Subliminal. Thorsten Oliver Rehm

Subliminal - Thorsten Oliver Rehm


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Eindruck. »Mein Name ist Seth Grothe, CEO von Sub Search. Dürfte ich Sie kurz in einer geschäftlichen Angelegenheit sprechen? Es dauert auch nicht lange.« Er reichte Frank eine Visitenkarte und lächelte ihn an.

      Frank reichte Grothe die Hand. Dessen Händedruck war kräftig, aber nicht unangenehm, die Intensität war wohldosiert. Frank beäugte kurz Grothes Karte. Wieso kam jemand aus der Führungsebene selber? Wahrscheinlich war es ein sehr kleines Unternehmen… Sub Search? … »Setzen Sie sich doch. Was kann ich für Sie tun?«

      Grothe schien zu ahnen, dass Frank den Laden nicht kannte: »Sub Search ist ein europaweit tätiges wissenschaftliches Forschungsinstitut, Teil eines Verbunds diverser Institute, öffentlicher Einrichtungen und privatwirtschaftlicher Unternehmen, die sich aufgrund ihrer Forschungen und Aktivitäten auf denselben Gebieten und Geschäftsfeldern als eine Art Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben und dabei jeweils einzelne Teilgebiete abdecken. Sub Search fällt dabei eine führende Rolle zu, als einstiger Mitinitiator und Mitbegründer der Gruppe. Wie Sie meiner Visitenkarte entnehmen können, bin ich CEO bei Sub Search Underwater, einem sagen wir mal sehr kleinen, verhältnismäßig unbedeutenden Ableger von Sub Search. Nun, das ist natürlich relativ. Denn ich halte die Forschung, die ich leite, für alles andere als unwichtig im Gesamtgefüge der Thematik, um die es geht. Sie verstehen?« Er lächelte wieder. »Das Anliegen, mit dem ich Sie aufsuche, rechtfertigt es, dass ich persönlich vorbeikomme. Außerdem wollte ich schon immer mal nach Mallorca. Kaum zu glauben: So nah, und ich war noch nie hier!« Grothe schien Franks Gedanken zuvor gelesen zu haben. Er lächelte noch einen Tick mehr, zog sich den Stuhl zurecht und setzte sich – wie es aussah, gab es seinem ausschweifenden Vorstellungsplädoyer nichts mehr hinzuzufügen.

      »Ihr Unternehmen sagt mir nichts, tut mir leid. Normalerweise kenne ich die Unternehmen und Institute, die sich mit Tauchen beschäftigen, mit dem Meer, der Welt unter Wasser, deren Flora und Fauna oder den darin versunkenen Objekten.« Frank warf erneut einen prüfenden Blick auf die Visitenkarte, als würde er auf den zweiten Blick den Aha-Effekt erhaschen können, der ihm beim ersten offensichtlich entgangen war. Das Design der Karte war exquisit.

      »Nun ja, der Begriff Sub steht nicht zwingend dafür, wofür er in Ihrer Welt meist so steht, obwohl es bei uns auch einen Forschungszweig unter Wasser gibt – dazu komme ich gleich noch, es gibt ja einen Grund, warum ich hier bin.« Grothe setzte eine bedeutungsvolle Pause. »Vielmehr geht es bei uns um Themen, deren Erforschung noch nahezu jungfräuliches Gebiet oder zumindest wissenschaftliches Randgebiet darstellt. Es geht um die teilweise noch recht verborgenen, unbekannten, sozusagen unterhalb der bekannten Wirklichkeiten liegenden wissenschaftlichen Bereiche. Vor allem biologische, medizinische und physikalische Themen. Aber nicht nur. Es ist sehr komplex.« Wieder eine kurze Pause und ein vielsagender Blick. Dann: »Daher steht Sub in unserem Fall für etwas Mehrdeutigeres als nur schlicht für Sub wie in ›Submarine‹ oder dergleichen.« Er lachte. »Aber das würde jetzt wirklich zu weit führen. Wir kommen ohnehin darauf zurück, sollten Sie Interesse haben, Interesse an dem, was ich Ihnen zu unterbreiten, vorzuschlagen, ja: anzubieten habe.« Grothe öffnete die Knöpfe seines Einreihers, nahm eine bequeme Position ein und schaute Frank einen Augenblick lang abwartend an. Seine Erläuterungen wirkten etwas einstudiert, doch er sprach mit einer einnehmenden Stimme und wirkte überzeugend, wie ein Typ, bei dem man gerne seinen Rollrasen bestellte oder mit dem man lange Angeltouren unternahm.

      Frank schwieg offensichtlich eine Sekunde zu lang, denn sein Gesprächspartner kam seiner unausgesprochenen Frage zuvor.

      »Nun, Dr. Stebe, Sie fragen sich sicher, was das alles mit Ihnen zu tun hat, was ich von Ihnen möchte und um was es überhaupt geht.«

      »Allerdings. Möchten Sie eine Tasse Kaffee? Wasser? Was kann ich Ihnen anbieten?« Frank stand direkt auf und setzte sich in Bewegung.

      »Kaffee wäre prima, danke. Schwarz, bitte. Ohne Zucker.«

      Frank griff nach zwei Tassen, stellt eine davon in Position und drückte den entsprechenden Knopf am Kaffeevollautomaten. Während die Maschine ratterte, drehte er sich zu Grothe. »Schießen Sie los. Was führt Sie zu mir?« Der Kaffee floss derweil zischend in die Tasse.

