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wir werden sehen. Zuerst fahren wir nach Windfeld und reden mit den Rangern dort. Dann mache ich irgendwie ein Treffen mit meinen alten Kollegen Sebastian und Sam aus, um Neuigkeiten von den Schattenbringern zu hören. Und dann überlegen wir, wie es weitergeht.“
„Genau.“ Ich lächelte ihn an. „Unser Plan muss funktionieren. So erfahren wir bestimmt alles, was wir wissen müssen, um etwas gegen den Krieg zu unternehmen.“
Ohne seinen Blick von der Straße zu nehmen, griff Lloyd nach meiner linken Hand. „Wir lassen nicht zu, dass diese Organisationen Fioria zerstören.“
Kurz drückte ich seine Finger, bevor er sie wieder um das Lenkrad schloss. „Es wird bestimmt nicht einfach, aber wir haben auf jeden Fall die Unterstützung der Fiorita. Und ich wette, dass uns die Windfeld-Ranger auch helfen werden. Aber wie willst du Kontakt zu Sebastian aufnehmen? Du hast dein Handy doch zurückgelassen. Weißt du etwa, wo er ist?“
„Nein, er könnte überall sein“, lachte Lloyd. „Wofür auch immer ihn Erik eingeteilt hat. Er könnte im Hauptquartier sein, in einem der Unterschlupfe ... Aber ich finde ihn schon. Seine Handynummer kenne ich nämlich seit Jahren auswendig, dafür brauche ich mein eigenes Handy nicht.“
„Ach, super. Und er wird uns wirklich verraten, was die Schattenbringer vorhaben?“, erkundigte ich mich. Er war zwar Lloyds bester Freund, aber das hieß ja nicht automatisch, dass er uns sagte, was wir wissen wollten. Immerhin war er ein Schattenbringer.
„Ja, er hilft mir bestimmt. Außerdem kann ich mir schon einiges denken. Ich kenne den Boss, ich kenne die Organisation und ich kenne die Sponsoren, die was gegen die Ranger haben. Im Notfall habe ich genug Insiderwissen.“
Es erstaunte mich, dass er plötzlich von dem Thema sprach, das er bisher totgeschwiegen hatte. Er hatte mir nie sagen wollen, was er als Schattenbringer alles getan hatte, welche Sponsoren sie unterstützten oder wo ihr Hauptquartier lag. Und ich hatte nicht nachgefragt, weil ich wusste, wie dringend er mit dieser Verbrecherorganisation abschließen wollte. „Würdest du das Wissen auch nutzen?“, wunderte ich mich.
„Inzwischen schon“, antwortete er leise.
„Ich dachte, du wolltest alles vergessen.“
„Das konnte ich aber nie ganz“, gestand er. „Ich hab genug von diesem Kampf, also werde ich alles tun, was nötig ist, um ihn zu beenden. Takuto soll in einer friedlichen Welt aufwachsen.“
Beinahe wären mir die Tränen gekommen, als ich diese Worte hörte. Ich legte meine Hand auf Lloyds Schulter. „Dann halten wir die Ranger und Schattenbringer so schnell wie möglich auf! Es wird Zeit.“
Er nickte mir zu. „Ganz deiner Meinung.“
Je näher wir der Grenze zwischen den äußeren Provinzen und dem Bezirk der Ranger kamen, desto schneller raste mein Herz. Doch ich wusste, dass ich meiner Familie zuliebe alles überstehen konnte, was uns in den nächsten Tagen erwartete. Auch wenn ich noch keine Vorstellung davon hatte, was genau es sein würde.
Kapitel 5
Langersehntes Wiedersehen
„Mia, wir sollten schlafen“, flüsterte Lloyd.
„Ich kann nicht“, wisperte ich verzweifelt. „Ich hab solche Angst. Morgen früh kommen wir echt in Windfeld an.“
Obwohl es dunkel im Hotelzimmer war, sah ich, dass seine blauen Augen auf mir ruhten. „Ich verstehe ja, dass du aufgeregt bist“, räumte er ein. „Aber was bringt es, wenn du übermüdet in die Zweigstelle gehst?“
„Bist du denn gar nicht nervös?“, entgegnete ich und nahm seine Hände in meine. Wir lagen in einem Doppelbett, einander zugewandt, und redeten so leise wie möglich, um Takuto im Kinderbett nicht zu wecken. „Du triffst vielleicht auf deine alten Kollegen. Wir werden möglicherweise verhaftet, weil wir gesuchte Verbrecher sind.“
„Für manche Sachen hätte ich es verdient, ins Gefängnis zu kommen“, murmelte er und ballte seine Hände zu Fäusten, sodass er meine Finger ein wenig einquetschte.
