Der neue Sonnenwinkel 74 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel 74 – Familienroman - Michaela Dornberg


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reichte!

      »Max, hör auf, Süßholz zu raspeln, mir wird schlecht, wenn du Geld von mir haben möchtest, sag, wie viel und sag wofür.«

      Er blickte sie an, als habe sie ihm gerade ein unmoralisches Angebot gemacht. Dabei war es doch immer so gelaufen.

      »Roberta, ich bitte dich, wofür hältst du mich eigentlich?«, empörte er sich. »Ich will doch kein Geld von dir. Ich hatte einfach nur das Bedürfnis, dich zu sehen, wenn ich schon mal hier bin.«

      »Max, red nicht länger um den heißen Brei herum, weswegen bist du hier? Ich nehme dir nicht ab, dass du die Natur genießen, um den Sternsee herumwandern möchtest.«

      »Nein, ich habe mich in diesem Baugebiet umgesehen, da wird ja eine ganze Menge Werbung gemacht.«

      Hatte sie sich da gerade verhört?

      Waren diese Worte aus seinem Mund gekommen?

      Max war kein Investor, niemand, der Objekte erwarb, um sie zu vermieten oder später irgendwann mit Gewinn zu verkaufen.

      Max war Arzt, er hätte sogar ein guter sein können, wenn er sich nicht für ein High Life entschieden hätte, ein Leben ohne Arbeit, dafür mit Spaß und Frauen, davon hatte er nicht genug bekommen können. Er war hinter allen her, die nicht bei drei auf den Bäumen waren.

      Es war schon merkwürdig, dass sie sich darüber nicht mehr aufregte, damit hatte er ihr das Leben sehr schwer gemacht. Sie registrierte es beinahe schon gelassen, dann erkundigte sie sich ein wenig belustigt: »Und nun möchtest du dir unterhalb der Felsenburg ein Haus oder eine Wohnung kaufen oder mieten? Du im Sonnenwinkel? Bitte, entschuldige, Max. Das ist wirklich etwas, worüber man nur lachen kann.«

      Er nahm ihr diese Worte nicht übel, im Gegenteil, auch er war jetzt belustigt.

      »Roberta, natürlich nicht, das hast du gut erkannt. Doch da wird ein Ärztehaus gebaut, in dem mehrere Arztpraxen untergebracht werden sollen. Das habe ich mir angesehen.«

      Es wurde ja immer verrückter. Sie schaute ihn an, begann an seinem Verstand zu zweifeln.

      »Entschuldige bitte, Max, habe ich das richtig verstanden? Du möchtest dich in diesem Ärztehaus niederlassen?«

      Er blickte seine Exfrau ganz erstaunt an.

      »Nein, natürlich nicht, Roberta, ich möchte unter Umständen das Ärztehaus kaufen.«

      Sie wollte gerade etwas trinken, stellte die Tasse ab, etwas heftig, es schepperte, zum Glück ging nichts entzwei. Was hatte Max da gesagt?

      Hatte sie richtig gehört? Er wollte das Ärztehaus kaufen, und das hatte er in einem Ton gesagt, als ginge es gerade mal darum, sich zu entscheiden, ob es ein weißes oder ein blaues Oberhemd sein sollte oder so etwas in der Art.

      Roberta konnte dazu nichts sagen, sie kannte Max, er war ein bisschen größenwahnsinnig, er überschätzte sich ständig. Doch ein Ärztehaus, sie wusste noch nicht einmal, dass so etwas dort überhaupt entstehen sollte, das war einfach eine Nummer zu groß für ihn. Erst einmal bezahlte man ein solches Objekt nicht mit Kieselsteinen, und wollte er da wieder etwas gegen die Wand fahren, weil er es nicht einmal geschafft hatte, eine einzige gutgehende Praxis am Laufen zu halten?

      »Max, du bist größenwahnsinnig«, etwas anderes konnte sie jetzt nicht sagen. »Du hast auf Arzt doch überhaupt keine Lust, und dann willst du dir das antun? Und ausgerechnet hier? Du, der die Stadt braucht wie die Luft zum atmen?«

      Er war erst einmal überrascht, schaute sie irritiert an, doch dann begann er zu lachen. Und da erfuhr die staunende Roberta, dass seine Freundin, Geliebte, Lebensabschnittspartnerin oder was immer sie auch war, ihm das Ärztehaus schenken wollte, und das würde er natürlich nicht selbst nutzen, sondern vermieten und dann verwalten lassen.

      »Aber weißt du was, eigentlich habe ich keinen Bock darauf. Wenn meine …, wenn Ruthchen unbedingt möchte, dass ich etwas Eigenes habe, kann sie mir das Geld, das sie auszugeben bereit ist, auf mein Konto zahlen.«

      Was für eine Geschichte!

