Die Pilates Elements Methode. Andrea Frey
sind von derberer Struktur und die Organisatoren der Gewebe, indem sie Bindegewebe und Muskeln zu funktionellen Einheiten verbinden sowie Muskeln und Organe voneinander unterteilen. Auf diese möchte ich hier nicht näher eingehen, sondern bei den für uns für das Training wichtigen myofaszialen, also den Muskel betreffenden Faszien bleiben.
Um die myofaszialen Verbindungen und Bewegungen besser verstehen zu können, schauen wir uns das Tensegrity-Modell an.
1.7Das Tensegrity-Modell in Bezug auf unseren Körper
Ein Themenschwerpunkt einer meiner vielen Stunden sollte das Tensegrity-Prinzip sein, um meinen Teilnehmern das Zusammenspiel von Faszien, Muskeln, Atmung etc. auf der sensorischen Ebene näherzubringen. Ich machte mir meine Gedanken zu den Inhalten und zu deren Umsetzung.
So gab ich meinen Teilnehmern die Anleitung, sich aufzuspannen wie der Drachen im Wind, in einen imaginären Ganzkörperanzug von innen heraus hineinzuwachsen, die diesen mit Luft aufgeblähten Werbefiguren ähneln, die man häufig vor Geschäften sieht. Die Visualisierung, nach außen den Raum zu erobern, als würden viele imaginäre Fäden an verschiedenen Stellen des Körpers anhaften, gelang ihnen sehr gut – das Hineinwachsen jedoch bereitete eher ein großes Fragezeichen auf ihren Gesichtern. Was meint sie wohl damit? Um die Thematik zu verdeutlichen, musste ein Tensegrity-Modell her. Gesagt, getan, bastelte ich ein kleines Modell aus Holzstäbchen und Gummibändern, um meinen Teilnehmern an diesem Beispiel das Prinzip der tensegralen Aufspannung zu demonstrieren.
Kurz darauf bekam ich die Möglichkeit, im Rahmen eines „Special Days“, meine neuen Kursinhalte zu präsentieren. Mit Modell und Luftballon im Gepäck machte ich mich bereit für die nächste Stunde und war gespannt auf die Resultate. Zu Beginn erklärte ich am Tensegrity-Modell das Prinzip der tensegralen Aufspannung.
Ganz unbekannt war meinen Teilnehmern – alles fortgeschrittene Pilates-Schüler – das Ganze natürlich nicht, da in meinen PILATES-ELEMENTS-Stunden unter anderem auch das Prinzip des „Aufspannens und Dehnens der Meridiane“ vermittelt wird. Doch mithilfe des Modells und Ballons ließ sich das innere Aufspannen besser verdeutlichen. Nun waren alle gespannt auf die angekündigte Stunde und wie es sich wohl „anfühlt“.
Als Hilfs- und Trainingsmittel wählte ich den Schlingentrainer, um an diesem das Prinzip der tensegralen Aufspannung zu verdeutlichen und zu trainieren. Nach kurzer Einweisung und Anweisung ging es endlich los und schon nach kurzer Zeit waren, trotz der langsamen, kontrollierten und achtsamen Bewegungen und Ausführungen, die ersten Schweißtropfen sichtbar. Jeder berichtete am Ende der Stunde von einem entspannten Nacken- und Schulterbereich trotz der intensiven Arm-, Oberkörper- und Stützarbeit. Auch die Feedbacks in den nachfolgenden Tagen bestätigten die Nachhaltigkeit der ausgewählten Übungen und des Trainingsgeräts Schlingentrainer.
1.7.1Erklärung am Rande – Tensegrity
Tensegrity beschreibt ein Konstruktionsprinzip aus der Architektur, welches auf Richard Buckminster Fuller (1895-1983), Architekt, und Kenneth Snelson, einen Künstler und Bildhauer, zurückgeht. Dieses englische Kofferwort setzt sich aus den beiden Wörtern Tension (Spannung) und Integrity (Einheit, Zusammenhalt) zusammen.
Bezeichnet wird damit ein Modell, bei dem feste Elemente, z. B. Holzstäbe, mit elastischen Elementen, z. B. Gummibändern oder Seilen, in Verbindung stehen und darüber ihre Stabilität erlangen, ohne dass sich die festen Elemente berühren. So schweben sie quasi im Raum. Verändert man nun an einer Stelle dieses dreidimensionalen Netzwerks den Zug oder Druck, reagiert das gesamte System mit einer adaptiven Systemverteilung. Die Kräfte werden umgelagert und auf andere Bereiche verteilt.
Wir nehmen Bezug auf den menschlichen Körper und bewegen uns auf makroskopischer Ebene des Skelett- und Muskelsystems, bei dem unser Skelettsystem die festen Bestandteile (die Holzstäbe) und unser Muskel- und Fasziensystem die elastischen Verbindungen (Gummibänder/ Seile) bildet.
Nun machen wir uns noch frei von der starren Vorstellung des passiven (Skelettsystem) und aktiven (Muskel-, Sehnen- und nun auch Fasziensystem) Bewegungsapparats und stellen uns stattdessen unseren Körper als ein dreidimensionales Netzwerk vor, in dem unsere 206 Knochen praktisch schweben und lediglich über fasziale Verbindungen unterschiedlicher Beschaffenheit mit den Muskeln in Kontakt stehen.
Was kann das für die Praxis bedeuten?
Bleiben wir bei dieser einfachen Beschreibung des oben genannten Modells. Vielleicht können wir uns jetzt besser vorstellen, dass eine Fehlstellung des Fußes Auswirkungen auf z. B. die Schulter, in Form von Schmerzen, haben kann. Verletzungen, die mit narbigen Strukturen einhergehen, die verstärkten Zug auf dieses Netzwerk ausüben und infolgedessen Kompensationsmechanismen auslösen. Selbst die verfilzten Faszien können die Ursache für Dysbalancen sein.
In der Praxis wird häufig erst der Schmerzort, das Symptom, behandelt – was nicht falsch ist, denn der Patient möchte ja schmerzfrei werden. Doch solange die Ursache nicht behoben ist, wird es immer wieder zur Symptomatik kommen. Jedes akute lokale Trauma wird sich irgendwann auf den ganzen Körper verteilen und – falls nicht ganzheitlich behandelt – sich an anderer Stelle manifestieren und chronisch werden.
Dringen wir noch ein wenig tiefer ins Geschehen ein und begeben uns auf die mikroskopische, also zelluläre Ebene. Auch hier finden wir tensegrale Strukturen, wie die der Mikrofilamente, Mikrotubuli und der intermediären Elemente des Zytoskeletts. Die Aufgabe des Zytoskeletts besteht in erster Linie in der Stabilisierung der Zellarchitektur. Es verbindet Zellkern und Zellwand miteinander, stabilisiert darüber die Zelle, verleiht ihr mechanische und adaptive Eigenschaften. Mechanische, von außen wirkende Druck- und Zugkräfte werden von der Zellwand über das Zytoskelett bis in den Zellkern weitergeleitet, der eine entsprechende biochemische Antwort darauf gibt.
Bindegewebe
Gleichgültig, aus welcher Sicht wir unseren Organismus oder unseren Körper betrachten, können wir festhalten, dass alles und jedes von innen nach außen, von außen nach innen, von rechts nach links, kreuz und quer bis in die kleinste Zellorganelle über ein fasziales Netzwerk miteinander verbunden ist und miteinander kommuniziert.
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