„Was meinst du?“, wunderte ich mich.
Er wich meinem Blick aus. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich mich auf Eriks Befehl hin strafbar gemacht hab.“
Beruhigend strich ich ihm über den Handrücken, sodass er seinen Griff wieder lockerte. „Aber du hast nie erzählt womit.“
„Willst du es denn wirklich wissen?“, fragte er. „Auch wenn es ... hässliche Sachen waren?“
„Ich wüsste es schon gerne“, gestand ich. „Wenn du es nicht erzählen willst, ist es okay, dann dränge ich dich nicht dazu. Aber wenn doch, würde ich dir jederzeit zuhören.“ Ich pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Und es würde nichts an meinem Bild von dir ändern, das verspreche ich dir.“
Kurz zögerte er.
„Na gut. Angefangen hat’s damit, dass ich ihn bei krummen Geschäften beschützen sollte. Ich hab ja schon lange vor der Ausbildung zum Schattenbringer mit dem Kampfsport angefangen. Und ich will gar nicht zählen, wie viele Knochen ich bei diesen Deals gebrochen habe, selbst wenn Eriks Geschäftspartner bloß einen anderen Preis oder irgendwelche kleine Änderungen wollten ...“
„Verdammt“, flüsterte ich, wütend auf meinen Vater und seine Methoden.
„Bald musste ich selbst solche Geschäfte abschließen, irgendwie grenzte das schon an Erpressung, was ich tun sollte“, fuhr er fort. „Ich hab’s aber gemacht. Manche Typen hatten es nicht besser verdient, das waren selbst Kriminelle und trotzdem ...“ Er seufzte betrübt. „Manchmal sollte ich neue Mitglieder anwerben. Mir tut immer noch jeder Einzelne leid, den ich in die Organisation gelockt habe.“
Mir wurde übel, als ich hörte, was mein Vater alles von Lloyd verlangt hatte.
„Und letztendlich hatte ich die Aufgabe, eine andere Gruppe von Verbrechern zu sabotieren. Die sind Erik gewaltig auf die Nerven gegangen, also sollte ich ihre Anführer so verschrecken, dass wir keine Probleme mehr mit ihnen hätten. Natürlich war das einzige Mittel dazu rohe Gewalt. Aber ich will nicht weiter ins Detail gehen“, schloss er die Erzählung.
Ich drückte seine Hände. „Dass du so was erleben musstest, tut mir schrecklich leid. Zum Glück bist du aus der Organisation rausgekommen.“
„Schönes Gefühl, wenn man nicht verurteilt wird“, hauchte er leise und legte seine Stirn an meine.
„Du hast das ja nicht freiwillig gemacht“, schnaubte ich. „Aber nach allem, was du wegen der Schattenbringer durchstehen musstest, allein wie sie dich fertiggemacht haben, weil du mir geholfen hast ... Willst du wirklich zurück? Ich weiß nicht, ob ich mich das an deiner Stelle trauen würde.“
„Ich will nicht einfach weglaufen“, erklärte er. „Und wenn unsere Rückkehr dafür sorgt, dass die Schattenbringer niemandem mehr schaden können, ist es das doch wert.“
„Wir müssen diese Bande aufhalten“, wisperte ich.
„Das werden wir“, versicherte er mir und küsste mich.
Sofort ging ich darauf ein, froh über diese süße Ablenkung in einer so finster erscheinenden Nacht. Lloyds Nähe tat so gut, sie ließ mich vergessen, was vor uns lag. Sie ließ mein Herz höher schlagen und die Nacht schneller vergehen. Ich umarmte ihn fester, wobei ich endlich zur Ruhe kam.
Ab morgen mussten wir stark sein.
Unablässig zupfte ich an meinem Pullover, während ich auf meine Jeans starrte. Seit wir das Ortsschild von Windfeld passiert hatten, wagte ich es nicht mehr, den Kopf zu heben und aus dem Fenster zu schauen.
„Glaubst du, du wirst sofort verhaftet, wenn du dich nicht zusammenkauerst?“, erkundigte sich Lloyd mit einem skeptischen Seitenblick auf mich.
„Ähm ... nein, die Sonne ist