      »Wir betreiben mehrere Unterwasser-Forschungsstationen, Unterwasser-Habitate, über ganz Europa verteilt. Seit Kurzem befindet sich auch hier, nahe des Unterwasser-Naturschutzparks vor der Insel Dragonera, ein Unterwasser-Habitat. Sie wissen davon, nehme ich an?«

      »Natürlich. Seither können wir in einer großen Zone rund um Dragonera nicht mehr tauchen. Forschungsarbeiten, heißt es. Um was es da genau geht, erfährt man nicht. Vom ersten Tag an eine ziemliche Geheimniskrämerei.« Frank stellte Grothe die gefüllte Tasse hin. »Bitte.«

      »Danke.« Grothe zog die Tasse ein paar Zentimeter zu sich. »Ja, notwendigerweise. Sie können das sicher gut verstehen. Ihre Projekte wurden einst ja auch nicht unnötig vor der Öffentlichkeit breitgetreten, oder nicht? Ist es nicht überall so, ganz egal, welche wissenschaftlichen Arbeiten laufen, bei allen Projekten, die enorm wichtig und sehr kostenintensiv sind, und ganz egal, in welchen Bereichen der Forschung?«

      Frank sagte nichts. Was sollte er auch sagen? Zum einen hatte der Mann recht. Zum anderen schien er gut über Franks früheres Leben im Bilde zu sein. Obwohl der Medienhype um Franks einstige Forschungserfolge inzwischen abgeflaut war und er nicht mehr im Rampenlicht der medialen Berichterstattung stand.

      »Die wissenschaftlichen Bereiche, die Sie angesprochen haben… Ich bin Unterwasserarchäologe, Wissenschaftler und Forscher auf völlig anderem Gebiet…« Frank drückte wieder den Knopf am Kaffeeautomaten.

      »Wir suchen einen fachlichen Berater – für Taucheinsätze, die im Rahmen unserer Forschungen und Experimente hier vor Ort stattfinden. Einen Vollblut-Profi. Jemanden, der über höchstmögliche Erfahrung im Tauchen auch unter schwierigsten Bedingungen verfügt. Aber nicht nur das. Diese Person muss vor allem ein guter Beobachter sein, jemand, der komplexe Zusammenhänge erkennt, wo auf den ersten Blick keine sind. Jemand, der – wie soll ich sagen – von außen, neutral, aber doch mit Verstand beobachtet. Jemand mit dem Entdecker-Gen höchster Güte. Jemand wie Sie. Jemand, der ein untrügliches Gespür hat für das Unbekannte, das Mysteriöse und das Grenzwertige. Ich möchte – ich kann jetzt nicht ins Detail gehen.«

      »Sie sprechen in Rätseln.« Frank runzelte die Stirn.

      »Sie sind doch Fachmann für große, ja weltbewegende Rätsel, Dr. Stebe, oder nicht?« Grothe grinste breit. »Spaß beiseite.« Seine Miene wurde plötzlich ernst. »Heute möchte ich bei Ihnen nur vorfühlen. Vorfühlen, ob Sie sich überhaupt vorstellen könnten, während der Saisonpause, im Herbst und Winter, eine solche Berateraufgabe zu übernehmen. Ob Sie generell Lust auf eine neue, ganz besondere Aufgabe verspüren und noch immer der Forscher, der Wissenschaftler, der Entdecker, ja: der Pionier in Ihnen steckt, der Sie einst waren. Und ob Sie noch immer große Schätze entdecken wollen – auch wenn es, wie Sie sich denken können, bei unseren Forschungen nicht um materielle Schätze geht, die es zu heben gilt, sondern um Schätze im Sinn von Erkenntnissen, Entwicklungen, Veränderungen, Neuerungen, die Großes bewirken und die Menschheit vorwärtsbringen. Und ob Sie sich die Zeit dafür nehmen würden, Zeit dafür, Teil von etwas ganz Großem zu werden. Letztlich muss erst mal geklärt werden, ob Sie eine Abwechslung, eine Herausforderung dieser Art, etwas ganz und gar nicht Alltägliches überhaupt suchen.« Grothe schaute Frank herausfordernd an. »Es heißt, sie seien ein Suchender – immer schon gewesen. Sind Sie es noch? Ein Suchender? Bestrebt, Erkenntnisse zu erlangen, die sich vorher noch niemandem erschlossen haben, getrieben vom Forschergeist und dabei großen Rätseln und Entdeckungen auf der Spur. Nur ginge es nicht mehr um Altertumsforschung.«

      Frank stellte seine inzwischen gefüllte Tasse auf den Tisch und nahm seinem Besucher gegenüber Platz. Er schaute Grothe einige Sekunden schweigend an. Dann nippte er an seinem Kaffee und lehnte sich im Bürosessel zurück. Er konnte sich des Eindrucks nicht verwehren, dass sein Besucher mehr wusste, als man über ihn in den Medien herausfinden konnte. Die Frage war nur, warum hatte sich Grothe so gut über ihn informiert? Und vor allem, wie gut kannte er ihn? Die Situation war eigenartig. Da war etwas, das ihn aufhorchen ließ. Er war sich sicher, dass dieser Mann nicht einfach alle kompetenten Profi-Taucher der Region abklapperte und nun auf


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