Yvettes Traum. Florentine Hein

Yvettes Traum - Florentine Hein


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bin Yvette. Und nein, danke, Sie können mir nicht helfen. Ich bin privat hier.“

      „Da hat Herr Mehringer wirklich Glück, wenn ich das so sagen darf“, meinte der Löwe zwinkernd. „Es würde mich sehrfreuen, Sie einmal wiederzusehen, Yvette.“

      Was sollte sie darauf sagen? Yvette murmelte etwas Unverbindliches. Beim Hinausgehen warf sie noch einen letzten Blick auf das Gemälde.

      So würde sie auch gern aussehen, so mit sich zufrieden wie diese Frau. Doch sie fühlte sich weit davon entfernt, so weit. Lichtjahre, Galaxien …

      Yvette schleppte sich nach Hause. Nach Hause. So lange war hier selbstverständlich ihr Zuhause gewesen.

      Wie lange noch?

      Die Wohnung empfing sie, weiß und leer. Was konnte sie nur tun?

      Sie würde die Möbel aus dem Keller holen. Zumindest die, die sie selbst tragen konnte.

      Die Zeitschriften waren verbrannt, die Wände blieben weiß. Ihr fehlte die Kraft. Sonst hätte sie sie für die liebe Jule gern aschgrau gestrichen!

      Der Keller war vollgestopft. Isa hatte ihr noch geholfen, alles hinunter zu tragen. Dabei hatten sie Pläne gemacht, wie die Wohnung in Zukunft aussehen könnte. Das Zimmer der Jungs wollte sie zum Gästezimmer umgestalten, vielleicht später für Papa herrichten. Und Isas …

      „Mama, daraus machst du dir endlich ein Atelier!“, hatte ihre Tochter gesagt. „Denk an die Kiste im Keller!“

      Ein Atelier … ja, das wäre wirklich ein Wunsch! Die Kiste unten im Keller war voll mit kleinen Figuren. Yvette hatte sie auf Flohmärkten gesammelt. Da standen sie auf Tapeziertischen, unbeachtet zwischen altem Geschirr und dicken Büchern. Ihnen fehlte ein Arm oder ein Bein, sie waren bröselig und verschmutzt. Yvette konnte nicht widerstehen, kaufte sie günstig, drückte sie an sich und bettete sie in ihre Kiste.

      Dort warteten sie auf Heilung.

      Früher hatte Yvette aus dem Keller ein Wispern gehört, sie riefen nach ihr. Doch nie fand sie die Zeit. Tagsüber die Kinder, nachts die Arbeit an Ausstellungen und Katalogen. Wann hatte sie das Wispern das letzte Mal vernommen? Jahre war es her, bestimmt. Es war verstummt.

      Dafür hörte Yvette Schritte auf der Kellertreppe und fuhr herum. Es war die junge Mutter aus der Wohnung über ihr. Sie war vor etwa einem Jahr mit Mann und Töchterchen dort eingezogen. Yvette ergriff die Chance.

      „Wären Sie so nett … ich habe gerade die Wohnung gestrichen und möchte die Möbel zurückräumen. Könnten Sie kurz beim Küchentisch mit anpacken?“

      Zu zweit schafften sie es. Auch Belle kam neugierig herbei.

      „Ach, die süße Katze! Meine Tochter liebt sie ja so sehr! Falls sie einmal einen Katzensitter brauchen, sind wir gern da. Und schön ist das geworden, mit den weißen Wänden, sieht so frisch aus …“

      Mit buntem Küchentisch zumindest erträglicher.

      Nein, im Moment ist keine Reise geplant, vielen Dank. Aber wenn Sie noch das gelbe Sofa, oh, das ist ja so liiiieb! Und wenn Ihre Tochter mal die Katze streicheln möchte, klar, natürlich, jederzeit …

      Es gab noch andere Museen. Hin und wieder half Yvette beim Sortieren des Bestandes, schrieb kurze Texte, gestaltete Info-Tafeln und so weiter. Sonst nahm ihr das Finanzamt die Selbstständigkeit nicht ab. Sie glaubte nicht daran, aber sie würde auch dort nach Arbeit fragen. Bei jedem einzelnen.

      Yvette goss sich ein Glas Wein ein – ja, mitten am Tag. Ja, ein Glas Wein. Ja, trotzdem! – setzte sich aufs gelbe Sofa mit Blick zur Terrassentür, nicht auf die Wand! und stellte den Laptop auf den Tisch. Belle kuschelte sich schnurrend neben sie ein.

      Aus Gewohnheit öffnete Yvette erst einmal ihre Mails.

      „Gönn dir was! So wird dein Liebesleben wieder …“

      Danke nein.

      „Die neusten Pillen gegen …“

      Traurigkeit? Schwermut? Einsamkeit?

      Erwünscht. Aber halfen sie wirklich?

      Oooh! Was war denn das?

      Yvettes Augen blieben am Absender haften.

       Ilka von Grau.

      Betreff: Von Schwiegermutter zu Schwiegermutter

      Hä? Schwiegermuuter? Was sollte das?

      Hatte eins ihrer Kinder heimlich geheiratet?

      Marcel traute sie es am ehesten zu. Er war der Typ für überstürzte Aktionen. Aber warum sollte er das tun? Bisher hatte sie alle seine Freundinnen immer herzlich willkommen geheißen. Selbst die unfreundlichen und zänkischsten unter ihnen. Die aktuelle hieß Tanja und war mit 25 gerade frisch geschieden. Sie würde sich doch nicht sofort wieder in eine Ehe stürzen?

      Dann vielleicht Flo. Er war schon lange in festen Händen. Ja, doch, seine Lara war ein liebes Mädchen, da würden wohl die Hochzeitsglocken läuten. Aber so eilig hatten die beiden es bisher nicht gehabt …

      Und Isa? Die neue Liebe aus dem Flugzeug???

      Yvettes Augen flogen hastig über den Text.

       Bonjour, Yvette!

       Da hast du gewiss auch gestaunt! So lange haben wir nichts mehr voneinander gehört und dann lernen sich unsere beiden Kinder kennen. Und lieben! Wie im Märchen … Pierre ist ja ganz betört von deiner hübschen Isabel.

      Und weißt du, was das Beste ist? Gerade bin ich auf der Suche nach einer Restauratorin für ein paar Statuen auf meinem Anwesen. im Elsass! So ein Zufall!!!

       Ja, mein Mann hat mir dort eine schnuckelige, kleine Villa hinterlassen. Ich bin sooo gespannt, alles über dich zu erfahren. Komm mich besuchen, du kannst hier wohnen, gern auch mit deinem Freund. Ich zahle gut, Geld spielt keine Rolle. Ich würde mich SEHR freuen, von Dir zu hören!

       Deine Ilka

      Garniert mit unzähligen, geschmacklosen Smileys.

      Ilka? Wirklich Ilka?

      Das Bild eines dunkelhaarigen Mädchens mit rosa Haarspange ploppte in ihrer Erinnerung auf. Ilka? Ja, es war genau der leicht übertriebene Schreibstil, den sie ihr zutraute.

      Und Isabel hatte sich in Ilkas Sohn verliebt? Ernsthaft? Das musste sie erstmal verdauen. Yvettes Blick flog noch einmal über die Mail.

       Statuen restaurieren. Geld spielt keine Rolle.

      Ihre Augen saugten sich daran fest. Sie las die Zeilen wieder und wieder. Ihr Herz begann zu klopfen.

      Konnte – sie wagte es kaum zu hoffen – konnte das die Lösung sein?

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