Taken by Berlin. Nicolas Scheerbarth

Taken by Berlin - Nicolas Scheerbarth


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weit?"

      "So ja. Im Toten Land haste Ruhe. Keine falschen Leute. Is doch keiner. Wächst sogar wieder. Paar Bäume. Grün!"

      "Sag! Und die Grenzwachen? Mit denen habt ihr kein'n Ärger?"

      "Nu, nee. Machen nix. Faul. Oder sind von uns. Nich vom Wald, aber Germanen."

      "Bist noch jung, hä?"

      "17. Bald nimmer. Glaubich. Ebich, werd ich bald Jäger oder so. Läufer is blöd. Biste immer rum, muss alles machen und Mund halten."

      "Jäger ... hmm."

      Klin schiebt sein Kinn vor. Sie hocken beide nebeneinander auf der Steinstufe. Klin umfasst leicht den Oberarm des Mädchens.

      "Kräftig genug biste ja. Du wirst bestimmt ein guter Jäger!"

      Die Augen des Mädchens leuchten auf ... Klins Hand gleitet über das Relief des sehnigen Rückens ... Finger packen zu, prüfen ...

      "Doch, ja. Kräftig, wahr!"

      "Meinste?"

      "Na, sicher! Ha, na ... sag ich doch!"

      Klin lacht kurz, trocken ... auch unsicher ... lacht und legt endlich den Arm um ihren Rücken ... nur kurz, zieht sie kumpelhaft männlich schüttelnd an sich ... sie schaut auf, erwidert Klins Blick aus dem Augenwinkel ... zuckende Wangenmuskeln ... senken wie abgesprochen die Blicke, an Klin das deutlich sichtbare Ergebnis des Flirts zu betrachten ...

      "Wahr ebich!" – Klin, flüsternd.

      Schwielig raue Waldmädchenhände packen zu, beginnen, fingerfertig an der Wulst unter der hauchdünnen Tarnstoffhülle zu spielen, zu streicheln, zu reiben. Klin greift der Nackten zwischen die Beine, schiebt einen, zwei Finger hinein in etwas Feuchtes, auf und ab ... wird er selbst in seinem Tarnstoff massiert ... kein Laut, kein Stöhnen ... nur auf und ab, hin und her. Und fertig. Dann schauen beide einen Augenblick an sich hinunter ... klebrige Tropfen bei ihr, ein großer, feuchter Fleck bei Klin. Er versucht mit einem schiefen Grinsen, Hertas Blick einzufangen, die sich abwendet, nach dem Wasser greift, sich abspült. Klin zieht ... das Grinsen weggewischt, hastig ... den Feldstecher an die Augen ...

      "Das war aber nix ..." – Herta, noch heiser von der Erregung.

      "Ha, nee ... äh ... ich ... Kämpfer ... brauchen das mal ... 'n Druck auf der Leitung, und weg damit. Wozu sind wir Kameraden?"

      "Ja, Kameraden! Ebich!" – Herta strahlend, stolz ... richtet sich wieder auf, streicht noch einmal flüchtig über die Beule unter Klins Gürtel, der sie eckig, linkisch in die Arme zieht, tätschelnd auf den Rücken klopft.

      "Nest an 3. Nest an Posten 3. Der zweite Kontrollflug ist aufgestiegen. Schick uns das Mädchen zurück und tarn dich."

      "Posten 3 an Nest. Verstanden. Der zweite Kontrollflug ist aufgestiegen. He ... nein, der Läufer kommt zurück."

      "Mensch, Rotter! Funkdisziplin halten! Beim Führer, keine Namen!"

      "Jawohl. Entschuldigung. Bitte um Verzeihung!"

      "Schon gut. War ja nich' draußen. Sie soll sich beeilen. Diese Renault is' schneller da, als man glaubt."

      Klin kauert hinter seinem Gebüsch, späht in verrenkter Haltung zur Autobahn ... wandernde Reflexe im Hitzeglanz dort unten ...

      "3 an Nest. Achtung! Reflexe auf der Autobahn ... weit weg. Versuche Beobachtung. - Moment! Jetzt ... au weia ..."

      "3, reiß dich zusammen!"

      "Containerzug aus Richtung Reinmain. Zwei, nein, drei Doppeleinheiten ... Geschwindigkeit ... die sind schnell! Posten 3 an Nest! Warnung! Containerzug drei mal zwei Einheiten mit hoher Geschwindigkeit. Vierzig Stundenkilometer. Die sind zu schnell für normale Lasttransporter. Könnte 'ne Bodenpatrouille sein, die ... sie ... die Renault ist da!"

