Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
zwei weitere Blondinen weitergereicht. Diese Mädchen trugen oberschenkellange Frottemäntel, tailleneng gebunden. Sie sahen in dieser Verpackung sehr frisch und lebenswarm aus.
„Darf ich Ihren Laufzettel sehen?“ fragte eine der Blondinen. „Ach ja. Zuerst Einzelsauna, dann Massage, anschließend eine halbe Stunde Ruhe. Wir wünschen Ihnen gute Erholung, Sir …! Wenn Sie uns bitte folgen wollen …“
Parker befand sich nicht allein im Souterrain des Sherman-Hotels.
Im Grunde herrschte hier unten ein reger Betrieb. Herren aller Altersklassen, meist angetan mit Bademänteln, wurden von Blondinen betreut und umhegt. Es herrschte eine etwas freie, ausgelassene Atmosphäre, wie man sie in Bäderhotels häufig antreffen kann.
Parker hatte inzwischen seine Einzelsauna erreicht und betrat den kleinen Raum, der völlig mit Holz ausgeschlagen war. In einer Ecke stand ein mit Draht geschützter Spezialofen. Elektrostäbe heizten dicke Steine auf, die nach dem automatischen Abschalten mit Wasser übergossen wurden. Der entstehende Heißdampf sollte dann anschließend die Körper zum totalen Schwitzen bringen.
Parker hatte bisher genau beobachtet und nichts festgestellt, was auf Taktlosigkeiten des weiblichen Personals oder der Badegäste schließen ließ. Wenn der Ton auch frei war, so gestatteten sich die Anwesenden keinesfalls Freiheiten, die über das normale Maß hinausgingen.
„Falls es Ihnen zu heiß wird, Sir, oder Sie spüren, daß Ihnen vielleicht etwas schlecht wird, so drücken Sie bitte dort auf die Klingel. Die Tür läßt sich selbstverständlich auch von innen öffnen. Dazu brauchen Sie nur diesen Hebel hier aufzudrücken. Und nun wünsche ich Ihnen eine angenehme Sauna …!“
Parker blieb im kleinen Vorraum zurück, in dem die Kleidung abgelegt werden konnte. Er dachte nicht im Traum daran, sich der Sauna hinzugeben. Ihm war es nur darum gegangen, gewisse Ortsstudien zu betreiben. Er wollte herausfinden, was sich im Souterrain des Hotels tat, wollte testen, ob die langbeinigen Blondinen sich an die Spielregeln menschlichen Zusammenseins hielten, und zwar unter den strengen Richtlinien, die Parker anzulegen bereit war.
Die Haupttür schloß sich hinter ihm. Parker sah in die eigentliche Sauna hinein, wo der Elektroofen bereits arbeitete und eine schon fast erstickende Wärme verbreitete.
Parker trat in den kleinen Raum. Er hatte vor, das bereitstehende Wasser auf die heißen Steine zu stürzen, um dann schleunigst wieder in den Vorraum zurückzugehen. Wie gesagt, er wollte sich den Strapazen der Sauna auf keinen Fall unterziehen.
Er hatte die Rechnung ohne gewisse Automatiken gemacht …!
Als das Wasser auf die glühheißen Steine stürzte und sich unter gurgelndem Zischelt heißer Dampf entwickelte, schwang die Tür der kleinen Sauna automatisch zu und fiel ins Schloß. Parker merkte dies erst, als er wieder zurück in den Vorraum gehen wollte.
Er versuchte die Tür zu öffnen, doch sie rührte sich nicht.
Parker bemühte den Hebel, den die langbeinige Blondine ihm gezeigt hatte.
Die Tür rührte sich nach wie vor nicht, ja, sie schien von außen zugenagelt worden zu sein.
Die Hitze und der Wasserdampf schienen sich von Sekunde zu Sekunde zu steigern. Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, daß Parker bereits im wahrsten Sinne des Wortes der Schweiß ausgebrochen war, der erstaunlicherweise kalt war, was in Anbetracht der herrschenden Hitze zumindest ungewöhnlich zu nennen war …!
*
Die Hitze steigerte sich bis zur Unerträglichkeit.
Parker versuchte den Heizofen abzustellen, doch dies war nicht möglich. Schalter und Leitung führten direkt durch die Wand und befanden sich wohl auf der Außenseite der Holzkabine. Hinzu kam, daß aus einem automatisch gesteuerten Zufluß immer wieder Wasser auf die glühenden Steine fiel. In der Sauna herrschten bereits Temperaturen, die das Atmen schwierig machten.
