Eigenständige Kinder – Entspannte Eltern. Damon Korb

Eigenständige Kinder – Entspannte Eltern - Damon Korb


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Engagierte und interessierte Kinder können besser auf eine Vielzahl kognitiver Optionen zugreifen, um Langeweile zu überwinden. Sie haben gewissermaßen ein organisiertes „Dropdown-Menü“ von Dingen, die sie bei Langeweile zu Hause oder im Klassenzimmer tun können. Die mentalen „Dropdown-Menüs“ können mit der Organisation von Computern verglichen werden. Wie bereits erwähnt: Wenn ein unorganisiertes Kind mit einem Dilemma wie Freizeit konfrontiert wird, greift es auf dieses mentale „Dropdown-Menü“ zu. Wenn das Menü jedoch nicht direkt erscheint, entscheidet sich das Kind für eine Standard-Beschäftigung. Dieses Verhalten ist nicht zwingend ein Protest, sondern das Fehlen eines sofortigen „Dropdown-Menüs“ diverser Optionen. Kinder erscheinen daher häufig gelangweilt, weil sie keine mentale Liste verschiedener Aktivitäten in Betracht ziehen können.

      Die Gehirnentwicklung ist in der Hinsicht faszinierend, dass sich häufig ein Teil des Gehirns auf Kosten eines andern entwickelt. Es ist nicht unüblich, dass Kinder unorganisiert aber begabt („doppelt außergewöhnlich“) sind. Eltern solcher Kinder erzählen mir häufig, dass ihre Kinder so intelligent sind, dass sie sich in der Schule langweilen. Ihre Vermutung ist, dass der Lehrer sie nicht genug herausfordert. Es mag wahr sein, dass ein Lehrer in einer Klasse mit dreißig Schülern sich nicht immer um die besten Schüler kümmert. Jedoch denke ich nicht, dass zu wenig Herausforderung Ursprung dieses Verhaltens ist. Tatsächlich behandle ich auch viele Schüler, die talentiert und nie gelangweilt sind. Desinteressierte Schüler haben vor allem das Problem mangelnder Organisation: Sie sind gelangweilt, weil ihnen keine Alternativen in den Sinn kommen, um die gewonnene Zeit zu füllen. Andererseits könnte ein organisiertes Kind zur Bekämpfung von Langeweile beispielsweise Pläne für den Nachmittag schmieden, einen Song schreiben, die Spieler des WM-Finales 2014 aufzählen oder über all die Dinge nachdenken, die man in der Natur machen könnte. In gewisser Hinsicht ähneln die Bemühungen beim Kampf gegen Langeweile der Fähigkeit zu Kreativität und Imagination. Effektive Kreativität kann beschrieben werden als organisierte Suche nach Dingen, die verwandt, und dennoch einzigartig sind. Daher ist die Verknüpfung zwischen Gedächtnis und exekutiven Funktionen (die Fähigkeit des Gehirns, Aufgaben zu planen, zu organisieren und zu erledigen) elementar. Denn dadurch wird nicht nur das Benehmen des Kindes beeinflusst, sondern auch seine Kreativität und seine schulischen Leistungen.

      Haben Sie keine Angst, Ihr Kind Langeweile auszusetzen. Langeweile zu überwinden, ist Training für das Gehirn. Widerstehen Sie dem Drang, das iPhone zu zücken, wenn Ihr Kind nichts zu tun hat. Zeigen Sie stattdessen, wie man mit solchen Situationen kreativ und spaßig umgeht.

       Das Gesamtbild begreifen

      Ich betrachte die Fertigkeit, das Gesamtbild zu begreifen, als den ultimativen Schritt zu organisiertem Denken. Menschen mit diesem Können sind häufig in Führungspositionen, weil sie das Team-Ziel auf die individuellen Ziele der Teilnehmer an einem Projekt abstimmen können. Viele Erwachsene sind nicht in der Lage, auch mal einen Schritt zurück zu gehen und eine erweiterte Sichtweise zu gewinnen. Daher sind Kinder mit dieser Fertigkeit im Vergleich sehr fortgeschritten. Großzügig zu sein ist ein frühes Zeichen, dass ein Kind das Gesamtbild versteht. Denn dafür muss man die Perspektiven anderer einnehmen und verstehen, was sich andere wünschen. Zusammenfassungen sind ein direktes Beispiel für komplexes organisiertes Denken. Einer anderen Person das Geschehen zu erzählen, scheint zunächst einfach. Aber eine gute Zusammenfassung ist mehr als eine plumpe Aufzählung des Inhaltes. Neben der Darstellung der Ereignisse sollte der Erzähler das Vorwissen der Zuhörer zu diesem Thema mit einbeziehen.

