Dein Licht, das mich umfängt. Avon Gale
ein Gebäude zu haben, an dem er vorbeifahren, darauf deuten und sagen kann: »Siehst du das? Das hat in meinem Kopf angefangen und jetzt steht es hier. Ich kann es anfassen und ansehen und das Licht verhält sich genau so, wie ich es mir vorgestellt habe.«
Moment. Was zur Hölle? Abgesehen davon ist es nicht so, als würde Lacroix einen Blick auf die Pläne werfen und sich sofort denken Natürlich wollen Sie mich. Sehen Sie sich diese Konturen und dieses halbkreisförmige Glasgebilde an. Es ist so fürchterlich offensichtlich, Mr. Hextall. In Averys Kopf benutzt Lacroix Wörter wie Glasgebilde, als wäre er nicht auch ein Architekt, und Wörter wie fürchterlich, als wäre er eine Figur aus Downton Abbey. Quadrate und Halbkreise sind keine völlig neuen Konzepte, die er sich selbst ausgedacht hat, und der Entwurf entspricht den Anforderungen und macht auf sehr prägnante Weise Sinn.
Ich habe gleichzeitig einen Scheinwerfer und eine Bühne entworfen. Ich weiß, ich weiß. Ich bin so meta, dass es wehtut. So. Wenn jemand fragt, wird er genau das sagen.
Avery drückt auf Einreichen, bevor er es sich ausreden kann, und überlegt es sich gleich darauf ungefähr viermal anders, bevor er es überhaupt zum Aufzug schafft. Er sagt sich, dass es zu spät ist, um irgendetwas dagegen zu unternehmen. Computerspionage steht nicht auf der Liste seiner vermarktbaren Fähigkeiten.
Abgesehen davon – falls die alte Maxime (oder ist es ein Spruch von Dr. Phil? Avery weiß es nicht mehr), dass vergangenes Verhalten der beste Prädiktor für zukünftiges Verhalten ist, zutrifft, kann er einfach nach Hause gehen. Dort wird er sich einen Drink einschenken, sich schrecklich von Mistee's Muffalicious Vacation III langweilen lassen und sich einen runterholen, während er daran denkt, wie sein Boss ihn auf seinem Schreibtisch fickt und ihm ins Ohr flüstert: »Hör mir zu, Avery.«
Denn unter keinen Umständen wird Lacroix seinen Entwurf auswählen. Und vielleicht wird Avery ihn dann noch mehr hassen, was ihn vielleicht sogar heilen wird – von was auch immer das hier ist. Dann wäre alles wieder in bester Ordnung.
Eine Woche später wird Avery mitten in der Nacht von einem Sturm und Donnergrollen aufgeweckt, das so laut ist und die Fensterscheiben so sehr zittern lässt, dass Avery befürchtet, sie würden zerspringen. Seine Katze stolziert grazil über seine Kommode und wirft dabei etwas Kleingeld und einen Schlüsselbund hinunter, weil Katzen einfach das Schlimmste überhaupt sind.
»Es ist nicht meine Schuld, dass es stürmt«, sagt Avery zu ihr und versucht, sie hochzunehmen. Unglücklicherweise ertönt ein lauter Donnerschlag und sie stößt sich von ihm weg, als hätte sie Federn in all ihren Gliedmaßen. Sie zerkratzt ihm den ganzen verdammten Arm und versteckt sich unter dem Bett.
»Ich könnte dir die Krallen entfernen lassen. Das könnte ich tun. Oder ich könnte mir einen Hund kaufen. Behalt das einfach im Hinterkopf«, grummelt Avery, während er sich die Bettdecke über den Kopf zieht.
Als Avery am nächsten Morgen ins Büro kommt, wartet eine E-Mail von Lacroix' Assistenten Ford O'Keefe in seinem Posteingang.
Hextall,
Mr. Lacroix würde sich heute gerne um zehn mit Ihnen treffen. Seien Sie bitte pünktlich und denken Sie daran, dass Sie sein Büro nicht betreten sollen, bis ich ihn wissen lasse, dass Sie da sind.
Wenn Sie andere Verpflichtungen haben, verlegen Sie diese auf einen anderen Termin.
Etwa eine Stunde lang sitzt Avery an seinem Schreibtisch und starrt Fords E-Mail an. Er hat keine Ahnung, was er davon halten soll oder was sie bedeuten könnte. Nervosität macht sich in seinem Bauch breit und sorgt dafür, dass er am liebsten seinen Kaffee und die Zimt-Pop-Tarts wieder hochwürgen würde.
Brandon schickt eine E-Mail an seine Privatadresse, in der er fragt, ob er einen Kater hat. Avery schüttelt den Kopf, als er sie liest, denn gerade fällt ihm das Tippen zu schwer. Er will Brandon von Fords E-Mail erzählen und herausfinden, ob er auch so eine erhalten hat, bevor man ihm das Byrne-Projekt überlassen hat.
