Fiona - Sterben. Zsolt Majsai
dann folgt sie unserem Beispiel. Schließlich überwindet sich Thomas auch. Er sieht ziemlich durchtrainiert aus, kein Gramm Fett, gut gezeichnete Muskeln, kraftvolle Bewegungen – früher hätte ich mich sogar in ihn verlieben können.
Noch während wir im Wasser sind, klingelt mein Handy. Ich klettere aus dem Pool und fische es aus meiner Hosentasche.
Meine Mutter ist dran. „Alles in Ordnung?“
„Hallo Mama“, erwidere ich. „Was ist passiert?“
„Das wollte ich dich fragen! Wir haben das grad im Fernsehen gesehen, in den Nachrichten! Das warst doch du, oder?“
„Ach so, das meinst du. Ja, ich war daran beteiligt und mir geht es gut.“ Ich betrachte Sarah, die mit kraftvollen Bewegungen ihre Bahnen zieht.
„Aber was war denn da los? Eine Verfolgungsjagd durch die halbe Stadt?“
„Erzähle ich euch mal bei Gelegenheit. Wir haben jetzt gerade Besuch. Aber alle sind wohlauf, macht euch keine Sorgen.“
Ich verabschiede mich von ihr, springe zurück ins Wasser und schwimme zu Katharina, die mich fragend ansieht.
„Meine Mutter. Sie haben es im Fernsehen gesehen.“
„Deine Eltern wissen Bescheid?“, erkundigt sich Thomas.
„Mehr oder weniger.“
„Und wer weiß nicht Bescheid?“
„Die meisten.“
„Gut.“ Er schwimmt mit kräftigen Zügen davon und schließt sich seiner Schwester an.
„Er hat einen knackigen Po“, stellt Katharina fest.
„Hey!“
„Ich sag es ja nur.“
Statt einer Antwort dränge ich sie gegen den Rand und küsse sie. Achte gefälligst nur auf meinen Po! Der ist auch knackig.“
„Das stimmt. Aber wenn du Sarah anschauen darfst, darf ich Thomas anschauen.“
„Ich habe Sarah angeschaut?“
„Ja. Sie sieht ja auch süß aus.“
„Sie ist eine Hexe. In jeder Hinsicht.“
„Das habe ich mitbekommen“, erwidert Katharina lachend.
Kurzfristig komme ich in Versuchung, denn unsere Körper berühren sich unter Wasser und ich spüre deutlich ihre verhärteten Brustwarzen. Aber das wäre selbst mir zu viel, beim Sex von Katharinas Tochter und den beiden Fremden beobachtet zu werden.
„Ich hatte es mir so schön vorgestellt, wie du nach Hause kommst und wir danach total enthemmten Sex haben“, flüstere ich ihr ins Ohr.
„Was hindert uns daran?“
„Du würdest das machen? Hier und jetzt?“
„Jetzt ja, aber ganz bestimmt nicht hier. Dass meine Tochter mich nackt sieht, stört mich nicht, ich habe sie nicht dazu erzogen, einer dieser verklemmten kichernden Teenies zu sein und schon gar nicht eine dieser verklemmten Erwachsenen, die diese Welt ins Verderben stürzen. Aber Sex ist Privatsache.“
„Ja, das stimmt. Das ist der einzige Grund, warum ich nicht über dich herfalle.“
„Dann lass uns hochgehen. Die Geheimnisse werden schon auf uns warten.“
„Wirklich?“ Meine Lippen berühren beim Sprechen ihren Mund. „Deine Lust ist größer als deine Neugierde?“
„Definitiv und ich stehe dazu.“
„Okay. Lass uns hochgehen.“ Ich schwimme voraus und beim Rausklettern sage ich zu unseren Gästen: „Entspannt euch und lasst euch bedienen. Abendessen gibt es in etwa einer Stunde, dann sprechen wir über alles.“
„Und was macht ihr?“, erkundigt sich Sarah.
Ich lege den Zeigefinger lächelnd auf meinen Mund, dann ziehe ich die kichernde Katharina mit mir.
„Jetzt hast du sie verwirrt“, sagt sie auf der Treppe.
„Ist mir egal.“
Ihr auch, glaube ich.
Sarah trägt ein Kleidchen und Thomas Shorts. Die beiden Mädchen sind nicht zu sehen.
