Der neue Sonnenwinkel 37 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel 37 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Kind beanspruchte sehr viel Zeit. Dabei war der kleine Philip aus dem Gröbsten heraus, und er war für sein Alter sehr selbstständig, was wohl auch nicht ausblieb, wenn man bei einer alleinerziehenden Mutter aufwuchs.

      Roberta wollte Philip nicht eine Sekunde missen, und sie mochte nicht daran denken, wie ihr Leben wieder ohne ihn sein würde. Und die Zeit der Trennung würde bald kommen, es war von Anfang an ein Glück auf Zeit gewesen.

      Auf jeden Fall hatte Roberta keine Illusionen mehr, und der Gedanke, dass Beruf und Kind mit linker Hand vereinbar sei, den gab es nicht mehr. Sie war zu blauäugig gewesen, und sie konnte sich jetzt nicht mehr verstehen, warum sie so besessen davon gewesen war, Lars unbedingt nicht nur heiraten zu wollen, sondern sie hatte von einer Kinderschar mit ihm geträumt und ihn damit haltlos überfordert. Das wusste sie jetzt.

      Warum hatte sie es nicht einfach darauf ankommen lassen? Sie waren so glücklich miteinander gewesen, er war ihr Mr Right, und er war sehr, sehr offen gewesen, hatte ihr niemals etwas vorgemacht. Sie hatte mit ihren Wünschen immer wieder die Grenze überschritten, was ihn panisch gemacht hatte.

      Lars zog es immer wieder in die Ferne, damit hatte sie sich abgefunden, doch jetzt die mehrmonatige Beziehungsauszeit, die machte ihr sehr zu schaffen.

      Lars fehlte ihr.

      Roberta vermisste ihn.

      Und wenn sie ehrlich war, dann hatte sie auf die Zeilen, die sie ihm trotz der vereinbarten Auszeit geschickt hatte, eine Antwort erwartet. Es war nichts gekommen, und was sie am meisten beunruhigt war, dass sie ihn nicht erreichen konnte. Sein Handy war ausgestellt. Das hatte sie mehrfach erfahren, denn sie hatte ihren Stolz überwunden. Sie hatte angerufen, um ihm zu sagen, wie sehr sie ihn vermisste, wie sehr er ihr fehlte. Und da das Handy ausgestellt war, konnte sie ihm auch nicht schreiben.

      Tief in ihrem Herzen nistete sich Angst ein, die sie tapfer zu bekämpfen versuchte, denn mit negativen Gedanken führte man negative Ergebnisse herbei.

      Ihr Herzschlag beschleunigte sich.

      Und wenn Lars nun etwas passiert war?

      Dieser Gedanke war unerträglich, sie versuchte, dieses Gedankenkarussell abzustellen. Lars befand sich nicht in gefährlichen Gefilden. Sie hätte Angst haben müssen, als er im tiefsten Eis bei den Eisbären gewesen war.

      Aber wo war er?

      Nicht einmal das wusste sie, und bei Lars konnte sich sehr schnell etwas ändern.

      Der kleine Philip machte sich immer breiter, jetzt lag er fast quer im Bett. Roberta traute sich nicht, ihn wieder richtig hinzulegen, aus Angst, sie könne ihn aufwecken. Das wollte sie nicht.

      Sie stand vorsichtig auf. Schlafen konnte sie eh nicht mehr, ihre Angst um Lars wurde immer größer, und der konnte sie nur begegnen, indem sie etwas anderes machte.

      Sie glaubte zwar nicht an die Wirksamkeit, und es war auch durch überhaupt nichts wissenschaftlich bewiesen. Doch seit Generationen herrschte der Glaube vor, bei Schlaflosigkeit helfe heiße Milch mit Honig. Das kannte Roberta sogar noch von ihrer Großmutter. Auf jeden Fall war es beruhigend, und die Zubereitung der heißen Milch würde sie hoffentlich von ihren Gedanken ablenken.

      Als sie jedoch in die Küche kam, staunte sie nicht schlecht. Dort fand sie Alma vor. Und was tat sie? Sie war dabei, gerade Milch in einen Topf zu schütten.

      Auch wenn sie nicht gut drauf war, musste Roberta jetzt doch lachen.

      »Alma, bitte machen Sie auch gleich eine Milch für mich mit«, rief sie, dann setzte sie sich an den Küchentisch und blickte zu Alma, die geschickt am Herd hantierte.

      »Ich wusste gar nicht, dass Sie bei Vollmond ebenfalls nicht schlafen können«, rief Alma. »Wenn der Mond dick und fett am Himmel hängt, dann ist es aus bei mir, dann bekomme ich kein Auge zu. Und da hilft nichts, keine Meditation, keine Entspannungsübungen.«

      Roberta konnte ihrer treuen Haushälterin jetzt schlecht sagen, dass die Angst um Lars sie aus dem Bett getrieben hatte. Sie hatte ja zum Glück ein anderes Ass im Ärmel. Sie erzählte ihr, dass Philip zu ihr ins Bett gekommen war und sich in dem jetzt so richtig breit machte.

