Traum Triathlon. Bethany Rutledge

Traum Triathlon - Bethany Rutledge


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absehbarer Zeit nicht mehr allein gehen zu können. Warum also das Schicksal herausfordern? Außerdem wurde ich dick. Und ja, das Ganze schien mir auch mit einer Menge Arbeit verbunden.

      Es gibt hundert Gründe, tausend Dinge nicht zu tun, und der traurige menschliche Impuls ist ein seltsames oppositionelles Trotzverhalten. „Ich kann es mir nicht leisten,” „Ich bin beruflich viel unterwegs,” „Ich leide unter einer seltenen Krankheit,” oder was auch immer uns einfällt, um uns zu drücken.

      Es ist eine derart fest im Menschen veranlagte Reaktion, dass es einen wahnsinnig macht, wenn es einem erst einmal aufgefallen ist. Also willkommen im Klub. Das Gute an unserem Ärger ist, dass wir dieses Verhalten nun auch bei uns selbst feststellen und es daraufhin möglichst vermeiden. Das allein macht uns schon zu einem besseren Menschen.

      Mit 41 bekam ich ein Paar Schuhe und ein Fitnessarmband, das meine Schritte zählte. Ich beschloss, täglich 10.000 Schritte zurückzulegen. Wenn ich mich gut fühlte, wollte ich ein paar Minuten joggen. Wenn ich beruflich unterwegs war, würde ich eine Stunde durch die fremde Stadt spazieren. Wenn das nicht möglich war, würde ich das Laufband im Hotel benutzen. In den seltenen Fällen, in denen aus Zeitmangel nichts davon durchführbar war, würde ich Dehnübungen, Liegestütze oder mit einem YouTube®-Video Yogaübungen machen.

      Mein ganz einfaches Ziel war es, möglichst jeden Tag einmal ins Schwitzen zu kommen. Schon bald nervte es mich total, wenn ich andere sagen hörte: „Ich habe keine Zeit dazu.” Mit „Zeit” meinten sie ausnahmslos „Lust”, ein Grund, den man auch akzeptieren muss, aber bitte, liebe Leute, dann seid doch wenigstens ehrlich! Es gibt niemanden, der nicht täglich 20 Minuten mit irgendetwas Unwichtigem verplempert, und deshalb kann ich solche Entschuldigungen aus dem Munde eines Erwachsenen echt nicht hören. Wenn jemand sagt: „Ich möchte es nicht”, dann ist das in Ordnung. In Ruhe lassen würde ich ihn deswegen allerdings trotzdem nicht gleich.

      Eines Tages fragte mich Sara, ob ich sie nicht zum Schwimmen begleiten wolle. Das Nein lag mir schon auf der Zunge, als ich es schnell wieder hinunterschluckte. Denn ich hatte mich dazu erzogen, Entschuldigungen zu hassen. Noch vor wenigen Monaten war ich kaum in der Lage gewesen, eine Meile zu gehen. Und jetzt konnte ich problemlos eine Meile laufen, auch wenn es mir überhaupt keinen Spaß machte. Na gut, dann würde ich jetzt mal schauen, ob Schwimmen wirklich so ätzend war, wie alle behaupteten. Ich meine, es war ein ziemlich unbequemer Gedanke und damit erklärtermaßen gut für mich. Ich sollte in jeder Hinsicht recht behalten. Es war anstrengend und komisch, es fühlte sich total unnatürlich an, ich bekam Wasser in jede Körperöffnung, ich fand es echt total ätzend, und dann sah ich auch noch absolut lächerlich dabei aus.

      Und so überraschte ich mich selbst beim Verlassen des Pools mit dem Gedanken: „Ich bin vielleicht die schlechteste Schwimmerin der Welt, aber ich kann es kaum erwarten, wiederzukommen und es noch mal zu versuchen.”

      Meine Denkweise hatte sich schon ein paar Jahre geändert, aber damals erkannte ich zum ersten Mal, dass ich einen Drang entwickelt hatte, mich Unbequemem zu stellen, eines der schönsten Gefühle, das ich je hatte.

      Ich wünschte, ich könnte euch jetzt erzählen, dass ich inzwischen eine Meile (1,6 km) in sieben Minuten laufe, dass ich bei mehreren Triathlons auf dem Podium stand, und dass vielleicht ein Schuh nach mir benannt wird. Leider ist nichts davon wahr, aber hey, ich habe euch doch gleich gesagt, meine Geschichte sei nachvollziehbar. Was ich tatsächlich mit 43 erreicht hatte? Ich war eine gesunde Frau, die langsam lief, durchschnittlich schwamm und unterdurchschnittlich Rad fuhr. Ich hatte einen Mitteldistanztriathlon absolviert und die Ziellinie überquert, bevor alle nach Hause gingen, und jetzt bin ich eine von diesen Verrückten, die ich vorher nur vom Fernsehen kannte.

      Der weitaus größte Erfolg jedoch bestand in der Überwindung meiner angeborenen Angst vor Unbequemlichkeiten und Veränderungen. Inzwischen hat sich mein neues Verhalten so eingefleischt, dass ich tatsächlich jeden Morgen mit einer kalten Dusche beginne. Wenn ich am Frühstückstisch sitze, habe ich bereits etwas getan, das ich nicht tun wollte, und so verrückt es auch klingen mag, es wirkt. Und wer glaubt, nur Kaffee mache wach, der sollte es mal mit einer kalten Dusche versuchen. Ihr habt ja keine Ahnung!

