Wyatt Earp 220 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp 220 – Western - William Mark D.


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die Lampe gelöscht.

      Dann rannte er hinaus, riss die Haustür auf, warf sich aber sofort wieder zurück. Denn was er erwartet hatte, geschah. Ein Gewehrschuss peitschte in den Hausgang.

      Wyatt lief zurück, stieß die der Stube gegenüberliegende Tür auf und rannte durch einen kleinen Raum, der ein Fenster zur Seitenfront des Hauses hatte.

      Als er es hochgerissen hatte und hinausgesprungen war, hörte er rasche Schritte vom Hof her.

      Es war Doc Holliday.

      »Marshal?«

      »Yeah.«

      »Sind Sie unverletzt?«

      »Ja.«

      »Und der Rev?«

      »Ich glaube, er ist tot.«

      Sie schlichen sich beide bis an die Hausecke und starrten in das Dunkel der Häuserfronten hinüber, die auf der anderen Straßenseite lagen.

      Das Haus der Näherin war eines jener einzeln stehenden Gebäude, die am Stadtrand standen.

      Gegenüber war eine richtige Häuserreihe, die von Hoffronten unterbrochen wurde.

      Überall da drüben im Radius von hundert Yards konnte der Heckenschütze stehen.

      Er hatte die hochgewachsene schwarze Gestalt des Reverenden in dem von einer hellen Kerosinlampe erleuchteten Raum mühelos anvisieren und mit dem Gewehrschuss treffen können.

      Während Doc Holliday das Haus wieder betrat, um sich um den Getroffenen zu kümmern, durchsuchte der Missourier systematisch und zäh die gegenüberliegenden Höfe.

      Schließlich erzwang er sich auch den Eintritt in die drei Häuser, die gegenüber lagen.

      In dem ersten Haus wohnte ein uralter Mann, der sicher seine Achtzig auf dem Buckel hatte und kaum auf den Gedanken kommen würde, zu mitternächtlicher Stunde mit einem Gewehr einen Priester niederzuschießen.

      Im Nachbarhaus lebte eine alte Frau mit zwei kleinen Kindern, die auch nicht für die Tat infrage kam.

      Das Haus daneben war leer.

      Wyatt, der es sorgfältig durchsuchte, fand in der Wohnstube des Untergeschosses das Fenster hochgeschoben. Und dicht vor der Fensterbank fand er frische Erdspuren.

      »Hier hat er gestanden«, flüsterte der Missourier vor sich hin.

      Natürlich war der Verbrecher längst geflüchtet.

      Wyatt durchsuchte das Haus und den Hof weiter und musste nach einer halben Stunde ergebnislos in das Haus der Näherin zurückkehren.

      Drinnen auf dem Tisch lag Reverend Thomson. Er lag auf dem Leib, und sein kalkiges Gesicht war zur Seite gewendet. Er sah aus wie ein Toter.

      Über ihn gebeugt stand der ehemalige Bostoner Arzt und neben ihm stand die geöffnete schwarze krokodillederne Tasche, die Holliday in größter Eile vom Pferd hierher geholt hatte.

      Zwei Schüsseln mit dampfendem Wasser standen auf einem kleinen Tisch, und mit aschgrauem Gesicht verharrte die Näherin neben dem Spieler und hatte einige blinkende Instrumente in den Händen, die sie auf Anweisung Hollidays offensichtlich bereithielt.

      Wyatt blieb neben der Tür stehen, nahm den Hut ab und fuhr sich über die glühend heiße Stirn.

      Als Holliday einmal kurz aufblickte, suchte der Missourier eine Antwort auf seine stumme Frage in den Augen des Freundes.

      Holliday zog nur die Schultern hoch.

      Also hatte er nur wenig Hoffnung für den Verletzten.

      Aber mit der Zähigkeit, die ihm eigen war, holte der Mann, der vor anderthalb Jahrzehnten drüben an der Ostküste der Staaten eine so hoffnungsvolle Karriere als Arzt begonnen hatte, die tief versteckt sitzende Kugel aus dem Wundkanal heraus.

      Es war ein verformtes widerliches Bleistück, das Holliday auf einen metallenen Aschenbecher hinter sich fallen ließ, um sodann seine Arbeit fortzusetzen.