      Ruthchen …

      Es ging sie nichts an, aber Roberta konnte sich einfach die Frage nicht verkneifen: »Ruthchen irritiert mich ein wenig, ist die Dame jung?«

      Er zögerte nicht mit der Antwort. »Taufrisch ist Ruthchen nicht mehr, sie ist einige Jahre älter als ich, aber sie ist sehr nett, vor allem ist sie sehr pflegeleicht.«

      Es war bitter, Max ließ sich von einer älteren Frau aushalten. Das war an sich nicht unmoralisch, und warum sollte eine ältere Frau sich nicht einen jüngeren Mann leisten? Das wurde von der Gesellschaft immer ein wenig belächelt, man regte sich sogar darüber auf. Doch wenn ein älterer Mann sich eine Gespielin leistete, die gut seine Enkelin sein könnte, wurde es toleriert, nicht nur das, insgeheim bewunderte man den Mann, der es geschafft hatte, selbst nicht mehr ganz taufrisch, sich junges, jüngstes Blut an Land zu ziehen.

      Stopp!

      Sie wollte jetzt nicht moralisch werden. Sie und Max waren geschieden, es ging sie alles nichts mehr an.

      »Roberta, Ruthchen ist wirklich sehr nett«, versuchte er sich zu rechtfertigen. »Und das mit dem Ärztehaus …, ehrlich mal, weil sie von der Idee derartig begeistert war, habe ich ihr den Gefallen getan und es mir angesehen. Es ist nichts für mich, Ärztehaus. Ausgerechnet mir so etwas, dabei habe ich Ruthchen erzählt, dass ich mir in diesem Gewerbe nicht gerade einen guten Abgang verschafft habe.« Er blickte sie an. »Roberta, glaub mir, ich würde sehr gern einiges von dem rückgängig machen, was zwischen uns vorgefallen ist. Ich schäme mich auch dafür, dass ich dich ausgequetscht habe wie eine Zitrone, dabei hättest du mich ohne einen Cent aus dem Tempel jagen können. Du warst es, die alles aufgebaut hat, und ich …«, er machte eine kleine Pause, seine Stimme wurde leiser: »ich habe es gegen die Wand gefahren. Sorry. Ich wollte, ich hätte mir einen besseren Abgang verschaffen können, es hätte überhaupt nicht dazu kommen dürfen. Es war dumm von mir. Doch wie sagt man so schön? Wenn es dem Esel zu wohl ist, dann geht er aufs Eis tanzen. Ich hätte dir das alles nicht antun dürfen. Es tut mir leid …, geschadet habe ich mir dadurch nur selbst, ich hätte mich anders verhalten müssen. Ich habe mein Glück, unser Gefühl mit Füßen getreten. Du bist wirklich eine ganz besondere Frau, wunderschön anzusehen, klug und eine begnadete Ärztin.«

      Er bemerkte ihren Blick, winkte sofort ab.

      »Oh nein, bitte bekomme das jetzt nicht in den falsche Hals. Ich will dich jetzt nicht anbaggern. Ja, wenn es ginge, würde ich gern alles rückgängig machen. Doch es ist einfach zu viel Porzellan zerschlagen worden. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass du niemals einen Neuanfang mit mir wagen würdest.«

      Tastete er da vor?

      »Es ist richtig, Max, es ist zu viel Porzellan zerbrochen worden. Kein Fluss fließt zurück. Aber es ist schön, dass du jetzt ehrlich genug bist zuzugeben, dass alles hätte anders laufen können.«

      Er nickte.

      »Das hätte es, Roberta, ganz gewiss. Und auch wenn ich mich jetzt wiederhole, ich muss es noch einmal sagen, entschuldige, und es tut mir leid.«

      Sie hätte niemals für möglich gehalten, einmal derartige Worte aus seinem Mund zu hören. Es war angenehm, mehr nicht, und Gefühle regten sich bei ihr schon überhaupt nicht. Es war vorbei, der Zug war abgefahren. Nachdem das alles gesagt worden war, sollte er gehen. Doch Max machte keine Anstalten, und sie war höflich genug, ihn jetzt nicht hinauszuwerfen.

      Erstaunlicherweise konnten sie sogar ganz vernünftig miteinander reden. Sie kannten sich halt. Es war nicht einmal unangenehm, und sie glaubte ihm, als er sich ­besorgt erkundigte: »Roberta, macht es dir angst, dass da ein Ärztehaus mit allen Schikanen entsteht?«

      Darüber musste sie nicht nachdenken.

      »Nein, Max. Auch wenn Patientinnen und Patienten von mir dorthin abwandern sollten, weil sie etwas Neues ausprobieren möchten, werde ich immer noch genug zu tun haben. Ausreichend. Es kann mir nicht schaden, ein wenig mehr Zeit für mich


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