      Da meine Mitarbeiter wissen, dass ich auf Dienstreisen fast jeden Tag laufen oder schwimmen gehe, meinen sie, ich täte es gern. Nun, ganz ehrlich? Meine Gefühle gegenüber dem Laufen reichen von: „Ich wünschte, ich täte jetzt etwas anderes” bis: „Ich stände jetzt buchstäblich lieber in Flammen.” Was ich liebe, ist, es zu hassen und es trotzdem zu tun. Die Befriedigung, die daraus entsteht, ist enorm.

      Eigentlich sollte es hier um Sport gehen, und ich denke, das tut es auch. Es lässt sich aber auch auf das Buch übertragen, das du schreiben, oder die Firma, die du gründen willst. Du kannst nicht früher anfangen als jetzt, also überlege, welche unbequemen Dinge dich am meisten davon abhalten und arbeite daran. Sobald dich der Gedanke an Unbequemlichkeiten nicht mehr erschreckt, wirst du überrascht sein, was du alles kannst.

      Werfen wir nun einen Blick auf ein ganz anderes Hindernis, ein physisches. Wir alle kennen es, in Form einer Verletzung, oder wenn unser Körper mal nicht so funktioniert, wie wir es gerne hätten. Jenny, eine talentierte Sportlerin, deren Welt durch eine Erkrankung aus den Fugen geriet, fand mithilfe von Ausdauersport einen neuen Sinn in ihrem Leben.

       #Mutmachgeschichte: Jenny überwindet eine Verletzung trotzt einer Erkrankung

       – Von Jenny Johnson

      Mein Leben mit Osteochondrosis dissecans (OCD), einer Gelenkerkrankung, bei der infolge mangelnder Durchblutung Knochenmaterial unterhalb des Knorpelgewebes abstirbt, begann mit 13. Ein Alter, in dem es noch Hoffnung auf Heilung gibt. Voller Zuversicht überreichte mir der Arzt ein Paar Krücken und sagte, ich solle in sechs Monaten wiederkommen.

      Ja, genau, ihr habt richtig gelesen, sechs Monate auf Krücken mit der „Hoffnung” auf Heilung. Und aus war der Traum von meinem ersten Spieljahr als Basketballerin an der Highschool. Ich erinnere mich noch, wie ich am Ende des Frühjahrs wieder beim Arzt saß und ihm – natürlich – erzählte, es ginge mir prima. Wenn er von den unerträglichen Schmerzen in meinem rechten Knie gewusst hätte! Aber ich schwieg, aus Angst, wieder an Krücken gehen zu müssen und noch eine Basketballsaison zu verpassen. Schließlich musste ich für ein Stipendium trainieren.

      Vier Jahre später, in meinem letzten Highschooljahr, gehörte ich zum All-State-Basketballteam und durfte beim All Star Game mitspielen. Außerdem hielt ich das ersehnte Basketballstipendium für ein College in den Händen. Ich hatte es geschafft! Oder etwa nicht? Ich erinnere mich, wie ich für das All-Star-Spiel in die Hauptstadt unseres Bundesstaats fuhr, entschlossen, zu zeigen, dass ich für das nächste Wettkampfniveau bereit war. Leider hatte mein Knie andere Pläne. Ich schaffte es gerade noch bis zur Halbzeit, mit so großen Schmerzen, dass ich am liebsten geschrien und aufgehört hätte.

      Ich konnte nicht rechts und links antäuschen. Ich konnte keine Angreifer stoppen. Ich konnte nicht weitermachen. Ich hatte irre Schmerzen. Ich erinnere mich an die lange Rückfahrt. Ich erinnere mich an das enttäuschte Gesicht meiner Mutter, weil ich nicht hart genug gespielt und lahm verteidigt hatte. Ich erinnere mich, wie ich schließlich zusammenbrach. Vier Jahre lang hatte ich die Schmerzen in meinem Knie verheimlicht, die Schmerzmittel, die nächtlichen Epsomsalzbäder und Eispackungen. Doch jetzt ging es nicht länger. Ich erinnere mich, wie ich meinen College-coach anrief, ihm die Situation erklärte und offiziell auf mein Basketballstipendium verzichtete. Meine Träume waren zerstört, genau wie die Knochen in meinem Knie.

      Ein Jahr nach der All-Star-Game-Katastrophe saß ich in einem Wartezimmer in Birmingham, Alabama, um mich von einem weiteren Spezialisten untersuchen und mich über meine Behandlungsmöglichkeiten aufklären zu lassen. Ich erinnere mich, wie Dr. James Andrews und Dr. Lyle Cain meine Röntgenbilder und MRT-Aufnahmen betrachteten, völlig geschockt von dem 5 cm großen Loch in meinem Oberschenkelknochen. „Du wirst nie wieder laufen können.” Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen. An diese sechs einfachen Worte aus dem Mund meines orthopädischen Chirurgen. Diese Erkrankung hatte meine Träume, jemals College-basketball spielen zu können, bereits zerstört. Und jetzt sollte ich vielleicht nicht einmal


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