Wyatt Earp 220 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp 220 – Western - William Mark D.


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war, beruhigte ihn doch etwas.

      »Kann ich nicht mit Ihnen kommen, Marshal?«, fragte er bittend.

      Wyatt fuhr sich mit dem Mittelfinger durch den Kragen.

      »Hm, Tommy, wenn ich wüsste, wie ich das machen sollte. Weißt du, ich habe kein Haus – in diesem Sinne, ich habe keine Familie und –«

      »Vielleicht kennt er selbst jemanden, zu dem man ihn bringen könnte.«

      Der Junge schüttelte den Kopf.

      Plötzlich hatte Doc Holliday einen Einfall. »Ob wir ihn nicht einstweilen zu dem Reverenden bringen könnten?«

      Da nickte der Junge.

      »Ja, ich kenne Mr Thomson. Er mag mich gut leiden, weil ich in der Schule fleißig und artig bin.«

      »Na also«, meinte der Spieler. »Du zeigst uns jetzt den Weg zu seinem Haus.«

      Aber der Weg zu Reverend Thomson führte über die Main Street.

      Und genau die konnten sie ja nicht überqueren.

      Aus diesem Grunde mussten sie einen sehr weiten Umweg machen, und es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie auf der anderen Straßenseite hinter dem Hoftor des Reverenden angekommen waren.

      Das Tor war verschlossen.

      »Hör zu«, raunte der Missourier dem Jungen zu, »du läufst jetzt hier durch den Schacht zur Main Street und klopfst vorne am Haus. Sieh zu, dass du nicht laut mit Mr Thomson zu reden brauchst, sondern geh mit ihm ins Haus und erkläre ihm dort alles. Er möchte dann bitte hier in den Hof kommen.«

      Der kleine Bursche nickte und lief mit flinken Füßen davon.

      Vorsichtshalber folgte ihm Doc Holliday, denn es war ja nicht ausgeschlossen, dass die Sache schief ging. Er blieb vorne am Ausgang des Schachtes hinter einem wackeligen Bretterzaun stehen und beobachtete das Kind, das jetzt die Haustür erreicht hatte und den metallenen Türklopfer betätigte.

      Es dauerte nicht sehr lange, und die Tür wurde geöffnet. Ein Lichtschein fiel auf den Vorbau, und der Junge trat sofort ins Haus.

      Holliday ging zurück und fand den Missourier noch vor dem Hoftor.

      Es dauerte eine ganze Weile, bis im Küchenraum hinten Licht gemacht wurde.

      Dann waren rasche Schritte im Hof zu hören, und ein Riegel wurde von der Pforte zurückgeschoben.

      Er ließ sie wortlos vorbei und leitete sie ins Haus.

      Als sie im Raum neben der Küche standen, der ebenfalls zum Hof hinausführte, bot der Gottesmann den beiden Westläufern Platz an.

      Aber Wyatt lehnte dankend ab und erklärte ihm, was es zu erklären gab.

      Reverend Thomson, ein sehr ernster Mann mit klugen großen Augen, schob seine Brille etwas zurück und meinte stirnrunzelnd: »Das ist eine ziemlich heikle Sache, Mr Earp. Mr Laceso ist ein gefährlicher Mann, das kann ich Ihnen nur sagen. Und wenn es nicht unbedingt notwendig wäre, würde ich Ihnen raten, von der Sache Abstand zu nehmen.«

      »Das ist ausgeschlossen«, entgegnete der Missourier. »Es besteht immerhin der Verdacht, dass dieser Mann eine große Verbrecherbande anführt.«

      »Das kann natürlich möglich sein«, entgegnete der Geistliche. Und dann kam er auf Ruth Capucine zu sprechen. Er mochte das Mädchen gern und war vom Mitleid über sein Schicksal erfüllt.

      »Sie wissen, wo Ruth sich aufgehalten hat?«

      »Nein, ich weiß es nicht«, entgegnete der Mann. »Aber wenn Sie mir jetzt sagen, dass sie im Hause von Laceso war, als Sie sie trafen, dann kann ich auch nichts dazu sagen. Ich habe ihr gesagt, dass ich es nicht wünschte und bestimmt nicht gern sähe. Aber sie tut, was sie will. Sie ist eine junge Frau und wahrscheinlich in diesen Schönling vernarrt.«

      »Das wird es sein«, entgegnete Wyatt.

