Ausbildungsförderungsrecht. Roland Deres
nach § 36 vorzubeugen, wurden zugleich von der Inanspruchnahme einer Vorausleistung diejenigen ausgeschlossen, die eine Ausbildung bereits qualifizierend abgeschlossen haben. Diese Regelung hatte vor dem BVerfG (BGBl. 1999 I S. 79; E 99, 165) keinen Bestand.
3.8Bedarfssätze
Der an den einzelnen Auszubildenden zu leistende Förderungsbetrag wird der Höhe nach nicht individuell berechnet, das Gesetz sieht vielmehr Pauschalsätze vor. Diese sind differenziert nach der Art der Ausbildung und unter dem Gesichtspunkt, ob der Auszubildende bei seiner Familie wohnt oder auswärts untergebracht ist. (Zur Höhe der Bedarfssätze35 im Einzelnen vgl. die §§ 12 bis 14). Bei hohen Kosten einer auswärtigen Unterbringung – insbesondere einer Internatsunterbringung – können zusätzliche Beträge individuell festgesetzt werden. Zu den Leistungen im Einzelnen vgl. § 12 III, § 13 III, sowie §§ 6, 7 HärteV. – Abhängig von der Art der gewählten Kranken- und Pflegeversicherung werden nach § 13a differenzierte Zuschläge für die Deckung dieser Ausgaben geleistet. – Seit dem 1.1.2008 erhalten Auszubildende für eigene Kinder, die das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit in ihrem Haushalt leben, einen Kinderbetreuungszuschlag.
Wird die Ausbildung außerhalb der EU durchgeführt, so wird Auszubildenden des Tertiärbereiches regelmäßig zu dem Bedarf ein Zuschlag geleistet36. Hierdurch sollen die höheren Lebenshaltungskosten, die im Ausland typischerweise anfallen, gedeckt sowie Kaufkraftunterschiede ausgeglichen werden. Die Höhe des Zuschlags ist für jedes Land gesondert in einer Rechtsverordnung (AuslandszuschlagsV) festgesetzt. Bei einer Ausbildung innerhalb wie außerhalb der Mitgliedstaaten der EU werden die notwendigen Studiengebühren, die Kosten der Fahrt an den Ausbildungsort sowie Aufwendungen für die Krankenversicherung als Ausbildungsförderung geleistet. Der Bedarf kann aber auch gemindert werden; das hängt von den Lebens- und Ausbildungsverhältnissen im Ausbildungsland ab. Zu Zusatzleistungen für Schüler, die eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte besuchen, vgl. § 12 IV.
3.9Anrechnung von Einkommen und Vermögen
Soweit das Einkommen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern nach Abzug der Steuern, Kirchensteuern und Aufwendungen für die soziale Sicherung die im Gesetz festgelegten Freibeträge übersteigt, wird es auf den jeweiligen Bedarfssatz angerechnet. Hinsichtlich der Höhe der einzelnen Freibeträge wird auf die Regelung in den §§ 23, 25 verwiesen, die den unterschiedlichen Belastungen des Einkommensbeziehers Rechnung trägt, soweit dies bei einer Pauschalierung überhaupt möglich ist37. In den §§ 23 V und 25 VI ist angeordnet, dass über die allgemeinen Freibeträge hinaus ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben kann, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist.
Nach der Neuregelung der Vermögensanrechnung im 4. BAföGÄndG wurde das Vermögen des Ehegatten und der Eltern des Auszubildenden grundsätzlich nur dann auf seinen Bedarf angerechnet, wenn diese Personen für das vorletzte Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums Vermögensteuer zu zahlen hatten; bei Vorliegen dieser Voraussetzung galt der Bedarf des Auszubildenden als gedeckt, Förderungsleistungen wurden ihm nicht erbracht. Durch Beschluss des BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91 – (BGBl. I S. 1191) i. V. m. dem JahressteuerG 1997 v. 20.12.1996 (BGBl. I S. 2049) wurde vom 1.1.1997 an die Vermögensteuerzahlungspflicht aufgehoben; damit entfiel der Anknüpfungspunkt für die Regelung des § 26 II. Der Gesetzgeber hat daraus im AföRG die Konsequenzen gezogen und die Vermögensanrechnungsbestimmungen betreffend die Eltern und den Ehegatten ganz aufgehoben.
Gegenüber der ursprünglichen Regelung des BAföG ist die Anrechnung des Vermögens des Auszubildenden durch das 4. BAföGÄndG verschärft worden; von ihm wird – in Anlehnung an die Bestimmungen des BSHG bzw. jetzt des Zwölften Buches SGB – verlangt, dass er sein Vermögen – bis auf einen quasi Notbetrag – voll für die eigene Ausbildung aufwendet, bevor ihm staatliche Förderungsleistungen erbracht werden.
