Die Pilates Elements Methode. Andrea Frey
Taschen-Beutel-System ein.
Lagern sich nun Stoffwechselendprodukte in diesem Gewebe ein, können die biomechanischen Eigenschaften, sprich die Gleitfähigkeit der Kollagenschichten übereinander, nicht mehr reibungslos ablaufen und es kommt folglich zu Funktionseinschränkungen.
1.5.3Das elastische Bindegewebe
Elastische Bindegewebe besitzen einen hohen Anteil an elastischen Fasern, welche dem Gewebe ein großes Maß an Mobilität ermöglichen.
Ein Beispiel hierfür sind die Stimmbänder unseres Kehlkopfs.
Aus der Praxis
Bei intensiven körperlichen Belastungen, wie z. B. einem Marathon, kann der pH-Wert der Muskeln und Zellen auf Werte von 6,6 (der pH-Wert des Bluts im Normalzustand beträgt 7,37-7,44) sinken. Bei diesen Werten nimmt die Viskosität von Hyaluron im Fasziengewebe zu und führt zu der bekannten Steifheit, welche nach körperlicher Ruhe wieder zum schmerzfreien Bewegungsumfang führt. Auch nach Überlastungssyndromen, Traumata und Operationen kann sich die Viskosität im Gewebe verändern. Hält dieser Zustand an, verdichtet sich das Gewebe immer mehr und es kommt zu den sogenannten Triggerpunkten, welche der Therapeut als Indikator für die weitere Therapie nutzt.
Verschiedene Erkrankungen, wie z. B. die Sklerodermie, führen zu Versteifung und Verhärtung des Bindegewebes der Haut und der inneren Organe.
Wichtig: Hier ist der auf diesem Gebiet erfahrene Arzt und Manualtherapeut gefragt, denn Lymphdrainage und andere sanfte Massagetechniken helfen, das Gewebe weich zu halten.
Meine Stunden besuchen auch Teilnehmer mit Sklerodermie und sie berichten, dass die Beschwerden und Verhärtungen durch das Training deutlich weniger geworden sind, sich ihre Flexibilität verbessert hat. Und hier besonders durch die Kombination von Übungen mit Katapulteffekt und dynamischem Fascial Stretch, ergänzt durch Fascial Release mit der Rolle.
Ich möchte hier anmerken, dass dies vom Krankheitsgrad und -typ abhängig ist und im akuten Stadium nicht trainiert werden sollte. Auch sind dies Erfahrungsberichte und es ist nicht wissenschaftlich bewiesen. Ein gutes Körpergefühl sowie ein erfahrener Arzt und Therapeut ist hier die Voraussetzung.
Wie sehen gesunde Faszien aus?
Gesunde Faszien (B) zeichnen sich durch eine scherengitterförmige Anordnung und Wellung aus.
Kranke Faszien (A) bilden sogenannte Cross-Links, d. h., das Gewebe verfilzt, wie ein zu heiß gewaschener Wollpullover, und verliert dadurch an Elastizität. Das Gewebe wird schlechter durchblutet, die Stoffwechselaktivität herabgesetzt, es kommt zu Verspannungen, Funktionseinschränkungen und gegebenenfalls zu Schmerzen.
Möchte ich das Gewebe wieder funktionstüchtig machen, versuche ich, mithilfe von Faszien Tools, wie z. B. der Faszienrolle, das Gewebe achtsam und vorsichtig von den Verfilzungen zu befreien, indem ich das Rollen variationsreich, langsam schmelzend und achtsam gestalte. Auch bei einem verfilzten Pullover würde ich das Gewebe vorsichtig in verschiedene Richtungen ziehen, da es bei Zug in eine Richtung reißen könnte.
Nur ein gesundes und gut genährtes Fasernetzwerk ist geschmeidig, gleitfähig, hochelastisch, dehnbar, belastbar, kräftig und reißfest.
1.6Die Rezeptoren – der sechste Sinn
Unsere Faszienschichten sind mit zahlreichen Mechanorezeptoren bestückt, den sensorischen Nervenendungen, welche auf mechanische Druck- und Zugbelastungen reagieren und eng mit dem Nervensystem verknüpft sind. Sie leiten jede Information über Zug, Druck, Bewegung, Lage oder Dehnung eines Muskels, Organs oder Körperteils an unser Gehirn weiter. Durch diese Erkenntnis bilden sie das größte Sinnesorgan unseres Körpers.
