DIE GRENZE. Robert Mccammon

DIE GRENZE - Robert Mccammon


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jetzt leiser und nicht mehr so ​​harsch. In ihr lag ein Zittern, das er vertrieb, indem er sich räusperte. »So sind eben die Zeiten. Richtig, Doc?«

      »So ist es«, sagte John Douglas. Er streckte die Hand aus und berührte Ethans Arm. Es war die sanfte Berührung eines Kinderarztes. »Was für Zeiten«, sagte er, und Ethan blinzelte seine Tränen weg und nickte, weil Tränen keine Schlachten gewinnen und nichts wieder gutmachen würden.

      »Sie wird ihn sehen wollen«, sagte Dave und sah den Doktor an. »Wenn du dir sicher bist?«

      »Ich bin sicher. Ethan, du kannst mich JayDee nennen. Okay?«

      »Ja, Sir.«

      »Gut. Lass uns aus diesem Loch hier verschwinden.«

      Sie führten ihn durch die metallverstärkte Tür hinaus in das gelbliche, nebelverwaschene Licht. Ein halbes Dutzend Menschen – dünn, die Kleidung viele Male geflickt und kaum gewaschen – standen in der Nähe der Tür und warteten darauf, wie sich das kleine Drama im Inneren entwickelte. Als Ethan auftauchte, zogen sie sich über die Treppe nach oben zurück.

      »Hier entlang.« JayDee führte Ethan nach links über ein Gelände, das der Parkplatz für das niedrigste Gebäude gewesen war. Der Regen hatte aufgehört und die Sonne brannte heiß durch die gelbsüchtigen Wolken. Die Luft roch nach Elektrizität, wie vor einem Gewitter. Der Geruch und die Luft selbst waren schwer und feucht. Es war keinerlei Bewegung in der Luft. Ethan folgte den drei Männern über den Parkplatz, vorbei an einer Reihe ungenutzter Tennisplätze und einem Swimmingpool voller Trümmer, an dessen Boden sich eine kleine Pfütze Regenwasser gesammelt hatte. Dem Jungen fiel auf, dass hier Menschen aus allen Generationen im Schutz dieser provisorischen Festung versammelt waren. Es gab Frauen, die Babys und Kleinkinder hielten, es gab ältere Kinder und Teenager bis hin zu alten Menschen, die vielleicht schon ihre Siebziger erreicht hatten. Einige arbeiteten, die Kräftigen hackten Holz und legten die Scheite zu ordentlichen Stapeln, andere kümmerten sich um die Außenwände und verstärkten die Stellen, die beschädigt aussahen, und wieder andere hatten verschiedene Aufgaben übernommen, die für das Überleben dieser Gemeinschaft wichtig waren. Die meisten Bewohner hielten in ihrer Arbeit inne und sahen Ethan und den Männern zu, wie sie vorbeigingen. Alle waren dünn und bewegten sich wie in Zeitlupe, wie in einem Albtraum. Ihre Gesichter waren ausdruckslos, die Augen lagen tief in ihren Höhlen. Aber auch sie waren Überlebende. In einem umzäunten Bereich auf einem mit braunem Gras bewachsenen, felsigen Hügel zählte Ethan acht Pferde. In der Nähe stand eine kleine Scheune aus Holz, die sicher nicht zur Originalausstattung des Apartmentkomplexes gehört hatte. Ohne Treibstoff waren echte Pferdestärken die einzige Möglichkeit, weite Strecken zurückzulegen.

      »Hier hoch«, sagte JayDee und bedeutete Ethan, eine weitere Treppe im Hauptgebäude nach oben zu steigen. Die Wände waren mit Graffiti bemalt, in Rot, Weiß und Blau. Neben anderen stummen Ausrufen verkündeten sie: Wir werden nicht sterben, Diese Welt gehört uns und Morgen ist ein neuer Tag. Ethan fragte sich, ob die Menschen, die das geschrieben hatten, noch lebten.

      Er stieg hinter JayDee die Treppe hinauf, gefolgt von Dave McKane und Roger Pell. Im zweiten Stock blieb der Doktor vor einer Tür mit der Nummer 227 stehen und klopfte an. Kurz bevor die Tür aufging, kreischte etwas über sie hinweg, so schnell, dass es nur flüchtig als gelbbraun gefleckte, dreieckige Form erkennbar wurde. Alle außer Ethan zuckten zusammen, denn er war es leid davonzulaufen, und wenn er heute sterben würde, dann ohne vor seinem Schicksal auf die Knie zu fallen.

      Die Tür öffnete sich und ein schlanker Mann mit blassem Gesicht und einer Masse lockiger, rötlicher Haare und einem ingwerfarbenen Bart spähte heraus. Er trug eine Brille, die von Isolierband zusammengehalten wurde. Die Linsen vergrößerten seine grauen Augen. Er trug einen schmutzigen Overall und ein braun kariertes Hemd. In der Hand hielt er ein Klemmbrett mit einem Block gelben Papiers, auf dem Ethan Zahlenreihen erblickte. Aus der linken Seite seines Mundes ragte der Stummel eines abgekauten Bleistifts heraus.

      »Sei gegrüßt, Gary«, sagte JayDee. Er deutete auf Ethan. »Wir haben einen neuen Mitbewohner.«

      Die durch die Brille vergrößerten Augen des Mannes betrachteten Ethan. Seine rötlichen Augenbrauen hoben sich. »Du bist wohl in den Schlamm gefallen?«, fragte er. Ethan nickte.