3.10Förderungsart
§ 17, in dem die Förderungsart im Wesentlichen geregelt ist, ist die Bestimmung des BAföG, die seit 1971 dem vielfältigsten und zum Teil sehr gegenläufigen Wandel unterworfen war. Ursprünglich wurden die Förderungsbeträge – von geringfügigen Ausnahmen abgesehen – als endgültig verbleibender Zuschuss geleistet. Im Schulbereich – einschließlich des 2. Bildungsweges – gilt diese Regelung unverändert, insoweit wird Ausbildungsförderung – bis heute – ausnahmslos in Form von Zuschuss erbracht.
Im Tertiärbereich wurde dagegen bereits zum 1.8.1974 ein Darlehensanteil an der Förderung eingeführt: Als Zuschuss wurden die Leistungen nur erbracht, soweit ein Grunddarlehensbetrag von zuletzt 130 bis 150 DM monatlich überschritten wurde. Daneben waren sog. Zusatzdarlehen vorgesehen in den Fällen, in denen der Auszubildende als Folge seiner eigenen Ausbildungsentscheidung Mittel in einer Höhe, die überdurchschnittlich war, oder für besondere Ausbildungsvorhaben in Anspruch nahm, etwa bei der Zweitausbildung, bei nicht unabweisbarem Fachrichtungswechsel, zur Deckung besonderer Aufwendungen oder bei Leistung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus infolge erstmaligen Nichtbestehens der Abschlussprüfung.
Vom Herbst 1983 bis Herbst 1990 wurde Ausbildungsförderung im Tertiärbereich in voller Höhe in Form – unverzinslicher – Darlehen aus Haushaltsmitteln geleistet. Eine Ausnahme galt nur für den Zuschlag zum Bedarf bei einer Auslandsausbildung.
Ab Herbst 1990 werden die Förderungsbeträge im Tertiärbereich je zu 50 v. H. als Zuschuss und als Darlehen geleistet; die vorgenannte Ausnahmebestimmung für eine Vollzuschussleistung wurde ausgedehnt auf die Leistung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu fünf (jetzt: 10) Jahren (§ 17 II). Durch das AföRG wurde eine Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung der unverzinslichen Staatsdarlehen in § 17 II S. 1 auf 10.000 Euro eingeführt; sie gilt aber erst für Ausbildungsabschnitte, die nach dem 28.2.2001 begonnen haben.
Einen sehr bedeutsamen Wechsel in der Förderungsart im Tertiärbereich bewirkte das 18. BAföGÄndG. Zwar konnte die Bundesregierung ihre Absicht, den als Darlehen aus Haushaltsmitteln geleisteten 50 v. H.-Anteil an der Förderung durch ein verzinsliches Bankdarlehen zu ersetzen, in den parlamentarischen Beschlussfassungen nicht realisieren. Der in dieser Frage von Bund und Ländern vereinbarte Kompromiss führte aber gleichwohl zu wesentlichen Änderungen und zum Förderungsbetrag in Form verzinslicher Bankdarlehen. Ab Herbst 1996 werden im Grundsatz nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer die Förderungsbeträge als verzinsliche Bankdarlehen geleistet. Auf den Grund der Studienverzögerung (z. B. Fachrichtungswechsel etc.) kommt es weithin nicht an. Aus sozialen Gründen sind nur Ausnahmen gemacht bei Studienverzögerung infolge Schwangerschaft, Erziehung eigener Kinder und Behinderung (§ 17 III Nr. 3), aus Ausbildungsgründen bei einer zeitweiligen Ausbildung im Ausland (§ 5a). Diese Ausnahmeregelung ist auf den Kinderbetreuungsbetrag ausgedehnt worden (§ 17 III S. 3).
Mit dem 26. BAföGÄndG ist das verzinsliche KfW-Bankdarlehen abgeschafft und durch ein zinsloses Volldarlehen ersetzt worden, das – wie die Normalförderung – durch das Bundesverwaltungsamt eingezogen wird.
Zur Rückzahlung der Darlehen vgl. nachstehend Tz 3.11.
Die unterschiedlichen Förderungsarten (§ 17 I Vollzuschuss, § 17 II S. 1 je zur Hälfte als Zuschuss und Darlehen, § 17 III Bankdarlehen) erfordern die Bestimmung einer Reihenfolge für die Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Sie ist nunmehr in § 11 II differenziert getroffen: Die Anrechnung erfolgt zunächst auf den als Zuschuss und Darlehen, dann auf den als Bankdarlehen zu leistenden Teil des Bedarfs; zuletzt wird durch die Anrechnung der Teil des Bedarfs gemindert, der ausschließlich als Zuschuss zu leisten ist, z. B. auf den Kinderbetreuungszuschlag. Ab dem 1.8.2019 ersetzen zinsfreie Volldarlehen die zinsabhängigen Bankdarlehen der KfW.
3.11Darlehensbedingungen und -rückzahlung
Nach der vorübergehenden Einführung verzinslicher Bankdarlehen (vgl. oben Tz 3.10) bis zum 31.7.2019 ist, was Bewilligung, Auszahlung, Verzinsung und Rückzahlung angeht, strikt