Butler Parker 141 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 141 – Kriminalroman - Günter Dönges


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> Butler Parker – 141 –

      Butler Parker fühlte sich heiter und entspannt.

      Er lustwandelte durch einen gepflegten Park, wie man ihn eigentlich nur in England antrifft. Obwohl die Baumgruppen, sattgrünen Wiesen und kleine Teiche scheinbar regellos angelegt worden waren, spürte man doch die ordnende Hand des Landschaftsgärtners, der einen sicheren Blick für Wirkung hatte. Entlang der schmalen Wege, die sich durchs Grün schlängelten, standen überall Rhododendron-Sträucher und boten ihre farbige Pracht an. Auf kleinen Teichen tummelten sich Wildenten, die keineswegs an Flucht dachten, als der Butler auftauchte.

      Es war keine Frage, Josuah Parker paßte hierher in die gepflegte Umgebung. Er war etwas über mittelgroß, fast schlank und trug über seinem schwarzen Zweireiher einen ebenfalls schwarzen Covercoat. Auf seinem Kopf saß die schwarze Melone, am angewinkelten linken Unterarm hing sein altväterlich gebundener Regenschirm. Parker bot das Bild eines hochherrschaftlichen Butlers bester britischer Schule.

      Er war am Vortag zusammen mit Agatha Simpson hierher auf den Landsitz seiner Herrin gekommen. Die immens vermögende Lady wollte einige Tage Urlaub machen und hatte sich für diese ihrer vielen Besitzungen entschieden. Sie befand sich in der Grafschaft Surrey, südwestlich von London, wo Parker seit längerer Zeit nicht mehr war. Lady Agatha hatte gerade ihren Tee genommen und hielt sich in Dorkwell-Castle auf, wie der Landsitz hieß. Sie wollte ein wenig meditieren, wie sie behauptet hatte, doch in Wirklichkeit saß sie vor dem Fernsehapparat und sah sich einen Krimi an.

      Parker hatte also etwas freie Zeit und nutzte sie. Mit Aufregungen war hier auf dem Land ohnehin nicht zu rechnen. Und er hatte wirklich nichts dagegen. Erst vor wenigen Tagen hatte man einen Kriminalfall glücklich beenden können. Agatha Simpson war dabei wieder mal zur Höchstform aufgelaufen und hatte für Verwicklungen am laufenden Band gesorgt. Dabei war Parker ungemein gefordert worden, um Schaden von der älteren Dame abzuwenden. Auch seine Nerven sehnten sich nun diskret nach ein wenig Ruhe, und die war hier draußen auf dem Landsitz so gut wie garantiert. Die nächsten Dörfer waren weit entfernt und boten ein Bild ländlicher Idylle. Die Zeit schien langsam und auf Zehenspitzen zu gehen. Parker, der sich einem blühenden Rhododendron-Strauch genähert hatte und sich vorbeugte, um eine ganz spezielle Blüte zu bewundern, hörte rechts davon plötzlich ein scharrendes Geräusch, das wohl von einem kleinen Tier verursacht worden war. Vorsichtig und durchaus höflich zog Parker sich sofort zurück, um dieses Tier nicht zu stören. Er fühlte sich als Gast hier und dachte nicht im Traum daran, angestammtes Wild zu verjagen.

      Dann aber blieb er stehen und konzentrierte sich auf das Geräusch, das in dumpfes Stöhnen übergegangen war. Seinem Wissen nach war ein Tier nicht in der Lage, solche Laute zu produzieren.

      »Braucht man möglicherweise meine mehr als bescheidene Hilfe?« rief Parker halblaut. Ohne eine Antwort abzuwarten, beschrieb der Butler einen Bogen und näherte sich dem dichten Unterholz von der Seite. Mit der Spitze seines Universal-Regenschirms teilte er dann einige Zweige und ... erblickte einen am Boden liegenden Mann, der einen recht mitgenommenen Eindruck machte. Er blutete aus Gesichtsverletzungen und schien Ärger mit dem linken Bein zu haben. Er hielt es sich mit beiden Händen in Höhe des Knies und blickte dabei den Butler aus entsetzten Augen an.

      »Darf man davon ausgehen, daß Sie das Opfer eines Unglücksfalles wurden?« fragte Parker und lüftete höflich die schwarze Melone.

      »Wer ... Wer sind Sie?«

      »Parker mein Name, Josuah Parker«, stellte der Butler sich vor, »haben Sie sich möglicherweise das Bein gebrochen?«

      »Gehen Sie weiter, bitte«, drängte der etwa Fünfundzwanzigjährige, der Jeans und ein kariertes Hemd trug, »schnell, bevor man uns sieht.«

      »Werden Sie verfolgt?« lautete Parkers nächste Frage. Er blieb selbstverständlich dort, wo er war.