      Eine Viertelstunde später war die Wunde gereinigt und verbunden, und Thomson lag auf einem Bett im Nebenzimmer.

      Doc Holliday und Wyatt Earp kamen zurück, und während sich der Spieler die Hände wusch, die Manschetten herunternahm und zuknöpfte und nach seiner Jacke griff, meinte der Marshal:

      »Hoffnungslos?«

      »Ziemlich«, entgegnete Holliday, »aber Sie wissen ja, hoffnungslos ist es erst, wenn es aus ist – wenn das Herz zu schlagen aufgehört hat.«

      Schweigend standen die beiden da und hörten die Frau hinter sich im Korridor.

      Barbara Norton kam in die Stube und stand mit gefasstem Gesicht vor den beiden.

      »Was soll ich tun?«

      »Wir sind hierhergekommen, weil wir nach Ruth Capucine fragen wollten«, sagte der Missourier.

      »Sie war hier«, entgegnete das Mädchen mit dumpf klingender Stimme. »Sie hat ein Pferd bei mir ausgeliehen.«

      »Ein Pferd?«, entfuhr es dem Missourier.

      »Ein Wagenpferd. Einen Apfelschimmel, aber sie brauchte auch einen Wagen, denn ohne Wagen kann sie mit dem Pferd nichts anfangen. Es ist kein Reittier …«

      *

      Der kleine Tom Cumberland hatte seinen neuen Pflegevater schon verloren, ehe er ihn überhaupt richtig kennengelernt hatte.

      Im Morgengrauen dieses Tages starb Reverend Harold Thomson im Haus der Näherin Norton. Und der Heckenschütze, der vom gegenüberliegenden Haus aus den tödlichen Schuss auf den Gottesmann abgegeben hatte, war unerkannt entkommen.

      Wyatt Earp und Doc Holliday hatten die Stadt noch vor Tagesanbruch verlassen, und so schwer es ihm gefallen war – Wyatt Earp hatte das schlafende Kind noch aus dem Haus des Reverenden geholt und mit hinaus auf die Farm der Deutschen gebracht.

      Frau Martens hatte das Kind an sich gedrückt und seinen wuscheligen Kopf gestreichelt.

      »Weine nicht, Tommy, du kannst bei uns bleiben. Bei uns ist es viel schöner als in der Stadt, und – du hast ja nicht alles verloren, sondern sogar einen Freund gewonnen.« Dabei blickte sie den Marshal an. »Zwei Freunde, möchte ich sagen«, während sie auch den Georgier ansah.

      Wyatt Earp und Doc Holliday hatten sich von den gutherzigen Leuten verabschiedet und waren im Morgengrauen über die Overlandstreet hinauf nach Nordosten geritten, der Stadt Apache entgegen.

      In den ersten Morgenstunden waren die beiden Westmänner von bleiener Müdigkeit angesprungen worden. Sie machten unterwegs an einem sprudelnden Quell Halt, wuschen sich, und Doc Holliday rasierte sich sogar in einer Spiegelscherbe. Er konnte es einfach nicht ertragen, unrasiert herumzulaufen.

      Wyatt wollte weiter, zog es dann aber doch vor, sich ebenfalls zu rasieren.

      Als sie Apache erreichten, war es schon gegen elf Uhr. Azurfarbener Himmel spannte sich über das Land, und strahlender Sonnenglanz lag auf der Main Street.

      Die beiden Westmänner machten vor einem Boardinghouse Halt und nahmen da erst einmal ein kräftiges Frühstück ein. Dann erkundigte sich der Missourier bei der drallen Wirtin nach zwei Zimmern.

      »Können Sie haben«, entgegnete die Frau, »pro Zimmer ein halber Dollar.«

      Und während der Spieler sich hinauf auf sein Zimmer begab, suchte der Missourier erst noch das Sheriff-Office auf.

      Es war leer.

      Dafür hörte er aus dem Hof klingende Axtschläge.

      Er durchmaß das Office, öffnete die Hoftür und fand einen jungen Mann damit beschäftigt, schwere Holzklötze in Scheite zu zerschlagen.

      »Hallo, wo finde ich den Sheriff!«

      Der Mann wandte ihm den Kopf zu und blickte ihn an.

      Es mochte ein etwa drei- oder


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