Haus der Hüterin: Band 11 - Die Bedrohung. Andrea Habeney

Haus der Hüterin: Band 11 - Die Bedrohung - Andrea Habeney


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wir uns nicht an der Rettungsmission …“

      „Die Rettungsmission wurde erfolgreich durchgeführt“, fiel sie ihm ins Wort. „Die Hüterin ist befreit und in Sicherheit.“

      „Oh“, stieß er hervor. „Das ist ja …, also, was soll ich sagen? Das ist fantastisch! Wie habt Ihr es bewerkstelligt?“

      „Ich hatte Unterstützung.“ Ihr Ton machte deutlich, dass sie nicht vorhatte, mehr darüber zu sagen.

      „Gut, gut. Und die Wächterin?“

      „Wird bei mir leben, solange sie es wünscht. Aber deshalb komme ich nicht.“

      Antrax beugte sich vor. „Was verschafft mir dann die Ehre?“

      „Die Gesellschaft hat vor etwa fünfzehn Jahren zwei Hütern ihr Haus auf Aldibaran weggenommen und sie in die Verbannung geschickt.“ Rylee sah, dass Antrax etwas sagen wollte, und hob die Hand. „Ich weiß sehr wohl, dass Ihr damals nicht beteiligt wart, aber das ist jetzt auch einerlei. Einer der Hüter hatte sich tatsächlich etwas zuschulden kommen lassen. Er ist jetzt tot, aber sein Bruder lebt und konnte sich aus der völlig zu Unrecht erfolgten Verbannung befreien. Er hat ein neues Haus geschaffen und trägt seine Essenz mit sich.“

      „Wo ist er?“, wollte Antrax wissen.

      „Er ist in meinem Haus und steht unter meinem Schutz. Aber die Essenz wird sterben, wenn er nicht bald einen neuen Platz bekommt, um sich anzusiedeln.“

      „Ich sehe, worauf das hinausläuft“, sagte Antrax säuerlich. „Ich würde sicher einen Platz finden, sofern es zutrifft, dass der Hüter würdig ist, aber ich befürchte, Ihr habt etwas anderes im Sinn, eine schnellere Lösung.“

      Rylee nickte. „Ihr begreift rasch, Leiter Antrax. Ich möchte, dass er sein Haus an der Stelle des Hauses Bayern errichten darf, das mein guter Freund Gregor mit sich nehmen wird.“

      Antrax lehnte sich zurück und sah sie abschätzend an. „Nur damit ich es richtig verstehe“, sagte er. „Warum sollte ich das tun? Die Stelle ist dem Sohn eines unserer verdientesten Hüter versprochen worden.“

      „Weil die Gesellschaft Percival großes Unrecht zugefügt hat, und ich es jedem aber auch jedem erzählen werde, wenn sie nicht versucht, es auf diese Weise wieder gut zu machen. Und wie wichtig Euch Euer Ruf ist, habt Ihr mir ja beim letzten Mal gezeigt.“

      „Aber Miss Montgelas …“, begann er. „Sie werden mir doch nicht nachtragen, dass ich abgelehnt habe, einen der reichsten Männer der Galaxis zu verärgern, nur aufgrund eines Hirngespinstes.“

      „Wir beide wissen doch inzwischen, dass es kein Hirngespinst war“, sagte Rylee freundlich. „Und was den reichen Mann betrifft: Es liegt auch ihm sehr am Herzen, dass die Angelegenheit auf diese Weise bereinigt wird.“

      Antrax´ Blick flackerte. „Was für ein Interesse sollte Gargosian an diesem Hüter haben?“

      Rylee zog ihr Mobiltelefon aus der Tasche. „Wir können ihn fragen.“ Bevor der verblüffte Antrax reagieren konnte, hatte sie die Nummer des Millionärs gewählt und hielt Antrax das Telefon hin.

      Mit versteinertem Gesicht hörte er zu, was Gargosian ihm sagte.

      „In Ordnung“, sagte Antrax schließlich und gab Rylee das Telefon zurück.

      „Sie sind weit gekommen“, sagte er mit tonloser Stimme. „Ich werde sofort eine Übertragungsurkunde aufsetzen lassen. Ihr Freund kann sein Haus pflanzen, sobald Haus Bayern umgesiedelt worden ist.“

      Rylee bedankte sich höflich und ging, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Sie nickte der Empfangsdame zu und schritt in das Portal.

      Percival starrte sie schweigend an, als Rylee ihm den Vorschlag unterbreitete. Sie hatte ihn im Garten gefunden, wo er die letzten Handgriffe am neu errichteten Hühnerstall ausführte.

