Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
„Dort unten … Neben den umgestürzten Palmen!“
„Falls Sie sich meinem Schutz anvertrauen, würden Sie dann mit mir zum Ort des Treffens zurückgehen?“
„Ich … Ich weiß nicht, Mister Parker! Doch …! Ich komme mit! Jetzt will auch ich wissen, was es war! Ungeheuer! So etwas gibt’s doch gar nicht. Aber ich war so fürchterlich überrascht worden!“
„Wurde besagter Speer auf Sie geschleudert?“
„Er zischte dicht an mir vorbei, das habe ich genau gehört.“
„Man wird sehen.“ Parker schritt voraus, Pamela folgte ihm dichtauf. Er hörte ihren schnellen Atem und wußte, daß die geringste Kleinigkeit sie wieder in ein Schluchzen ausbrechen ließ. Diese junge Frau mußte sehr böse erschreckt worden sein, daran war überhaupt nicht zu zweifeln.
„Hier … Nein, dort war es!“ Sie blieb stehen und deutete auf das Gewirr einiger umgestürzter Palmenstämme. „Von dort aus wuchs es plötzlich hoch. Ich weiß nur noch, daß ich mich auf dem Absatz umdrehte und weglief!“
„Man müßte Spuren finden, so hoffe ich wenigstens.“
„Sie glauben mir immer noch nicht, wie?“
Parker verzichtete auf eine Antwort und suchte nach Spuren, was wegen der Dunkelheit nicht leicht war. Dennoch fand er schon bald aufgewühlten Sand, als habe hier ein Wildschwein den Boden aufgebrochen.
„Ihrer Beschreibung nach müßte dann dort irgendwo der geschleuderte Speer sein“, meinte Parker, nachdem er sich aufgerichtet hatte, „hoffentlich finden wir ihn!“
Leider war dieser Speer nicht zu finden.
„Seien Sie ehrlich zu mir, Mister Parker“, bat Pamela Clayton, „glauben Sie mir oder nicht?“
„Ich glaube Ihnen vollkommen“, sagte Parker, „Mörder haben es leider nun einmal an sich, ihre Opfer mehr oder weniger zu erschrecken!“
„Aber wer ist dieser Mörder!?“
„Dies, Miß Clayton, wird sich in angemessener Frist zwangsläufig herausstellen. Bis dahin muß ich Sie allerdings bitten, etwas Geduld aufzubringen.“
„Aber dieser Mörder wird doch immer wieder versuchen, mich umzubringen.“
„Hätte er dafür einen Grund?
„Natürlich nicht …!“ Sie sagte es hastig und abweisend, „ich habe nicht die geringste Ahnung …
*
Ein strahlender Morgen mit einer Sonne, die fast unwirklich war …
Weiche Wärme breitete sich aus. Ein leichter Wind spielte mit den Blättern der Palmen und auch mit jenen, die die Blöße zweier junger Damen bedeckten.
Judy Harless und Hazel Belmont hatten anstelle ihrer immer noch vermißten Kleidung Palmenblätter zusammengereiht und sich daraus recht ansehnliche Röckchen gefertigt. Blumengirlanden schützten den Oberkörper.
„Wann wollen Sie den beiden Damen die Kleidung zurückgeben?“ fragte Rander seinen Butler, „so kenne ich Sie ja überhaupt nicht, Parker? Haben Sie Ihr Herz für die Südsee und für neckische Hula-Hula-Girls entdeckt?“
„Eine Maßnahme, die der allgemeinen Sicherheit dienen soll“, gab der Butler würdevoll zurück, „ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich mit dieser Taktik keine Dinge verfolge, die man vielleicht als zweideutig bezeichnen könnte.“
„Was ich auch hoffen will“, frotzelte Rander und lächelte.
