Sturm auf Essen. Hans Marchwitza
... ha!“
„Elin saftiges Lendenstück ... ha!“
„Daß einem das Fett am Maule herunterströmt ... ha!
„Lieber ein Rindsstück ... ho!“
„Einen fetten Schweinekopp ... hoho!“
„Mir würde ein fettes Stück Hinterteil genügen ... ha!“
„Dann aber, Alte, hastenichgesehn ... ho!“
„Wenn ihr doch einmal mit dem sündhaften Reden aufhören wolltet!“ klagt der Sabbatist Janke.
„Paß auf deine Alte auf, du heiliger Apostel, sie holt sich heimlich den Steiger herein. Siehst ja vor lauter Bibel nicht, daß sich dein Weibchen mit anderen paart!“
„Hohohoho!“ heult die Kaue.
„Es gibt Kartoffeln ...“
„Kartoffeln gibt es ...“
„Kartoffeln ...“
„Die Herren Betriebsräte haben sich endlich angestrengt!“
„Es wird Zeit, sonst wächst ihnen der Arsch an dem Verhandlungstisch fest ...“
„Es gibt Kartöffelchen!“
„Kartöffelchen!“
Der Betriebsobmann Heise, den sie schon dreimal abgesetzt und wieder gewählt haben, verhandelt nur noch die ganzen Tage und halbe Nächte mit der Direktion wegen Kartoffeln, um die nach Fraß Brüllenden zu besänftigen. Man schindet ihn, als hätte er das Elend verursacht und nicht die Herren Geldsäcke. Man macht ihm das Leben so sauer wie nur möglich. Franz hat manchmal das Bedürfnis, mit den Fäusten dazwischenzuhauen: „So laßt ihm doch etwas Atem, Narren verfluchte, seht ihr denn nicht, daß ihr ihn zuschanden hetzt!“
„Ich geh’ hier weg“, sagte ein Junge neben ihm mit dem vergrämten Gesicht eines alten Menschen, „ich melde mich zur Fremdenlegion. Das hier ist doch kein Leben mehr.“
„Gewiß, Junge, es ist gegenseitiger Mord.“
Der Junge ist Heises Sohn, ein Sohn, der den Vater haßt, weil er für alle den lächerlichen Hanswurst spielt.
„Spei den Idioten doch in die Fresse“, schreit er den grauen Mann an, der auf der Bank steht und stammelt, daß die Kartoffeln noch nicht herangeschafft werden können, weil es an Transportmöglichkeiten fehle, während die wilde Gesellschaft ihn voller Wut anheult: „Ihr seid alle aus demselben Holz geschnitzt!“ – „Ihr taugt alle keinen Schuß Pulver!“ – „Auch dir ist der Arsch an den Sessel festgewachsen!“
Der Junge sagt mit Bitterkeit: „Ich seh mir dieses Theater nicht mehr lange an. Ich melde mich, ganz gleich wo, und wenn es mein Krepieren ist.“
Es ist ein bleiches Knabengesicht; es erinnert Franz an viele gleichen Gesichter aus seiner Kindheit. „Wenn es heut noch möglich wäre, auf See zu kommen“, sagt der Junge, „als blinder Passagier meinetwegen, ich würde ohne Zögern ziehen!“
Franz sagt: „So habe auch ich geträumt. Es hat keinen Zweck! Alles Fallen, Wolfsgruben. Wir müssen hier kämpfen!“
„Hier kämpfen. Kämpf doch“, sagt der Junge böse, „du siehst doch, was sie treiben. Ich hab’ mir wirklich alles anders gedacht. Jetzt fressen sie sich wieder.“
Franz schwieg.
„Es kann sich wieder über Nacht ändern, wart’, Junge!“ tröstete er ihn und auch sich. Ja, er hoffte, daß über Nacht etwas anderes kommen müßte, kommen würde!
Das war seine heimlich fortlebende Hoffnung. Sie stieg auch in Christian Wolnys Träumen wie ein Schiff mit vollen, roten Segeln aus dem Dunkel der Hoffnungslosigkeit. Sie winkte aus dem goldroten Morgen, aus den grell auflohenden Bränden des Werkes, die wie flammende Fahnen den rauchdunklen Himmel erleuchteten. Sie regte sich in ihm, wenn er die haßerfüllten Mienen der Schlepper nachdenklicher, ernsthafter, menschlicher bemerkte, wenn einer murmelte: „Hoffentlich kommt ein Tag, wo der Mensch wieder den anderen Menschen versteht“; wenn ein zweiter den gehetzten Heise reuig anrief: „Albert, hetz dich nicht so ...“, ein dritter ihn beim Arm faßte: „Genosse Albert ...“; wenn der Knabe Heise ruhiger und mit verträumtem Blick neben ihm ging: „Franz, glaubst du, daß die Menschen sich noch einmal rühren? Weißt du, ich lief damals immer vorn bei der Fahne. Ich mußte alles sehen und hören. Wenn es noch mal losgeht, dann heul’ ich vor Freude!“
Seine hingeworfenen Worte: „Wenn es noch mal losgeht“, beschäftigten Franz den ganzen Weg. Seine Kraft wuchs: „Nein, es kann noch nicht alles zu Ende sein!“
Sie schlagen Berge von Kohle; sie steigen jeden Tag in den Rachen der Hölle; alle wissen, daß es ihr Tod ist, wenn sie unter dem brechenden Gestein schuften. Was macht es ihnen leichter, ihre Todesangst zu überwinden, was gibt ihnen die Kraft, den Gang in die Achthundertmeter-Tiefe immer wieder zu wagen? Weil sie wissen, daß der andere in der Nähe ist und ohne Zögern zu Hilfe eilt, wenn einem Gefahr droht. Kleinsucht, Groll, Zwiespalt sind wie weggeweht. – Der Kumpel ist in Not! und jeder wird Mensch, Kumpel, Genosse und steht dem Unglücklichen bei.
„Es wird wieder anders“, suchte sich Franz zu beruhigen, er hatte ja schon mehrere Male ihre furchtbare Kraft erlebt, beim Sturm auf die Kasernen, bei Dutzenden von Demonstrationen. Nur klüger, überlegener mußten sie handeln, nicht zwiespältig, nicht der eine hott, der an dere hü; zusammen und mit den gleichen Gedanken.
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