Er tut es nicht, weil er sich nicht sicher ist, ob er die Antwort hören will. Und auf keinen Fall wird er Brandon erzählen, dass er müde ist, weil seine Katze ihn aufgeweckt hat. Das wäre ja so was von uncool.
Brandon antwortet mit einer E-Mail auf sein Kopfschütteln.
sicher? du siehst echt scheiße aus, mann.
Brandon verhält sich viel mehr wie ein Typ aus einer Studentenverbindung, als Avery es für möglich gehalten hätte, also antwortet er auf die gleiche Weise.
sorry, deine mom hat mich gestern wohl zu lang wach gehalten.
Dann tut er so, als wäre er sehr beschäftigt, was sich darin zeigt, dass er sich durch verschiedene Websites klickt und hin und wieder auf sein Handy blickt, als würde er einer dieser beiden Aktivitäten je auf der Arbeit nachgehen. Jemals.
Als es endlich Zeit ist, Lacroix' Büro aufzusuchen, macht er einen Umweg über die Toilette, spritzt sich ein wenig Wasser ins Gesicht, umklammert das weiße Porzellanwaschbecken und starrt sich im Spiegel an. Er hat keinen blassen Schimmer, was passieren wird. Einige Male atmet er tief durch, bevor er sich zu Lacroix' Büro aufmacht und sich bemüht, lässig zu wirken.
Avery bleibt vor dem Schreibtisch von Lacroix' Assistenten stehen. Sein Lächeln ähnelt mehr einer Grimasse als irgendetwas anderem. »Hi.«
Ford bringt ihm den gleichen Gesichtsausdruck entgegen, aber er ist nicht nervös. Er hasst Avery einfach. »Ich hätte hier sein sollen. Damals.«
Avery blinzelt ihn an, verwirrt und zu angespannt, um sich an sein Taktgefühl zu erinnern. »Was zur Hölle soll das heißen?«
»Da ist man zehn Minuten nicht da und ein verrückter Juniorpartner stürmt in das Büro deines Vorgesetzten. Zehn Minuten.«
»Oh. Ähm. Entschuldigung?« Avery zuckt mit den Schultern und weiß nicht, was er dazu sagen soll. Es tut ihm nicht wirklich leid, was selbst ein Idiot feststellen könnte.
»Verrückt«, sagt Ford tonlos. Dann nimmt er den Telefonhörer zur Hand und drückt einen Knopf. »Hextall ist hier. Er sieht nervös aus.«
»Hey!«
Ford nickt, legt auf und deutet mit einer Hand auf die Tür. »Sie können reingehen.« Er wirkt beinahe enttäuscht.
»Danke.« Normalerweise würde Avery ihn anfeixen, aber dieses Mal nicht. Er öffnet einfach die Tür und geht hinein. Hier kann er nur warten, den Blick starr auf Lacroix gerichtet, der hinter seinem Schreibtisch steht.
Lacroix' Miene ist undurchschaubar – wie in Stein gemeißelt – und Avery denkt nicht mehr an seinen Entwurf oder seine Nerven. Er kann sich nur noch auf die Hitze und Aggression konzentrieren, die er sofort spürt, als sich ihre Blicke treffen.
»Setzen Sie sich.«
Für einige lange Sekunden bleibt Avery, wo er ist, einfach, um sich zu widersetzen. Aber seine Nervosität gewinnt schließlich die Oberhand, sodass er sich vor Lacroix' Schreibtisch setzt. Der Briefbeschwerer ist immer noch da, das Innere mattiert und mit rotem Glas durchwunden. Es ist unmöglich, dort hindurchzusehen.
Jemand muss mich vor meinen eigenen Metaphern retten.
Lacroix hantiert vor ihm herum und schiebt geschäftig Unterlagen hin und her. Avery hat ihn noch nie so herumzappeln sehen.
»Das Knight-Zentrum für Performancekunst«, sagt Lacroix. Er wirft Avery etwas zu. Nicht seinen Entwurf mit den verdammten Rotstift-Anmerkungen, sondern einen fein säuberlich geordneten Stapel Dokumente, die von einer Büroklammer zusammengehalten werden. »Das sind die vorläufigen Fragen, die die Investoren zu Ihrem Entwurf gestellt haben. Um drei werden wir sie im Detail besprechen, also wäre es eine gute Idee, wenn Sie sie sich vorher ansehen. Ich gehe davon aus, dass sie Ihren Entwurf annehmen, also machen Sie Ihren Terminkalender für die nächste Zeit frei.«
Avery blickt auf die Unterlagen in seinen Händen und sieht dann zu Lacroix hoch. »Sie machen Witze.«
Lacroix' Lächeln ist nicht so eisig, wie Avery erwartet hatte, als er sich diesen Moment vorgestellt hat. Das macht