      Klin im Nest, seine Ablösung irgendwo am Hang. Malerisches Feldlager und bitterer Ernst ... die Zelte und Bahnen aus Tarnstoff überall, zusammengelegt oder aufgespannt, über Gruben und Geräten ... der Stoff, der die Spürsonden der Unionstruppen täuscht, Infrarot, Magnetoskopie und Biometrie ablenkt, griffbereit neben den Grüppchen ... keine Feuerstellen ... Kämpfer und Techniker aus SA und SP in Tarnanzügen mit dem Hakenkreuz auf rotem oder blauem Feld, kräftige, langhaarige und -bärtige Waldleute zusammengekauert, mit nichts als ihren Kampfköchern um die Hüften ... alles in allem fast hundert Männer und Frauen.

      Unschlüssig steht Klin mit seinem Essnapf am Rand ... mustert die Gruppen der Waldleute ...

      "Rotter Klin!"

      Klin steht stramm, verschüttet fast etwas seinen Brei.

      "Rottenführer!"

      "Rotter Klin, Sie sind zurück von Posten?"

      "Jawohl, Rottenführer. Abgelöst vor einer halben Stunde. Beim Essenfassen, Rottenführer."

      "Gut, Rotter! Essen Sie weiter. Aber wenn Sie fertig sind, melden Sie sich beim Führer."

      Klins Hand und Napf sinken plötzlich tiefer.

      "B..b..beim Führer?"

      "Mensch, Klin, Sie Rattenhirn! Beim Bannführer natürlich!"

      "Jawohl, verstanden. Beim Bannführer. Sofort."

      "Schon gut, Rotter, regen Sie sich ab. Essen Sie, und sehen Sie einfach zu, dass Sie in fünf Minuten dort sind. Wird schon nicht so schlimm sein."

      Die kochende Sonne strahlt schräg durch das Gehölz, das nackt und kahl kaum Schatten bietet. Drüben, links und ein Stück höher am Hang, ist eine regelrechte Oase ... volle, grüne Büsche, ein paar Bäume mit echtem Laubwerk, Moos und Wildkraut auf dem Boden ... dazwischen ein großes Iglu aus doppeltem Tarnstoff, Unterstände und zwei unförmige, dick eingewickelte Riesenpakete ... schwere Geländefahrzeuge, imposante Reste vergangener Waffentechnologie.

      Klin stapft über den krümeligen Bodenmulch, dann über Moos und niedergetrampeltes Wildkraut auf den Iglu zu ... meldet sich an, wird hineingeschickt ...

      "Rotter Klin, mein Führer! Ich soll mich melden."

      "Ah ja, Rotter Klin. Gut. Kommen Sie näher. – Und nun, Rotter Klin, erstatten Sie mir Bericht!"

      "Wie ... äh ... ah ... ob ich auf Posten ... "

      "Rotter! Was soll das Gestammel? Von einem Kämpfer der SA darf ich doch wohl etwas mehr erwarten!"

      "Jawohl, Bannführer, nur ... ich bitte um Verzeihung, aber ... ich weiß nicht ... soll ich über meine Beobachtungen Bericht erstatten ... da waren nur die Überflüge, der Lada und ein Containerzug, sonst nichts Verdächtiges. Fünf private, unverdächtige Solars, eine Gruppe Landleute auf Fahrrädern, zwei kleine E-Transporter ... das war alles aus meiner Richtung."

      "Soja. Wie war der Ausguck?"

      "Hervorragend, Bannführer, ideal gewählt."

      "Und es wurde Ihnen nicht zu langweilig dort oben?"

      "Nein, Bannführer! Es war ein guter Posten ... wichtig. Ich verstehe Ihre Frage nicht, Bannführer."

      "Also gut, Rotter Klin, machen wir es kurz, denn ich habe noch andere Dinge zu erledigen, als mich mit undisziplinierten Wichsern abzugeben! Ich war leider gezwungen, eine Klage aus Eckarts Stamm entgegenzunehmen. Sie wissen, worum es geht, Rotter! Verdammt, Sie sind ein geschulter Mann. Sie wissen, dass die Waldleute vieles anders sehen als wir. Wenn Sie das nächste Mal Druck auf der Leitung haben, dann nehmen Sie meinetwegen eine Köchin, aber lassen Sie die Finger von jungen Waldgermanen. Wir sind hier auf diese Leute angewiesen, so verrückt sie sind. Ich weiß ... ein Mann nimmt sich, was er braucht, aber bei diesen Waldleuten ist etwas Vorsicht angebracht ... "

      "A.. Bannfüh... "

      "Keine langen Reden bitte, Rotter! Ich hab' diesem Zottelbär erklärt, dass sein Mädchen ja wohl freiwillig mitgemacht hat. Die Sache ist damit erledigt. Und ich wünsche, dass sie das auch bleibt. Nein! Kein Wort mehr! Es ist in Ordnung. Und nun verschwinden Sie und passen


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