      Hier ein Beispiel: Wenn ich meiner Tochter Thanksgiving erkläre, könnte ich sagen, dass Thanksgiving ein Feiertag ist. Dieser wurde eingeführt, nachdem religiös verfolgte Pilger in Europa nach Amerika als freies Land zogen. Als sie in Amerika ankamen, haben sie Ureinwohner getroffen, mit denen sie zusammen ein Erntedankfest hatten. Wenn meine Tochter jedoch kein Vorwissen über Pilger, Europa und religiöse Verfolgung hat, wird sie nur verwirrt sein. Weil ich aber das Wissen meiner Tochter kenne, könnte ich diese Punkte in meiner Zusammenfassung erklären. Eine bessere Zusammenfassung wäre zum Beispiel folgende: Thanksgiving ist ein Feiertag, der begann als Menschen von einem anderen Teil der Erde, Europa genannt, über den Ozean nach Amerika segelten. Sie haben Europa verlassen, weil die dortigen Herrscher ihnen nicht erlaubten, so zu beten, wie sie wollten. Als sie in Amerika ankamen, haben sie Ureinwohner getroffen. Das sind Menschen, die schon in Amerika lebten. Zusammen hatten dann alle ein riesiges Fest, um sich für ihr großes Glück zu bedanken. Demonstrieren Sie Zusammenfassungen vorbildhaft und ermutigen Sie Ihr Kind, die eigenen Erfahrungen zusammenzufassen. So kann es zeigen, dass es in der Situation bereits das Gesamtbild begreift.

      Problemlösung ist eine hochentwickelte Fertigkeit, die sich schrittweise ein Leben lang entwickelt. Sie aber legen das Fundament, wenn Ihre Kinder noch sehr jung sind. Ermutigen Sie Ihr Kind heute, morgen und an jedem folgenden Tag, eigenständig zu denken. Die folgenden Kapitel beschreiben altersgerechte Übungen zur Problemlösung.

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       Erziehung eines organisierten Säuglings: Die Bindungsjahre

      Schritt 1: Sei beständig

      Ein Säugling ist von den Eltern komplett abhängig. Daher steht die Erfüllung der Bedürfnisse im Fokus der frühen Erziehung. Eltern müssen stetig und vorhersagbar auf physische und emotionale Bedürfnisse reagieren. Zum Glück erfordert die Pflege eines Babys nicht viel: wickeln, lächeln und eine beruhigende Stimme. Beständigkeit ist elementar für den Lernprozess. Indem sie direkt auf die Bedürfnisse ihres Kindes reagieren, bereiten Eltern ihre Kinder auf zukünftigen Erfolg vor. Mangelnde Pflege hingegen kann verheerende Auswirkungen auf den Säugling haben. Ich habe mit vielen Kindern gearbeitet, die das Unglück hatten, in einem ausländischen Waisenhaus zu leben. Dort teilen sich häufig sechs Säuglinge ein Gitterbett, ein Erzieher kontrolliert stündlich die Windeln und die Säuglinge bekommen dreimal am Tag ein Fläschchen.

      Beständige Erziehung und Pflege begrenzen den toxischen Stress. Eltern, die die unterschiedlichen Schreie des Babys (z. B. hungrig, gereizt, Windeln) auseinanderhalten können und passend auf diese eingehen, vermitteln ihrem Kind, dass es Hilfe erfährt, wenn es schreit. Folglich sollten Eltern immer direkt bei Bedarf Windeln wechseln, das Kind zum Schlafen bringen und füttern. Das Schreien bewirkt eine Antwort. Das zeigt dem Kind, dass Schreien eine erste Form der Kommunikation ist.

      Wenn Eltern beständig sind, festigt sich eine starke Bindung, durch die sich das Kind sicher fühlt. Im Alter von zehn Monaten bevorzugen Säuglinge bekannte Gesichter und zeigen Angst vor unbekannten Personen. Diese Angst ist eine völlig angemessene Reaktion in diesem Alter, und ein Fehlen dieser Angst kann Anlass zu Besorgnis sein und sollte mit Ihrem Kinderarzt abgeklärt werden. Eine beständige Erziehung schafft eine wundervolle Säuglings-Eltern-Bindung und bereitet das Kind auf viele weitere positive Erfahrungen vor.

      In der Säuglingszeit beginnen Babys zu lernen, dass es in der Umgebung eine Ordnung gibt. Während der ersten acht Monate nach der Geburt lernen sie das Konzept von Ursache und Wirkung. In anderen Worten: Sie verstehen die ersten Handlungsabfolgen. Sie lernen alles über ihr Umfeld und freunden sich zunehmend mit diesem an. Sie erkennen, dass das Ablegen im Bett Schlafenszeit bedeutet, dass der Hochstuhl die Zeit zum Füttern signalisiert. Und der Wickeltisch symbolisiert das Warten auf Papa zum Windelwechseln, um ihn genau in dem Moment vollzupinkeln. Und all das hängt von der Beständigkeit der Eltern ab.

      Die Spielsachen für Kinder in diesem Alter können die Ursache-Wirkung-Beziehung festigen. Im Alter von acht Monaten haben die meisten Säuglinge ein Verständnis von Ursache und Wirkung und lernen mit Spielsachen dazu. Dieses Spielzeug muss nicht technisch fortgeschritten sein. Einfache Spielsachen sind häufig am besten geeignet, wie zum Beispiel Klopfbänke und Schachtelteufel. Knöpfe und Drehhebel, die Laute von sich geben, zeigen dem Kind die erwünschte Resonanz und lehren, dass jede


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