In Anbetracht der Lage gestattete der Butler sich den Luxus, sich Jackett und Weste aufzuknöpfen. Als die Hitze sich weiter steigerte, lockerte er sogar die Krawatte, was er sich sonst niemals verziehen hätte. Korrektheit ging ihm ja über alles.
Parker hatte einige Male gegen die Tür geklopft, doch schnell eingesehen, daß draußen bestimmt nichts gehört wurde. Sein anfänglicher Verdacht wurde langsam zur Gewißheit. Man hatte ihn in eine sehr raffinierte Falle gelockt und wollte ihn hier wohl umkommen lassen. Das Sherman-Hotel hatte es eben doch in sich. Ob Gloria Farewell wohl davon wußte? Oder ob all dies auf Ernest Litch zurückging?
Parker hatte sich auf den Lattenrost gesetzt und atmete tief am Boden, wo die Luft noch einigermaßen erträglich war. Lange hielt dies aber bestimmt nicht vor. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er elend erstickte. Und genau dies hatte man mit ihm wohl vor.
Parkers Unmut steigerte sich langsam.
In einer Sauna umkommen! Dies fand er nicht besonders standesgemäß für einen hochherrschaftlichen Butler. Er machte sich ja nachträglich noch zum Gespött seiner Standesgenossen …
Die alte Energie kehrte in ihn zurück.
Es galt, erst einmal den Ofen abzustellen. Dazu mußte er sich eben etwas einfallen lassen.
Parker arbeitete sich durch den feuchten, dichten und heißen Nebel noch einmal an diesen Ofen heran und untersuchte ihn mit der Spitze seines Universal-Regenschirms.
Die Dinge lagen sehr einfach.
Der Ofen stand vor einer Asbestplatte an der Wand. Durch diese Asbestplatte führte das Stromzuführungskabel. Und dieses Kabel mußte irgendwie durchtrennt werden.
Parker schraubte einen seiner Kugelschreiber auf und schob die Mine dicht an die Asbestplatte heran. Es gelang ihm, sie auf das Panzerkabel zu bringen, das die Zuleitung schützte. Er zündete die Spitze der Kugelschreibermine mit einem Streichholz und trat sicherheitshalber zurück.
Die Mine arbeitete nach dem Prinzip einer Wunderkerze, wie man sie an Weihnachtsbäumen vorfindet, sie arbeitete auch nach dem Prinzip einer Thermitlanze. Der Vorzünder brachte die Thermitfüllung in der Mine zur Entzündung. Sekunden später entstand fast so etwas wie ein Lichtbogen. Nach wenigen Sekunden war das dicke Panzerkabel restlos durchtrennt.
Parker, nickte zufrieden und dachte voller Dankbarkeit an die vielen Bastelstunden in den Privaträumen des Penthouse seines jungen Herrn. Während dieser Bastelstunden entwickelte und bastelte er diese kleinen Hilfsmittel zusammen, die streng auf die Erfordernisse eines harten Alltags abgestellt waren. Sie hatten sich jetzt wieder einmal voll bewährt.
Nach einem automatischen Wasserguß, der die dicken Steine abkühlte und leider noch einmal einen Schwall heißer Luft entwickelte, glühten die Steine nun nicht mehr auf. Ob es Einbildung war oder nicht, der Butler verspürte bereits so etwas wie eine kleine Erleichterung, fühlte sich aber dennoch nicht gerettet. Falls er es wirklich mit Gegnern zu tun hatte, die ihn umbringen wollten, dann ließen diese Gegner sich sicher weitere Überraschungen einfallen. Diesen Überraschungen galt es im voraus zu begegnen.
Um sich erst einmal mit Frischluft zu versorgen, ging der Butler zurück zur Tür, die in den Vorraum führte. Hier kniete er nieder und setzte eine Zigarre ein.
Diese Zigarre war so etwas wie eine Sauerstofflanze modernster, aber auch kompaktester Bauart. Nach dem Anreißen des Zünders drückte Parker sie mit der Spitze seines Universal-Regenschirms gegen die dicke Türfüllung. Diese Füllung schmolz wie Schnee in der Sonne. Innerhalb weniger Sekunden fraß sich die Lanze durch das Hindernis und bahnte der Frischluft von draußen einen Weg.
Josuah Parker verspürte sofort den frischen Luftzug, der aus dem Vorraum in die immer noch überhitzte Sauna drang. Doch er wußte jetzt, daß er seinen Gegnern nicht mehr hilflos ausgeliefert war …
*
Diese Vorsorge erwies sich als überflüssig, wie Parker bald feststellen mußte.
Wenige Minuten nach dem Durchbohren der Tür bewegte sich der Verschlußhebel der Tür. Der Butler reagierte sofort. Er legte sich äußerst malerisch auf die Liegebank der Sauna,