WIE SCHATTEN ÜBER TOTEM LAND. S. Craig Zahler

WIE SCHATTEN ÜBER TOTEM LAND - S. Craig Zahler


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Tiergeräusche und nähergelegenes Knarren im Haus durchdrangen das bleierne Schweigen.

      Unfähig, die dicker werdende Luft zu atmen, sagte der Gentleman: »Es würde fünf Monate dauern, um so viel in der Werkstatt zu verdienen.«

      »Vier Monate.« Der Tonfall der Frau war scharf.

      »Kathleen. Wenn die Arbeit gefährlich oder gesetzeswidrig ist, werde ich nicht gehen.« Mit einem Blick ins zweifelnde Gesicht seiner Verlobten fügte er hinzu: »Es ist eine sehr beträchtliche Summe.«

      »Das ist es.« Ihr Ton wurde sanfter.

      Die Last fiel von Nathaniels Schultern ab – der Streit war beendet. »Und«, fügte der Gentleman hinzu, »die Möglichkeit besteht, dass diese Arbeitgeber schlicht wohlhabende Männer sind, denen vierhundertfünfzig Dollar wenig bedeuten.«

      »Der in der Annonce verwandte Schreibstil deutet nicht auf eine gute Kinderstube hin«, antwortete die Frau, »aber ich nehme an, es ist möglich.«

      Nathaniel durchquerte den Raum mit einem kleinen Schritt, setzte sich auf die Matratze und küsste Kathleen. Für einen Moment ließ sie ihn gewähren, dann löste sie sich, hastig, als wären sie turtelnde Jugendliche und der verurteilende Kopf eines Elternteils hätte sich gerade in einem Fenster materialisiert.

      »Schau nicht so bestürzt.«

      »Du hast dich mir verschlossen«, erklärte Nathaniel, der äußerst selten zurückgewiesen wurde. Erneut drückte er seine Lippen auf die seiner Verlobten, doch sie hielt ihren Mund in entschiedener Weigerung geschlossen. Als er sich zurückzog, sagte der Gentleman: »Beim ersten Mal erging es mir besser.«

      »Nicht heute«, erklärte die Frau. »Mein Kopf ist zu sehr voller Sorgen, als dass ich mit dir romantisch sein könnte.«

      Nathaniel legte seine rechte Hand auf die Leinwand aus nackter Haut, die von einem Spitzendekolleté eingerahmt war, und übte leichten Druck aus, drängte Kathleen sanft dazu, sich hinzulegen.

      Die Frau widerstand. »Ich bin zu sehr mit deiner Abreise beschäftigt.«

      Mit einem Lächeln sagte der Gentleman: »Bitte leg dich hin.«

      »Nathan, ich habe keine Lust …«

      »Ich verstehe. Und ich verspreche, dass ich voll bekleidet bleiben werde.« Nathaniel sah in Kathleens smaragdgrüne Augen und spürte ihren Herzschlag deutlich unter seiner rechten Handfläche. »Es dient ausschließlich deinem Vorteil.«

      Auf den Wangen der Frau zeigten sich einige verstohlene Sommersprossen und sie nickte.

      »Leg dich hin.«

      Kathleen legte sich zurück, in die Locken ihres langen, schwarzen Haars und den changierenden Stoff ihres rosafarbenen Nachthemds, und wurde sanft von der heugefüllten Matratze empfangen. Nathaniel berührte die weiche Haut direkt über ihrem linken Knie mit den Lippen und platzierte einen zweiten Kuss unter ihrem Nachthemd, genau dort, wo Bein und Becken sich verbanden. Er blies warme Luft über den Nexus der Frau und ihr gesamter Körper erbebte.

      Während er seine Fingerspitzen über den Innenschenkel seiner Verlobten gleiten ließ, fragte der Gentleman: »Wirst du mir erlauben, deine Stimmung zu heben?«

      Kathleen machte ein Zugeständnis.

      Der Blick des angehenden Hoteliers und zukünftigen reisenden, zweisprachigen Gentlemans glitt über den ruhenden Körper seiner Verlobten und zum Fenster hinaus, zum glänzend grauen Himmel, den weder Sonne noch Mond betraten. In den Wachphasen seiner dreieinhalb Stunden unterbrochenen Schlafes hatte Nathaniel über die Investoren an der Ostküste nachgedacht, über die neue Arbeitsstelle und den Fortschritt, den er mit vierhundertfünfzig Dollar – plus den sechshundertvierundzwanzig Scheinen, die er in den letzten dreizehn Monate zusammengespart hatte – an seinem zerstörten Hotel würde machen können, und war aufgewühlt. Obwohl er noch immer müde war, wusste er, dass er nicht wieder einschlafen würde, und entschied sich darum, seinen Tag zu beginnen.