      »Bitte, so gehen Sie doch«, drängte der junge Mann erneut, »wenn die uns sehen, sind auch Sie reif...«

      »Sie befinden sich auf Privatbesitz, doch dies nur zur Erklärung und am Rand«, schickte der Butler voraus, »es ist selbstverständlich, daß ich Ihnen meine Hilfe nicht nur anbiete. Die Tat wird umgehend folgen.«

      »Mann, Sie haben ja keine Ahnung, wer die Kerle sind«, stöhnte der Verletzte, »hauen Sie ab, solange Sie’s noch können!«

      »Sie sind offensichtlich wehr- und waffenlos.«

      »Hören Sie ...?« Der junge Mann hob den Kopf ruckartig, als ein gellender Pfiff zu vernehmen war.

      »Wenn Sie erlauben, werde ich Ihnen ein wenig Gesellschaft leisten«, schlug Josuah Parker vor. Er schob sich ins Gesträuch und ordnete hinter sich die Zweige. Dann spähte er den schmalen Weg hinunter und brauchte nicht lange zu warten, bis zwei stämmige, untersetzte Männer zu sehen waren. Sie trugen Axtstiele in Händen und machten einen durchaus kriegerischen Eindruck.

      Sie schoben sich vorsichtig näher und musterten die Sträucher und Büsche links und rechts vom Weg. Noch schienen sie keine Spuren entdeckt zu haben.

      Der junge Mann neben Parker hielt plötzlich ein langes Messer in der rechten Hand und richtete sich auf. Dabei zerbrach er einen Zweig unter sich und erregte so die Aufmerksamkeit der beiden Männer. Sie blieben sofort stehen und nickten sich dann zu, wie Parker deutlich sah. Dann trennten sie sich und wollten den Rhododendron-Strauch quasi in die Zange nehmen.

      Josuah Parker sah sich veranlaßt, seine heitere und entspannte Grundstimmung aufzugeben.

      *

      Der Stämmige sah sich plötzlich Parker gegenüber und kam vor lauter Verblüffung nicht dazu, mit seinem Axtstiel, den er zum Schlag erhoben hatte, zuzulangen.

      »Messen Sie meiner Reaktion keine Bedeutung bei«, schickte Josuah Parker voraus, um dann seinerseits zuzuschlagen. Er benutzte dazu den Bambusgriff seines Regenschirms, der mit Blei ausgegossen war. Entsprechend war die Energie, die er an die Stirn des Mannes weiterreichte. Der Getroffene öffnete den Mund und wollte mit einiger Sicherheit wohl noch einen Schrei ausstoßen, schaffte es jedoch nicht mehr. Er ließ sich zu Boden und legte sich auf eine schmale Moosbank.

      »Is’ da wer?« rief der zweite Stämmige, der Parkers verbale Versicherung mitbekommen hatte. Der Mann war noch nicht zu sehen, doch er schob sich bereits mit Wucht durch das dichte Unterholz, entdeckte den jungen Mann und grinste dann breit und siegessicher. Den Butler sah er hingegen nicht. Parker hatte hinter einem mannshohen Strauch Deckung bezogen.

      »Da sind wir ja«, sagte der Stämmige genüßlich und baute sich breitbeinig auf, »wer wollte denn da abhauen?«

      »Mike, mach’ keinen Unsinn«, stieß der junge Mann hervor, »ich hab’ nichts gesehen und gehört, laß’ mich verduften.«

      »Wo steckt Joe?« wollte der Stämmige wissen. Er bezog sich für Parker auf jenen Mann, den er eben erst zu Boden geschickt hatte. »Der muß doch gerade hier gewesen sein.«

      »Joe ist...«

      » ... momentan unansprechbar und steht nicht zur Verfügung«, schaltete Josuah Parker sich ein und trat hinter dem Strauch hervor. Auch jetzt lüftete er höflich die schwarze Melone.

      »Wer is’ denn das?« Der zweite Stämmige riß seine Augen weit auf und starrte den Butler an.

      »Ich habe die unzweifelhafte Ehre und auch den Vorzug, Lady Simpsons Butler sein zu dürfen«, erwiderte Josuah Parker, »bei dieser durchaus passenden Gelegenheit möchte meine Wenigkeit darauf verweisen, daß Lady Simpson die Besitzerin dieser diversen Ländereien ist.«

      »Mann, aus welchem Museum stammen denn Sie?« Der Stämmige konnte es noch immer nicht fassen und verengte die Augen.

      »Sie frönen einem eigenwilligen Humor«, stellte der Butler fest, »suchen Sie möglicherweise Ihren Begleiter?«

      »Genau, Mann. Wo steckt er?«

      »Er befindet sich augenblicklich in einem Zustand der totalen Entspannung«, antwortete der Butler und deutete mit der Spitze seines Regenschirms auf den am Boden liegenden Mann, den der zweite Mann bisher übersehen hatte.

      Der Angesprochene beging den Fehler, seinen Blick von Parker abzuwenden. Als er sich dieses Fehlers bewußt wurde,


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