Sarah bemerkt meinen suchenden Blick und sagt: „Sie ziehen sich was an und kommen dann. Und sie haben uns unsere Zimmer gezeigt. Das Haus ist ja ganz schön krass. Lebt ihr allein darin?“
„Mehr oder weniger.“
Der Tisch ist bereits für sechs Personen gedeckt, allerdings fehlen die Getränke. Katharina spielt Gastgeberin und bereitet Cocktails zu. Sarah und Thomas nehmen Wodka Martini. Ich schwanke kurz und entscheide mich schließlich für meinen heißgeliebten Caipi.
Sarah beobachtet Katharina, die einen buntgemusterten Bikini trägt. Mir wird klar, dass Sarah Erfahrung mit Frauen hat. Ihr Blick ist sehr eindeutig. Verstehen kann ich sie ja.
Sie merkt, dass ich sie ansehe und erwidert meinen Blick grinsend.
Als Jody und Helena da sind, servieren die unsichtbaren Diener die Suppe. Die ersten Minuten vergehen schweigend, in denen ich vor allem Sarah und Thomas mustere. Meine Anspannung steigt allmählich, denn ich kann mir nicht so richtig vorstellen, was sie eigentlich von mir wollen. Und außerdem habe ich ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache, wenn ich mir selbst gegenüber ehrlich bin.
Sarah blickt mich an und lächelt. „Bevor Fiona an einem Herzinfarkt stirbt, erzähle ich euch ein bisschen, okay? Im Vorfeld vielleicht noch die Frage, ob Helena und Jody alles mithören dürfen? Mir ist klar, dass Helena auch Dämonenblut in sich trägt und dass Jody genauso eine Hexe ist wie ich.“
„Sie dürfen alles wissen“, bestätige ich.
„Also gut. Wo soll ich bloß anfangen? Vielleicht mit Dargk. Als wir ihn kennengelernt haben, waren wir zu dritt auf der Flucht: Katharina, Thomas und ich. Damals wussten wir auch nicht, dass ich mit den beiden auch verwandt bin, Thomas war mein bester Freund. In jeder Hinsicht. Wir … wir haben meine Eltern umgebracht, weil wir dachten, sie wären schlecht für unser Land. Erst später fanden wir heraus, dass wir vollständig vergessen hatten, dass sie mich jahrelang als Kind missbraucht haben. Ich wurde sogar schwanger und musste abtreiben lassen, ich glaube, mit 13 oder 14. Ist eine lange Geschichte, die nur bedingt was mit euch zu tun hat. Insofern schon, als dass meine Großmutter uns zu Dargk geschickt hat, er würde uns schon helfen. Weil nämlich, nachdem wir meine Eltern, also auch Thomas’ Vater, getötet hatten, wurden wir von einem unserer Freunde verraten und sollten hingerichtet werden. Unsere anderen Freunde sind dabei auch gestorben, aber wir wurden gekreuzigt, um uns ganz besonders lange leiden zu lassen. Meine Großmutter und Katharina haben uns dann gerettet. So, als wir dann bei Dargk waren, haben sich Katharina und Dargk ineinander verliebt und haben ein gemeinsames Kind.“
„Der Neffe einer Königin und Sohn von Dargk?“
„Genau.“ Sarah und ich genießen die verwunderten Blicke der anderen, ohne sie aufzuklären. „Das mit dem Kind haben sie allerdings gemacht, während Thomas und ich in einer anderen Zeit unterwegs waren. Zumindest dachten wir das. Inzwischen wissen wir es besser. Wir waren in einer Parallelwelt, die einfach schon länger existiert und aussieht, wie diese hier vielleicht in zweitausend Jahren aussehen wird. War eine interessante Erfahrung, aus einer Welt mit Pferden und Schwertern, ähnlich wie euer Mittelalter, in eine Welt mit Raumschiffen und Wurmlöchern.“
„Raumschiffe? Ihr seid mit Raumschiffen durchs Weltall geflogen?“, fragt Jody mit großen Augen.
„Oh ja. Wir haben mit Weltraumpiraten gekämpft, mit einem lebenden Planeten gesprochen, haben in Visz gebadet ...“
„In Visz?“, unterbricht Katharina die Aufzählung. „In Visz gebadet?“
„Ihr kennt Visz?“
„Oh ja!“, antworte