Der bleierne Sarg. Thomas Frankenfeld
THOMAS
FRANKENFELD
DER
BLEIERNE
SARG
EIN THRILLER
Inhalt
Prolog
Juni 1643, Wedel in Holstein
Gesche Carstens rannte. Ihre nackten Füße flogen über den harten, staubigen Boden und trommelten darauf ein wildes Stakkato. Ihr Atem ging in keuchenden Stößen, aufgelöstes, verschwitztes Haar flatterte ihr hinterher wie ein dunkles Banner. Die junge Frau bemerkte weder, dass sich spitze Steine in ihre Sohlen gruben, noch, dass die scharfen Dornen einer Hundsrose ihre Waden aufrissen und rote Spuren hinterließen. Sie rannte um ihr Leben.
Als sie das geduckte Ziegelgebäude des Jacob‘schen Hofes erreichte, der eine halbe Meile nordwestlich der Stadt Wedel lag, warf sie einen gehetzten Blick zurück. Ihre Verfolger hatten an Boden verloren, behindert durch das Gewicht ihrer ledernen Wämser und stählernen Waffen. Doch sie mussten jeden Moment am Waldrand auftauchen, und die Magd wusste, was ihr dann bevorstand. Einerlei, ob es Brandenburger, Österreicher, Schweden oder andere Heere waren – die Truppen in diesem seit vielen Jahren hin- und herwogenden Gemetzel, das man später den Dreißigjährigen Krieg nennen würde, hausten allesamt unmenschlich in den umkämpften Gebieten. Ganze Landstriche waren bereits entvölkert, Dörfer und Städte in Schutt und Asche gesunken. Ausgerechnet die Bauern, die sich täglich den Rücken krumm schufteten, um eine karge Mahlzeit auf den Tisch stellen zu können, standen bei den Söldnerheeren im Verdacht, Schätze in ihren Häusern zu horten. Wie viele von ihnen in die brennenden Kamine ihrer eigenen Häuser gehängt oder mit dem grauenhaften „Schwedentrunk“ zu Tode abgefüllt worden waren, um angebliche Wertsachen preiszugeben, vermochte niemand zu sagen. Abertausende waren es gewiss. Kaum eine Frau, kaum ein halbwüchsiges Mädchen blieb auf dem Lande von der Schändung durch die grausame Soldateska verschont.
Gesche hatte die Gier und die Erbarmungslosigkeit