      Sie wartete einen Moment und wiederholte, als er nichts sagte: „Du kannst dein Haus in Bayern errichten. Oder möchtest du nicht auf der Erde leben?“

      Wieder kam keine Antwort. Rylee trat unbehaglich von einem Bein aufs andere. „Percival? Ich kann Antrax auch fragen, ob es eine andere Möglichkeit gibt.“

      Percival starrte sie an und schluckte. Dann fragte er langsam. „Ist das wahr? Meinst du es wirklich ernst?“

      Bevor sie nicken konnte, riss er sie in die Arme. Seine nächsten Worte wurden von Schluchzern unterbrochen. „Ich hatte solche Angst, dass ich keinen Platz finde und Heaven sterben würde.“

      Rylee tätschelte ihm den Rücken. „Das hätten wir nicht zugelassen“, versicherte sie. „Ich hoffe, dass ihr euch in Bayern wohlfühlen werdet, Heaven und du. Es kann sich nur noch um wenige Tage handeln, bis Gregor alles fertig hat.“

      Percival löste sich von ihr und blickte verlegen zu Boden. „Ein paar Tage hält Heaven noch durch“, sagte er leise. „Ich bin dir so dankbar.“

      „Davon will ich nichts hören“, erklärte Rylee und machte eine abwehrende Handbewegung. „Haus Bayern ist das mir am nächsten liegende Haus. Nicht auszudenken, wenn die Gesellschaft da irgendeinen grässlichen Hüter hingesetzt hätte, der mich als Konkurrenz empfindet, nur weil ich ein Portal habe.“ Sie sah den jungen Hüter besorgt an. „Ich hoffe, du hast kein Problem damit. Natürlich reisen jetzt viele über Securus Refugium ein, weil die Reise mit dem Portal so viel einfacher ist. Außerdem liegen wir neben dem einzigen Raumhafen der westlichen Hemisphäre. Aber Haus Bayern hatte trotzdem Gäste, und vielleicht könnten wir irgendwie zusammen arbeiten.“

      Er atmete tief ein. „Solange ich einen sicheren Platz für Heaven habe, bin ich zufrieden. Und ich würde nichts lieber, als mit dir zusammen zu arbeiten. Ich hoffe nur, dass ich auch etwas in diese Zusammenarbeit einbringen kann.“

      „Das wirst du sicher“, sagte Rylee abgelenkt, weil sie jemanden am Gartentor fühlte. Die Signatur war ihr unbekannt und hatte etwas Merkwürdiges. Sie überließ Percival seinem Hühnerstall und eilte in den Vorgarten. Vor dem Tor stand ein etwa dreißigjähriger Mann, der auf den ersten Blick menschlich aussah und etwas verloren wirkte.

      Irgendetwas irritierte sie jedoch, und schnell fielen ihr einige Dinge auf:

      Er musterte sie aus Augen, die aussahen wie flüssiges Gold. Überhaupt schien seine Haut einen goldenen Schimmer zu haben, und auch seine Haare glänzten, als wären sie gesponnene Goldfäden. Sein Blick wirkte verwirrt und zuckte immer wieder kurz nach links oder rechts.

      Rylee trat ans Tor und lächelte. „Willkommen in Securus Refugium“, sagte sie freundlich. „Ihr möchtet ein Zimmer?“

      Unsicher sah er am Haus empor. „Ich … glaube. Das hier ist eine Art … Herberge? Die Menschen dort drüben auf dem Feld haben mich hierher geschickt.“

      Rylee reckte den Hals und folgte seinem Blick. Eine der Gestalten, die vor einem Bauwagen standen, winkte ihr. Stephan. Sie winkte zurück und wandte sich wieder ihrem Gast zu. „Ja, wir sind ein Gasthaus. Seid Ihr zu Fuß gekommen? Nach der Wiese kommt doch nur noch Wald.“

      Er nickte. „Ich kam aus dem Wald. Und …“ Er schluckte. „Ich habe keine Ahnung, wo ich vorher war. Oder wer ich eigentlich bin. Nur meinen Namen weiß ich noch.“

      Rylee wusste nicht recht, was sie darauf erwidern sollte. „Sicher werdet Ihr Euch wieder erinnern. Kommt erst einmal herein. Ihr müsst einen Eid leisten, weder dem Haus noch mir noch anderen Gästen zu schaden, dann könnt Ihr gerne ein Zimmer bekommen.“ Sie sagte ihm die Formel vor, und er sprach sie gehorsam nach.

      Mit einer einladenden Handbewegung öffnete sie das Tor weit. „Hattet Ihr vielleicht einen Unfall? Habt Ihr einen Schlag auf den Kopf bekommen?“

      Er griff sich an sein goldenes Haar. „Es scheint mir nicht so. Ich habe keine Schmerzen. Wie lange kann ich hierbleiben?“

      „Solange Ihr möchtet“, antwortete Rylee. „Oder ist es eine Frage des Geldes?“ Seine Kleidung war zwar merkwürdig geschnitten, schien aber aus einem teuren


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