      Alma war hingerissen, nicht, weil er das ganze Bett für sich in Anspruch nahm, sondern weil er allein durch das nächtliche Haus getalpt war.

      »Ach, Frau Doktor, die schöne Zeit ist bald vorbei. Philip wird uns sehr fehlen, nicht wahr?«

      Das konnte Roberta nur bestätigen. »Er hat uns ja versprochen, dass er uns immer besuchen wird, und ich denke, er wird Trixi lange genug nerven, bis die uns den Kleinen bringt.«

      »Ich kann ihn auch holen«, schlug Alma sofort vor, die den Kleinen abgöttisch liebte.

      »Alma, das sagen wir ihm besser nicht. Ich denke, wir dürfen Trixi nicht in die Erziehung pfuschen. Sie hat es schwer genug, alles miteinander zu vereinen. Ich könnte das nicht, und ich bewundere Trixi insgeheim. Wie sie das ohne Hilfe schafft, und jetzt kann sie ja auch nicht mehr im Notfall auf ihre Eltern zurückgreifen, seit ihr Vater krank ist. Und leider sieht es für ihn überhaupt nicht gut aus. Er wird zwar zum Glück kein Pflegefall, aber nach seiner Rückkehr aus der Reha, in der er sich jetzt befindet, wird er in seinen Bewegungen sehr eingeschränkt sein.«

      Alma hatte mittlerweile die heiße Milch mit dem Honig zubereitet, stellte einen der hübschen Keramikbecher vor Roberta ab.

      »Ach, Frau Doktor, es trifft immer die Falschen. Die Dreck am Stecken haben, die kommen stets ungeschoren davon.«

      Ein solcher Satz, den Roberta sofort bestätigen konnte, kam nicht von ungefähr. Schließlich hatte sie beide sehr schlechte Erfahrungen mit ihren Ex-Ehemännern gemacht. Und Max würde noch immer in ihrem Leben herumgeistern, wenn ihr alter Freund Bernhard dem nicht einen Riegel vorgeschoben hätte. Bernie war in einer geschäftlichen Angelegenheit in den Sonnenwinkel gekommen, die sich zerschlagen hatte, doch für sie war es ein Glücksfall gewesen. Bernie hatte es für sie in die Hand genommen, und Max in die Schranken verwiesen, der hatte sich zwar noch einmal ganz bitterlich beschwert, wie ein gemeinsamer alter Freund so etwas hatte tun können, doch danach war Ruhe gewesen. Max hatte begriffen, dass es für ihn böse Folgen haben würde, sollte er es noch einmal wagen, sie zu behelligen, in welcher Weise auch immer. Und da musste man eines sagen, Dr. Max Steinfeld war sehr kreativ gewesen, er hatte nichts ausgelassen.

      Die Milch mit dem Honig war köstlich, sie erweckte Erinnerungen an früher. Und auch wenn das nicht immer eitel Sonnenschein gewesen war, so dachte man nur an das Schöne, was man sogar verherrlichte, während man das Negative verdrängte, was auch nicht richtig war.

      Am besten lebte man gut in der Gegenwart, dann konnte die Vergangenheit keine schlechte sein. Und die Zukunft? Die konnte niemand voraussehen, und es kam immer anders als gedacht. Doch bei einer gern gelebten Gegenwart brauchte man sich keine Gedanken um die Zukunft machen. Das Leben bestand immer nur aus der Gegenwart. Eigentlich war das nicht schwer zu begreifen, und dennoch verfing man sich in der Vergangenheit und plante etwas, was höchstens ansatzweise zu planen war, wie beispielsweise eine Berufsausbildung, der Kauf eines Hauses.

      Roberta trank schnell, um sich nicht in solche Betrachtungen zu verlieren. Sie hörte Alma zu, die von ihren Chorproben sprach. Ihr Gospelchor hatte einen Preis gewonnen, und nun stand im Raum, dass sie nach Amerika fahren würden, nach Louisiana, wo diese Art zu singen zu Hause war.

      Roberta freute sich so sehr für Alma, dass sie mit einer solchen Begeisterung dabei war. Und sie wünschte ihr von ganzem Herzen, dass es mit der Reise in die USA klappen würde.

      Für sie allerdings würden trübe Zeiten anbrechen, denn ohne Alma war sie aufgeschmissen.

      Roberta merkte, wie eine Schläfrigkeit sich in ihr ausbreitete, und das nutzte sie aus. Sie wollte wieder in ihr Bett, denn es lang ein anstrengender Tag vor ihr, der mit einer normalen Arbeitszeit längst nicht vorbei war.

      Alma schrieb das sofort der Wirksamkeit der Milch zu, Roberta sagte nichts dazu, denn warum half es bei Alma nicht? Die war noch immer putzmunter.

      Gemeinsam gingen sie in Robertas Schlafzimmer, Alma


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