      »Jemand Neues?«, fragte eine Frauenstimme hinter Gary, der genau wie John Douglas eine Pistole in einem Holster an der Hüfte trug. »Lasst mich einen Blick auf ihn werfen.«

      Gary ging beiseite. JayDee ließ Ethan zuerst die Wohnung betreten. Hinter einem Schreibtisch saß eine Frau und hinter ihr an der Wand hing ein großes, expressionistisches Gemälde, auf dem wilde Pferde über ein Feld galoppierten. Die Glasschiebetür, die auf den Balkon führte, wurde offenbar vor allem von kunstvoll verteiltem Klebeband gehalten. Der Balkon wies auf die fernen Berge, die vor kurzem hinter Ethan explodiert waren. Auf dem Boden lag ein karmesinroter Teppich, es gab zwei Stühle, einen Couchtisch und ein braunes Sofa. Alles sah aus wie Zeug aus dem Trödelladen, aber zumindest machte es den Raum gemütlich. Mehr oder weniger. An einer anderen Wand war ein Gestell mit drei Gewehren angebracht, von denen eines ein Zielfernrohr besaß. Ein paar Öllampen waren aufgestellt. Ihre Dochte glommen nur. Eine zweite Frau saß auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch. Auch sie hatte ein Klemmbrett vor sich, in das ein Block gelbes Papier gespannt war. Auf dem Papier standen lange Zahlenreihen. Offenbar fand eine Art Treffen statt, bei dem Zahlen zusammengetragen wurden, und als Ethan sich dem Schreibtisch näherte, hatte er das deutliche Gefühl, dass die Zahlen nichts Gutes bedeuteten.

      Beide Frauen standen auf, als wäre er den Respekt wert. Er dachte, vielleicht war er das auch, schließlich hatte er es bis hierhin geschafft, ohne von Gorgonen-Monstern oder Cypher-Soldaten getötet zu werden. Die Frau hinter dem Schreibtisch war die ältere der beiden. Sie trug eine blassblaue Bluse und eine graue Hose, um ihren Hals hing eine Kette aus türkisfarbenen Steinen mit einem silbernen Kruzifix in der Mitte. Sie sagte: »Was haben wir hier?« Ihre dunkelbraunen Augen verengten sich und richteten sich rasch auf JayDee.

      »Er ist ein Mensch«, sagte der Doktor und beantwortete ihre unausgesprochene Frage. Aber in seiner Stimme lag noch etwas anderes. Soweit ich das beurteilen kann, war, was Ethan heraushörte. »Es gibt nur ein Problem. Er weiß nicht, wie er …«

      »Ich heiße Ethan Gaines«, sagte der Junge, bevor JayDee den Satz beenden konnte.

      »… hierhergekommen ist«, fuhr der Doktor fort. Gary hatte die Wohnungstür geschlossen, nachdem auch Dave und Roger hereingekommen waren. Die Geräusche der im Freien Arbeitenden drangen gedämpft herein. »Ethan hat keine Erinnerung daran, woher er kommt oder wo seine Eltern sind. Er ist … sagen wir so … ein Geheimnis.«

      »Hannah hat ihn durch ihr Fernglas gesehen«, sagte Dave. Seine Stimme war weniger rau, aber immer noch voller Ecken und Kanten. Er setzte seine Baseballmütze ab. Braune Haare kamen zum Vorschein, die an mehreren Stellen zu Berge standen und graue Strähnen aufwiesen, vor allem an den Schläfen. »Ich hatte mich entschieden, ihm zu folgen. Hatte keine Zeit, es mit dir oder irgendjemand anderem zu besprechen.«

      »Mutig oder verrückt, was von beiden ist es?«, fragte die Frau hinter dem Schreibtisch. Sie klang verärgert, als schätzte sie sein Leben mehr als einen wilden Ausritt auf ein Schlachtfeld. Ihr Blick wanderte wieder zu dem Jungen. »Ethan«, sagte sie. »Ich bin Olivia Quintero. Ich nehme an, ich bin hier die Anführerin. Zumindest sagen die anderen das. Ich schätze, ich sollte dich begrüßen. Also, willkommen in Panther Ridge.«

      Ethan nickte. Er dachte bei sich, dass es sicher unzählige Orte gab, an denen es schlimmer war als hier. Zum Beispiel überall außerhalb dieser Mauern. Er betrachtete Olivia Quintero, die ein beruhigendes Selbstvertrauen und starke Willenskraft ausstrahlte. Er vermutete, dass sie deshalb hier die Anführerin war. Sie war eine großgewachsene Frau, sehr schlank, und wahrscheinlich hatte sie der Mangel noch schlanker gemacht. Aber ihre Körperspannung verriet, dass sie hart im Nehmen war. Ihr Gesicht war ruhig und gelassen, mit einer hohen Stirn und kurzen weißen Haaren. Ethan schätzte, dass sie vielleicht Mitte fünfzig war. Ihre Haut war durch ihr hispanisches Erbe leicht dunkel, über ihre Stirn zogen sich lange Linien, und von ihren Augenwinkeln gingen tiefe Falten aus. Aber im Übrigen hatte sie die


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