Hier sind für mich 2011 bei der Fortbildung von Dr. Robert Schleip die Parallelen zur TCM bzw. Akupunktur noch klarer geworden. Akupunkturpunkte sind eigentlich Löcher in unserer oberflächlichen Körperfaszie, der Fascia superficialis. Aus diesen, im Durchmesser ca. 2-8 mm großen Perforationen treten Gefäßnervenbündel aus, welche von lockerem und wasserreichem Fasziengewebe umhüllt werden. Dadurch ergibt sich in diesem Bereich ein niedriger elektrischer Widerstand im Gewebe, den der Therapeut zur Lokalisation der Punkte heranzieht.
Es konnte nachgewiesen werden, dass sich nach Einstich und Drehen der Nadel das Kollagen um die Nadel windet. Der dadurch entstehende, zarte Zug lässt das Fasziengewebe auch weiter weg vom Einstichpunkt reagieren. Ein gut ausgebildeter Akupunkteur trifft bei der Akupunktur exakt diese Stelle. Somit ist die Akupunktur schmerzfrei, entspannend, Blockaden werden gelöst, Schmerzen gelindert und das Qi, die Energie, kann wieder frei fließen.
In diesem Zusammenhang auch hier noch einmal ein Zitat von A. T. Still (1899)
„Wenn man mit den Faszien arbeitet, behandelt man die Zweigstellen des Gehirns; und nach den allgemeinen Geschäftsregeln haben die Zweigstellen gewöhnlich die gleichen Eigenschaften wie die Zentrale. Also warum sollte man die Faszien nicht mit dem gleichen Maß an Respekt behandeln wie das Gehirn selbst?“
Toll, was Therapeuten schon vor über 100 Jahren wussten und es heute endlich wissenschaftlich belegt werden kann. Weiter zu den Rezeptoren. Wir unterscheiden vier verschiedene, in der Faszie liegende Mechanorezeptoren.
Aktive Nervenzelle
1.6.1Die Golgi-Rezeptoren
Die Golgi-Rezeptoren sind am bekanntesten und kommen an Muskel-Sehnen-Platten (Aponeurosen), Gelenkkapseln und den Bändern peripherer (von der Körpermitte entfernt, wie z. B. das Handgelenk) Gelenke vor. Diese Rezeptoren reagieren, wenn eine Muskelkontraktion eine starke Zugbelastung auf die Sehne ausübt, mit einer Muskelentspannung, da sie reflektorisch über das Rückenmark miteinander verknüpft sind. Bei plötzlichen, unbewussten Bewegungen z. B. durch Fremdeinwirkung schützen sie den Muskel vor Überlastung bzw. vor Verletzungen. Die Reizschwelle der Golgi-Rezeptoren liegt allerdings sehr hoch, das heißt, der Reiz muss dementsprechend stark ausfallen, damit sie zum Einsatz kommen. Trainieren kann man sie über aktiv geladene Dehnungen, d. h., die Muskulatur wird in ihrer Endposition angespannt und über sogenannte Minibounces geladen. Hier können kleine Gewichte zum Einsatz kommen, um die Intensität zu verstärken.
1.6.2Pacini-Körperchen oder Vater-Pacini-Lamellenkörperchen
Pacini-Körperchen haben eine geringe Reizschwelle und reagieren besonders gut auf Vibrationen, ruckartige und schaukelnde Bewegungen. Sie befinden sich in den einhüllenden Muskelfaszien von Fuß (plantar), Unterschenkel (krural), Oberschenkelaußenseite (Fascia lata), der Handfläche (palmar), Unterarm (antebrachial), des Bauchs (abdominal) und des Kiefers (Masseter-Faszie). Des Weiteren finden sie sich in den Bändern der Wirbelsäule, in den tieferen Schichten der Gelenkkapseln und in den Muskel-Sehnen-Übergängen.
Sie lieben die Abwechslung in Form von Schaukeln, Schütteln, Zittern, rhythmischen Gelenkkompressionen