Das lange Echo. Elena Messner
wenn einer danach fragte; mit Schande geht man nicht hausieren. Da werden Menschen geprügelt, zu Krüppeln, all das hast du entweder gesehen oder gehört und dachtest oft: Aha, die haben zu viel Zeit übrig, diese Dummköpfe. Das war die und die Kompanie, der und der Major oder der und der Offizier, dort zum Beispiel waren es ungarische Truppen, nicht wir, denkst du, sicher nicht wir, und weiter geht es, denn etwas anderes würdest du ohnehin nicht glauben können. Was war aber mit dem göttlichen und kaiserlichen Auftrag, mit dem du ausgerückt warst?
Du weißt genau, was sie später schreiben werden über deinen Feldzug, deine Schlachten, schriftlich festlegen in den Erinnerungen und Berichten, du weißt, dass du deinen Krieg darin nicht so wiederfinden wirst, wie du ihn gesehen hast. Es wird von Stolz und Ehre und Opfermut die Rede sein, du wirst mit deinen finsteren Erinnerungen alleine bleiben, mit den wirren Echos von Männern, mit den Schmerzen, dem Stöhnen, dem der deinigen und der ihrigen: Warum kann ich nicht sterben, was habe ich getan, dass ich so leiden muss, keinem Menschen hab ich was getan, warum gerade ich, das kommt davon, meine Gedanken waren wohl schlecht. So ein Stöhnen, es ist ein Jammer, das anhören zu müssen. Da kommen dir die Tränen, da lernst du erst recht das Furchtbare des Krieges kennen, das du nicht vergessen kannst, das dir aber nur zu einem stillen Echo in der Nacht verschwimmt.
Ja, deine private Auswertung des Krieges – das war da schon klar, war jedem klar –, die wird später nicht gehört und gesehen werden, weil sie ja nur sehr bedingt nützlich sein wird für den Staat, vielmehr häufiger gegen ihn arbeiten könnte, ja, weil sie – eben – eine private und nicht eine öffentliche Auswertung sein wird, eine nur in dir drinnen, die bloß aus Echos bestehen wird. Es wird sich immer einer finden, der sagt: Schön war’s doch, weißt du noch, damals!
Irgendwie ahnst du, dass auch du, wenn du nur deinen Feldzug gewonnen hättest, diesen ersten in diesem Krieg, und wenn jetzt eine Parade organisiert worden wäre, dass du dann ebenfalls denken würdest, na, das ist einmal ein Volkserlebnis und ein Erfolgserlebnis, das ist einmal ein Kollektivgefühl und eine Begeisterung. Dass dir dann nur innendrin vielleicht ein Echo pfeifen würde, lieber nie wieder, so schön’s auch gewesen sein mag, nur bitte nie wieder.
Hast du nicht schon beim Hin- und Einmarschieren, beim erfolglosen und erfolgreichen Erobern, beim Rauchschwadenhinter-dir-Lassen manchmal, wenn es ganz schlimm wurde, gedacht: Niemand hat das vielleicht ahnen können, niemand hat es gewollt, nicht so, nicht das – doch da ist es jetzt. Und wieso, wenn es niemand gewollt hat, wieso geht es dann immer noch weiter, wieso und zu welchem Preis? Das hast du gedacht und bist weitergezogen und wirst immer weiterziehen, das weißt du.
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