Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 3 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 3 – Familienroman - Michaela Dornberg


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möchte jetzt nicht darüber reden«, sagte sie, »deine Freistunde ist eh gleich vorbei, und das, was ich sagen will, lässt sich nicht zwischen Tür und Angel abhandeln. Es war vermutlich überhaupt nicht gut, herzukommen.«

      Er sagte nichts, hielt sie nicht zurück, und eigentlich war das für Ricky ein Zeichen, dass Fabian sauer war. Er hätte sonst noch einmal gefragt, er würde sie nicht einfach so gehen lassen, doch das tat er. Und er antwortete ihr nicht einmal, als sie Tschüss sagte.

      Ricky war froh, dass seine Sekretärin noch nicht wieder an ihrem Platz war, das hätte ihr gerade noch gefehlt.

      Sie beeilte sich, aus der ­Schule zu kommen, doch als sie unten an der Treppe war, kam Frau Doktor Klinger ihr entgegen.

      Das auch noch!

      Innerlich wappnete Ricky sich auf einen Angriff, doch nichts geschah. Im Gegenteil, mit gesenktem Kopf eilte die Frau an ihr vorbei, was beinahe den Anschein erweckte, dass sie Angst vor weiteren Beschimpfungen hatte.

      Das war ja nun wirklich ein Zeichen dafür, dass die Person nicht ganz unschuldig war.

      Es musste so sein, Ricky hatte für Menschen ein gutes Gefühl. Aber was half ihr das alles augenblicklich? Nichts! Sie musste sich mit Fabian aussöhnen, so wie eben waren sie in all den Jahren noch niemals auseinander gegangen.

      Ricky stieg in ihr kleines Auto, das ihr Großvater ihr geschenkt hatte, und sie war so nervös, dass sie erst einmal den Motor abwürgte, sehr zur Belustigung einiger größerer Jungen, die sie angrinsten. Sie sprachen es nicht aus, aber Ricky sah die Sprechblase auch so vor sich: »Typisch Frau«.

      Es machte keinen Sinn, jetzt jammervoll zu sein, geschehen war geschehen. Ihre Laune hatte sich nicht verbessert, im Gegenteil.

      Was sollte sie jetzt tun?

      Zu ihren Eltern oder ihren Großeltern fahren?

      Die wären vermutlich sehr erstaunt, wenn sie erführen, dass sie ihre Meinung schon wieder geändert hatten.

      Und Stella?

      Ricky mochte ihre Schwägerin sehr, mit der sie ja auch befreundet war, und das schon, ehe ihr Bruder Stella geheiratet hatte. Aber das, was sie wirklich bewegte, konnte Stella nicht verstehen. Sie unterschieden sich beide wirklich sehr.

      Als sie ein kleines Bistro entdeckte und auch noch einen Parkplatz, hielt Ricky an, stieg aus und bestellte sich erst einmal einen doppelten Espresso. Vielleicht brachte der sie wieder auf die Spur.

      Ricky war wirklich zum ersten Mal ein wenig ratlos, und das in mehrfacher Hinsicht.

      Dabei quälte sie derzeit nicht einmal so sehr, ob es richtig gewesen war das Studium abzubrechen oder nicht. Es belastete sie, dass Fabian so kühl und unnahbar gewesen war.

      Wegen dieser Frau würde es doch wohl nicht zu einer Ehekrise zwischen ihnen kommen?

      Der Gedanke war für Ricky so unerträglich, dass sie sich erst einmal zwei verlockend aussehende Schokoladen-Muffins bestellte. Schokolade sollte ja bekanntlich glücklich machen, und doppeltes Glück konnte in ihrem Fall nicht schaden.

      *

      Inge Auerbach war ganz schnell auf einen kleinen Plausch zu ihrer Mutter gekommen. Es war wirklich herrlich, seine Eltern so nahe bei sich zu haben, und Inge dankte dem Himmel beinahe jeden Tag, dass sie das Glück hatte. Als Werner für sie das Haus im Sonnenwinkel gefunden hatte, war davon lange noch nicht die Rede, als allerdings der Architekt Carlo Heimberg diese wunderschöne und auch mehrfach preisgekrönte Siedlung gebaut hatte, hatten sie zugeschlagen. Ihre Eltern hatten das Haus direkt nebenan bekommen, und auch Ricky und Fabian hatten sich eines der Häuser gekauft.

      Ihre Eltern hatten es nicht bereut, in den Sonnenwinkel gezogen zu sein, denn auch sie empfanden es ähnlich so, welch großes Glück es doch war, seine Familie direkt nebenan zu haben.