      »Wo ist sie geblieben?«, erkundigte sich der Geistliche.

      »Ich habe sie unten in den Mietstall gebracht. Der Sohn des Mietstall-Owners konnte sie in einer Futterkammer unterbringen.«

      »Kann ich mit ihr sprechen?«, meinte der Gottesmann.

      »Natürlich«, entgegnete der Missourier.

      »Gut. Dann werde ich erst Tommy unterbringen. Meine Haushälterin wird für den Jungen sorgen.«

      Das Kind wurde weggebracht, nachdem es sich von den beiden Westmännern verabschiedet hatte, und Reverend Thomson begleitete Wyatt Earp und Doc Holliday auf einem kleinen Umweg zu dem Hof des Mietstalles.

      Auch diesen Hof hatten sie durch die Hinterpforte betreten – und sofort sah Wyatt Earp, dass die Tür zu der Futterkammer offen stand.

      Ruth Capucine war geflüchtet!

      Drüben im Wohnhaus der Mietstall-Leute brannte Licht.

      Wyatt stahl sich an das Fenster heran und konnte einen Blick in die Stube werfen.

      Drinnen saß der junge Bursche und hatte den Kopf in beide Hände gestützt.

      Wyatt klopfte ans Fenster und wich zurück.

      Da wurde das Fenster geöffnet, und der Bursche sah den Reverenden draußen stehen.

      »Komm einen Augenblick in den Hof, Bill, ich habe mit dir zu sprechen.«

      »All right«, meinte der Bursche und verschwand.

      Gleich darauf erschien er an der Hoftür, kam die Treppe hinunter – und sah Wyatt Earp vor sich stehen.

      Er torkelte förmlich zurück vor Schreck.

      Wyatt kam auf ihn zu und blieb vor ihm stehen.

      »Was haben Sie mir zu sagen?«

      Da sank der Kopf des Burschen auf die Brust hinunter.

      »Sie hat mich – sie hat mich einfach überredet, Marshal. Ich – ich muss wahnsinnig gewesen sein.« Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte wieder den Kopf.

      »Berichten Sie kurz, was geschehen ist«, forderte der Marshal ihn sachlich auf.

      Da erzählte der junge Mietstall-Owner, dass Ruth Capucine ihn mit geschickten Worten dazu gebracht hatte, sie von ihren Fesseln zu befreien und aus der Futterkammer herauszulassen. Gleich anschließend war sie dann aus dem Hof gerannt. Wohin, das wusste er auch nicht.

      »Vielleicht ist sie bei ihrer Freundin Barbara Norton«, meinte der Reverend.

      Zehn Minuten später standen sie in der Wohnstube der blassgesichtigen Näherin Barbara Norton.

      Als der Missourier das Haus der Näherin betreten hatte, verspürte er plötzlich ein merkwürdiges Gefühl in der Magengrube. Er blickte Doc Holliday an, und der hatte anscheinend sofort begriffen.

      »Ich werde mich vielleicht etwas im Hof umsehen, Marshal«, sagte er.

      Der Reverend blickte ihn befremdet an, und das Mädchen, das völlig missverstand, deutete zur Hoftür.

      Wyatt Earp, Reverend Thomson und Barbara Norton betraten die Wohnstube.

      Das unbehagliche Gefühl, das der Missourier verspürte, wurde stärker und stärker.

      Es war der Mahner in seiner Brust, der ihn immer vor einer nahenden Gefahr warnte.

      Unwillkürlich blieb Wyatt neben der Tür an der Wand stehen, und zwar so, dass seine Gestalt fast von der schweren alten Wanduhr verdeckt wurde.

      Reverend Thomson stand in der Mitte der Stube vor Barbara Norton.

      »Entschuldigen Sie, Barbara, dass ich noch so spät komme. Aber es geht um Ruth Capucine. Dieser Mann ist Wyatt Earp und –«

      In diesem Augenblick geschah es!

      Ein Gewehrschuss zerschmetterte das Fenster, und der Körper des Geistlichen bekam einen Stoß. Mit


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