„Die Baströckchen und Blumengirlanden schränken den Aktionsradius der beiden Damen zwangsläufig ein“, führte der Butler weiter aus, „das natürliche Schamgefühl wird die beiden Damen daran hindern, besonders aktiv zu werden.“
„Sie trauen den Hostessen wohl nicht über den Weg, wie?“
„Die Damen Owen, Harless und Belmont dürften meiner bescheidenen Ansicht nach mehr als nur Hostessen sein, Sir. Sie sind durchaus fit und trainiert und verfügen zusätzlich über Nahkampfkenntnisse, die man normalerweise nicht braucht.“
„Und was halten Sie von Pamela Clayton und Kathy Lombard?“
„Miß Pamela erwies sich in der vergangenen Nacht als ein etwas zu ängstliches Mädchen, Sir!“
„Wie ich Sie kenne, ist das bereits ein Urteil über sie.“
„In der Tat, Sir!“
„Könnte man sie nicht wirklich in der Maske eines Ungeheuers erschreckt haben?“
„Sehr wohl, Sir, aber eine Miß Pamela Clayton ist in meinen Augen keineswegs eine junge Dame, die sich dann schluchzend an die Brust eines Mannes wirft. Ich möchte natürlich einräumen, daß ich mich ungemein irren kann!“
„Okay, und Kathy Lombard?“
„Verhält sich etwas zu unauffällig! Die Erfahrung hat gelehrt, daß sie sehr aktiv sein kann. Man sollte sie niemals völlig aus den Augen verlieren.“
„Da haben wir nun fünf reizende Seejungfrauen“, meinte Rander aufseufzend, „und mit keiner sollte man einen einsamen Spaziergang am einsamen Strand machen. Das wollen Sie damit doch sagen, oder?“
„Gewiß, Sir! Solch ein Spaziergang könnte meiner bescheidenen Ansicht nach tödlich sein.“
„Hoffentlich vergesse ich Ihre Warnung nicht, Parker.“ Rander schmunzelte. „Je länger wir hier auf der Insel sind, desto mehr wird man ein nettes Gespräch suchen.“
„Kapitän Curson rechnet mit einer baldigen Errettung, Sir.“
„Curson ist ein Versager! Er weiß noch nicht einmal, wo wir sind.“
„Er vergeudet seine Zeit damit, sich mit Mister Keswick herumzustreiten!“
Was richtig beobachtet war!
Keswick und Curson brüllten sich wieder einmal an. Zum drittenmal, seitdem die Sonne aufgegangen war. Paul Broken verhielt sich apathisch. Er lag im Sand und starrte zum blauen Himmel empor.
Die „Seejungfrauen“ haften sich etwas abgesondert und redeten leise miteinander.
Das Ehepaar Forest nahm ein Fußbad am Strand und schien nichts zu hören.
„Wie soll’s denn jetzt weitergehen? sagte Rander und deutete mit dem Kinn auf die Szenerie, „einer von ihnen muß Edwards und Deering umgebracht haben. Aber wer?“
„Ich möchte nicht unbedingt widersprechen, Sir“, antwortete Parker höflich und gemessen, „aber haben Sie schon einmal an die Möglichkeit gedacht, daß wir es vielleicht mit zwei Mördern zu tun haben?“
*
Nahrungssorgen gab es nicht.
Nach seinem Streit mit Keswick machte Kapitän Curson sich daran, einige Kokosnüsse von einer Palme zu schütteln. Mit Steinen wurden sie aufgebrochen und verzehrt. Während dieser improvisierten Mahlzeit saßen sie fast einträchtig zusammen.
Es war natürlich bekannt geworden, Parker hatte dafür gesorgt, daß Deering ermordet worden war. Doch dieses Thema wurde erstaunlicherweise nicht sonderlich diskutiert. Eine gewisse Spannung, die mit nackter Angst vermischt war, dämpfte die Unterhaltung. Nur Parker war bester Laune und plauderte.
„Ich darf bei dieser passenden Gelegenheit an den wohl einmaligen Roman von Mrs. Agatha Christie erinnern“, sagte er, „in diesem Kriminalroman befindet sich eine Handvoll Menschen ebenfalls auf einem Eiland und wird Person um Person dezimiert. Ich muß gestehen, daß ich fast so etwas wie gewisse Parallelen entdecke.“
„Soll das heißen, daß Sie mit weiteren Morden rechnen?“ fragte Paul Broken.
„Damit sollte man rechnen, Mister Broken!“
„Herrliche