlich einen Halt.

      Maritta bereut trotz Stefanies offensichtlicher Erschütterung, nicht von Hollwegs Besuch gesprochen zu haben. Ohne große Erklärung weiß sie, daß Stefanie nur über ihren Vater zurück zu ihrem Glück findet. Nur deshalb hat sie es gewagt.

      Sie erschrickt trotzdem über die Wirkung. Stefanie ist wie erstarrt, und auf alle Fragen Marittas bleibt sie stumm. Sie zieht sich förmlich in sich zurück.

      Schließlich fängt Maritta Stefanies Hand ein.

      »Stefanie, ich bitte dich, sei nicht so unnatürlich ruhig. Sag etwas. Glaube mir, er hat mir nicht nur imponiert, er hat mir leid getan, denn er trägt Leid um dich, vielleicht auch um deine Mutter. Darüber haben wir allerdings nicht gesprochen.«

      Ist es die Erinnerung an ihre Mutter? In Stefanies weißes Gesicht kommt langsam die Farbe.

      »Du hast mir einen schlechten Dienst erwiesen«, sagt sie tonlos. »Nie werde ich den Weg zu meinem Vater finden, nie!«

      »Stefanie«, fleht Maritta, »sprich dich mit ihm aus. Du bist wie ein eigensinniges, bockiges Kind –«

      »Nein!« Stefanie reißt ihre Hand aus der Marittas. Sie erhebt sich, spürt, wie schon einmal, wie es vor ihren Augen dunkel wird und taumelt.

      Schnell ist Maritta neben ihr und hält sie fest.

      »Was hast du, Stefanie?«

      Stefanie fährt sich mit der freien Hand über die Augen. Aller Widerstand ist zerbrochen in ihr.

      »Ich weiß nicht – meine Augen«, flüstert sie erschauernd. »Schon einmal war es ganz dunkel um mich. Ich dachte, ich würde ohnmächtig werden.«

      »Komm, Stefanie, ich bringe dich zu Bett. Du bist zu früh aufgestanden.«

      Doch Stefanie wehrt sich mit einem Anflug von Mut, der sie soeben gänzlich verlassen hatte.

      »Nein, Maritta, laß mich in den Garten gehen, bitte. Ich möchte ein wenig allein sein. Ich muß über alles nachdenken.«

      *

      Stefanie hat sich an den sie zuerst blendenden Sonnenschein gewöhnt. Angst treibt sie vorwärts. Wenn er nun irgendwo auftaucht, der Mann, der ihr Vater ist und den sie nicht sehen will? Der Mann, der ihrer Mutter Leben zerstört hat?

      Tief atmend bleibt sie stehen und schließt die Lider. Wie merkwürdig das flimmert, und wie schmerzhaft das ist!

      Sie hört Schritte auf dem Kies knirschen. In panikähnlicher Flucht macht sie kehrt. Wenn er ihr jetzt in den Weg läuft? Sie stolpert, verliert das Gleichgewicht und stürzt zu Boden. Der Kopf schlägt gegen die Steinfassung des Rondells. Nacht wird es um sie, und nach dem Schrei um Hilfe, den sie ausgestoßen hat, wird es ruhig, ganz ruhig um sie.

      *

      Professor Keller, der vom Malen zurückgekehrt ist, kniet als erster neben der schlanken Gestalt, dreht sie zu sich und sieht dicht neben dem linken Auge Blut hervorquellen.

      Er hält Stefanie Hollweg im Arm, hebt sie vom Boden auf und trägt sie ins Haus.

      Maritta schnellt aus dem Sessel, übersieht sofort die Lage und eilt, erregt bis in die Fingerspitzen, dem Professor voran.

      Milchen kommt angelaufen.

      »Stefanie hat einen Unfall gehabt«, treibt die blonde Frau die Haushälterin an. »Schnell, schnell, rufen Sie den Arzt.«

      Die Ohnmacht hält an, trotz aller Bemühungen Kellers und Marittas. Ängstlich sieht sie den Maler an.

      »Wenn doch endlich der Arzt käme«, flüstert sie.

      Draußen fährt ein Wagen vor. Schritte kommen die Treppe empor. Milchen läßt Dr. Hilmer eintreten.

      Nach kurzer Untersuchung wendet er sich den beiden Menschen zu, die in den Hintergrund getreten sind.

      »Hm! Sieht schlimm aus. Ich muß die Wunde nähen. Wollen Sie mir dabei helfen?«

      Maritta nickt und kommt näher. Sie zwingt sich mit aller Macht zur Ruhe. Auf die leisen Befehle des Arztes macht sie die nötigen Handreichungen.

      Sie ist wie von einem Alpdruck befreit, als sich der Arzt aufrichtet. Durchdringend ist der Geruch des Jodoforms. Die Luft ist geschwängert damit. Und Stefanie liegt farblos und unheimlich still in den Kissen, die Augen mit einem weißen Verband verhüllt, anders konnte Dr. Hilmer die Wunde nicht schützen.

      Bedrückende Stille herrscht in dem Raum. Keiner wagt, sie mit einem Wort zu unterbrechen. Endlich gibt Stefanie die ersten Lebenszeichen von sich. Unruhig irren die Hände umher, tasten zu den Augen empor, und ein tiefer, schmerzlicher Seufzer löst sich von ihren weißen Lippen.

      Dr. Hilmer neigt sich über sie.

      »Stefanie«, redet er sie mit väterlich zärtlicher Stimme


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