      Nathaniel kletterte über Kathleens lange Beine, setzte seine nackten Fußsohlen sachte auf dem Boden auf – betrat man sie ohne Zartgefühl, imitierten die Holzdielen die Babys, die früher hier gewohnt hatten – und lehnte sich vor. Langsam verlagerte er sein Gewicht, bis er aufrecht stand.

      Er zog gelbe Reitkleidung über seine Hemdhose, hob seine Schuhe auf, machte einen Schritt ostwärts, streckte seine freie Hand aus, drehte den Schlüssel herum, verließ das Zimmer, schloss die Tür und machte sich auf den Weg zum Dachboden, wo sein Reisegepäck aufbewahrt wurde, solange er und seine Verlobte als Untermieter in einem Zimmer wohnten, das für Menschen gebaut worden war, die nichts bedeutenderes besaßen als Windeln, Schnuller und Zähne von Reiskorngröße.

      Leise gähnend schritt Nathaniel durch den Flur im Obergeschoss, am Hauptschlafzimmer vorbei und auf die Holzleiter zu, die zum Dachboden führte. Hinter dem schleichenden Gentleman öffnete sich eine Tür und er drehte sich um.

      Aus dem verdunkelten Schlafzimmer erschien Ezekiel, der sich seinen behaarten Nacken kratzte – eine Stelle, die immerwährend zu jucken schien –, während sein gesunder Bauch sich zwischen den beiden Hälften seines offenen Morgenrocks aufblähte. Der untersetzte Mann gähnte eine Begrüßung.

      »Guten Morgen«, antwortete Nathaniel.

      »Ziemlich kühl für den Sommer.« Ezekiel sah über die Schulter des Untermieters und sagte: »Geh'n Sie zum Dachboden hoch?«

      »Ich muss mein Gepäck und einige Kleidungsstücke holen. Ich werde für eine Woche fortgehen.«

      Der Viehzüchter neigte seinen Kopf zur Seite, möglicherweise, um der Hand, die seinen Nacken kratzte, neue Möglichkeiten zu eröffnen, und fragte: »Geschäfte?«

      »In der Tat.«

      »Kathleen bleibt hier?«

      »Sie wird hierbleiben und ihren Pflichten nachkommen.«

      Die Mitte der buschigen Ansammlung aus Augenbrauen und Backenbart, aus der Ezekiels Gesicht bestand, verengte sich merkwürdig. »Warum schleichen Sie so herum?«

      »Ich wollte niemanden aufwecken.«

      »Wir haben Sie beide gestern Nacht streiten gehört.« Die missbilligend zusammengekniffenen Furchen, die Ezekiels Augen verdunkelten, taxierten Nathaniel in unverblümter und aufdringlicher Manier.

      Die Anspielung verärgerte den Gentleman, aber er schluckte die Beleidigung hinunter. »Ich laufe nicht davon.«

      »Sie werden keine bessere Frau finden.« Ezekiel senkte eine kratzende Hand von seinem Nacken und benutzte die andere. »Ich hab sie mit meinen Kindern gesehen und ich hab gesehen, wie sie mit Ladenbesitzern handelt oder sie zurechtweist, wenn sie versuchen, sie zu betrügen. Sie ist ein guter Fang – vollkommen und schön – und sie hat sogar zu Ihnen gehalten, als dieser Sturm Ihr Hotel zerstört hat.«

      »Ich liebe Kathleen und habe nicht die geringste Absicht, sie im Stich zu lassen. Es tut mir leid, Sie letzte Nacht gestört zu haben, aber wir legten unsere Differenzen gütlich bei.«

      Nicht überzeugt verzog der Viehzüchter seinen Mund.

      »Sie können sie wecken, wenn Sie die Richtigkeit meiner Worte überprüfen wollen«, schlug Nathaniel vor. Es fiel ihm schwer, die Bitterkeit aus dieser Bemerkung herauszuhalten.

      »Das ist nicht nötig.« Ezekiel brachte die ursprüngliche Hand zu seinem Nacken zurück, zog den klaffenden Morgenrock über seinem Bauch zusammen, drehte sich um und ging in sein Schlafzimmer. »Es gibt genug erfolgreiche Kerle in Leesville, die ihr den Hof machen würden, wenn Sie allzu lang herumtrödeln oder sie hintergehen.«

      Die aufeinandergepressten Lippen des Gentlemans lieferten keine Antwort.

      Die Schlafzimmertür schloss sich.

      Beschämung und Wut standen heiß in Nathaniels Gesicht geschrieben, als er sich umdrehte, zum Ende des Flurs ging, die Leiter erklomm, den Dachboden betrat und einen großen, grünen Mantelsack ausfindig machte. Dahinein


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