      Schon als Inge hereingekommen war, wusste Teresa von Roth, dass ihre Tochter etwas auf dem Herzen hatte. Sie wartete erst einmal ab, doch als Inge ein wenig verloren in ihre Kaffeetasse sah und darin herumrührte, obwohl da längst nichts mehr zu rühren war, entschloss Teresa sich, ihre Tochter zu fragen was los war. Hoffentlich war Inge nicht wieder in eine Depression verfallen, weil ihre jüngste Tochter ihr fehlte und weil sie ihre Schuldgefühle einfach nicht loswurde, dass die Kleine ausgerechnet von ganz fremden Frauen zufällig erfahren musste, dass sie adoptiert war.

      Sie waren doch auf einem guten Weg gewesen. Sollte das alles wieder vorbei sein?

      Teresa von Roth war eine energische, resolute Frau. Sie war in ihrem Leben durch viele Tiefen, zum Glück auch einige Höhen gegangen. Das hatte sie stark gemacht, und sie konnte auch mit schwierigen Situationen ganz anders umgehen als ihre einzige Tochter.

      Teresa beschloss, sich Gewissheit zu verschaffen. »Was ist los, Inge? Worüber denkst du nach?«

      Inge Auerbach zuckte zusammen, ihre Mutter war wachsam, vor der konnte man einfach nichts geheim halten. Sie blickte ihre Mutter an, doch als sie deren besorgten Gesichtsausdruck bemerkte, sagte sie rasch: »Mama, es ist nichts, wirklich nicht. Ich denke nur darüber nach, ob ich mit Brot und Salz zu Rickys Mieterin gehen soll. Das ist doch eine nette Tradition.«

      Teresa zuckte die Achseln.

      »Das ist deine Entscheidung, mein Kind. Aber warum nicht. Jetzt, da Ricky und Fabian nicht mehr verkaufen, sondern nur vermieten wollen, übernimmst du ja wieder mehr oder weniger die Verwaltung des Hauses. Diese Frau weiß, dass sie sich an dich wenden soll, wenn am Haus etwas nicht in Ordnung ist. Warum also nicht?«

      Inge nickte.

      »Ich denke an eines dieser köstlichen Mühlenbrote, und im Biosupermarkt würde ich ein besonderes Salz holen. Und das alles packe ich in einen hübschen Brotkorb. Ich habe da einen in diesem neuen Laden in Hohenborn gesehen.«

      »Inge, wenn du das Gefühl hast, es tun zu müssen, dann tue es. Aber warte nicht zu lange, die Frau und das Mädchen wohnen ja schon ein paar Tage im Haus.«

      »Ich weiß, und deswegen möchte ich heute gehen, ich bin eigentlich nur hergekommen, um dich zu fragen, ob du mit mir gehen willst.«

      Das lehnte Teresa sofort ab.

      »Nein, Inge, da kannst du nicht mit mir rechnen. Ich werde diese Frau vermutlich irgendwann mal irgendwo sehen, aber jetzt muss ich nicht hingehen. Außerdem finde ich es nicht so prickelnd, dass wir dort im Zweierpack auftreten. Nö, mach mal.«

      Inge wäre ja am liebsten mit ihrer Mutter zu der neuen Mieterin gegangen. Ricky hatte gesagt, dass die Frau ein wenig merkwürdig sei, und mit solchen Menschen kam ihre Mutter am besten zurecht. Sie kam mit allen Menschen zurecht, weil Teresa jeden von ihnen so zu nehmen wusste wie er war.

      Inge trank ihren Kaffee aus.

      »Ja, dann werde ich mal meine Besorgungen machen und zu Frau Schulz gehen, hoffentlich empfindet sie das nicht als aufdringlich.«

      »Sie wird sich freuen«, sagte Teresa. »Besonders das Mühlenbrot ist ja so köstlich, bestimmt punktest du damit ganz besonders. So etwas findet man nicht so schnell. Ich habe gehört, dass sogar Bestellungen aus dem Ausland kamen, als die Mühle mit ihren Produkten im Fernsehen vorgestellt worden war. Aber ist ja auch kein Wunder, es gibt zwar viele Brote in unserem Land, doch die meisten Bäcker machen es sich doch bequem und benutzen diese schrecklichen Backmischungen. Brote zu backen, das bedeutet viel Arbeit, und die will sich keiner mehr machen.«

      Brot und wie es gebacken wurde, das war für ihre Mutter ein richtiges Reizthema, und da konnte sie sich richtig aufregen.

      Inge stand schnell auf.

      »Mama, ich gehe jetzt, wenn ich zurück bin, komme ich kurz bei dir vorbei und erzähle, wie es bei Frau Schulz gelaufen ist. Soll ich für Papa und dich ein Brot aus der Mühle mitbringen?«

      »Nein, danke, mein Kind. Magnus und ich genießen es, in der Mühle einen Kaffee zu trinken und ein Stück Kuchen zu essen. Das ist der reinste Genuss, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wir waren gerade erst gestern dort und haben uns mit dem Bioroggen


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