Hexenkolk - Wiege des Fluchs. Thomas H. Huber
und warte auf dich“. Noch bevor er antworten konnte, kam die nächste Nachricht: „Ich habe mir gerade eine Flasche Champagner aufgemacht und mich in Stimmung gebracht. Du weißt doch, wie scharf ich auf Champagner werde, nicht wahr?“. Natürlich wusste Jack, wozu sie mit Champagner fähig war. Schon oft hatte er ihr die prickelnde Flüssigkeit aus sämtlichen Körperöffnungen geleckt und genau das war es, was er jetzt brauchte.
„Gib mir 30 min.“, schrieb er zurück. Dann lief er nach oben ins Schlafzimmer und zog sich an. Fünf Minuten später schnappte er sich den Schlüsselbund vom Sideboard neben der Haustür, und tippte voller Vorfreude die nächste Nachricht in sein Handy: „Bin auf dem Weg…lass den Slip an“. Allein der Gedanke an ihren Slip löste in ihm eine Erektion aus. Er liebte es, wenn er ihre intimste Zone selbst enthüllen konnte. Als er dies wahrnahm, musste er sich eingestehen, dass er scharf auf Rachel war, richtig scharf. Seit er sie zum ersten Mal getroffen hatte, veränderte sich etwas in ihm. Er dachte sehr oft an sie, was für ihn eine vollkommen neue Erfahrung war, denn normalerweise verschwendete er nicht den kleinsten Gedanken an eine Frau, zumindest nicht auf diese tiefe Weise. Doch seit er sich mit ihr traf, blitzten auch dann Bilder von ihr vor seinem inneren Auge auf, wenn er gerade mit einer anderen zusammen war. Nur der kleinste Impuls von Rachel reichte dann aus, und sein Penis erschlaffte vor den Augen seiner zeitweiligen Geliebten. Es kam ihm so vor, als würde sein bestes Stück nur noch in Rachels Vagina wollen, was ja irgendwie auch stimmte. Es blieb ihm in solchen Momenten dann nichts anderes übrig, als sich für seine Ladehemmung zu entschuldigen: „Hey, sorry, zu viel Stress im Büro“, sagte er dann überaus theatralisch und suchte daraufhin möglichst schnell das Weite. Rachel hatte es ihm angetan, ob er das wahrhaben wollte oder nicht. Natürlich hätte er dies aus Scham vor seinen anderen Kumpels nie erwähnt, denn dazu war er zu sehr Macho. Aber tief in seinem Inneren wusste er, dass er am Haken hing. Er saß in Rachels duftender, erotischer Falle.
Als er ankam, erwartete sie ihn bereits unter der Wohnungstür, nackt, bis auf einen rubinroten Seidenschlüpfer. Ihr blondes Haar bedeckte beide Brüste und nur schemenhaft schimmerten ihre gekräuselten Brustwarzen hervor. Mit leuchtenden Augen umschlang er sie und trug sie ins Schlafzimmer. Rachel war der Garant für unkomplizierten Sex und ausschweifende Orgien. Sie tranken, schnieften massenweise Kokain und trieben es an allen erdenklichen Orten. Ob in der Kirche, im Supermarkt, im Kino, oder auf der Rückbank eines Taxis. Rachel und Jack ließen einfach keine Gelegenheit aus. Es war auch wirklich leicht mit ihr, denn sie sprach deutlich aus was sie wollte, und was nicht. „Du kannst mich überall anfassen, aber mein Anus ist Tabu, verstanden?“
Jack akzeptierte und respektierte ihren Wunsch, denn schließlich war der Rest der sexuellen Möglichkeiten auf dem Spielfeld ihres wunderschönen Körpers wirklich ausreichend. Rachel war unglaublich kreativ und schaffte es immer, ihn heiß zu machen, aber er ließ sie nie wissen, dass er bei ihr überhaupt keine besondere Stimulation benötigte, sie musste einfach nur da sein, das war alles.
Nachdem sie an diesem Abend dreimal Sex hatten, im Bett, unter der Dusche und auf dem Esstisch, kramte Rachel nervös in ihrem Schuhschrank herum. „Irgendwo muss es doch sein, zur Hölle“. Dann griff sie in einen schwarzen Lacklederstiefel und rief: „Yeah, da bist ja, du kleines Scheißerchen“. Mit einem weißen Tütchen in der Hand ließ sie sich neben Jack auf die Couch fallen: „Der Stoff, aus dem multiple Orgasmen gemacht werden“. Sie zog zwei zehn Zentimeter lange Linien auf dem Tisch, während Jack bereits einen Geldschein zusammenrollte. „Eine für dich, eine für mich. Ich lasse dir den Vortritt“, lachte sie, „zieh du dir schon mal den Heißmacher rein, während ich uns noch eine Flasche Schampus aus dem Kühlschrank hole“. Als sie nur wenige Minuten später mit einer bereits offenen Flasche in der Hand zurückkam, war Jack am Grinsen: „Du glaubst ja nicht, wie dieses Zeug bei mir wirkt. Ich könnte schon wieder über dich herfallen“. Dass er seine Linie nicht geschnieft, sondern mit der Hand vom Tisch gewischt hatte, um das feine Pulver danach im Flokati zu verteilen, behielt er für sich. Er brauchte das Zeug nicht, um einen hochzukriegen, nicht bei Rachel, sie war sein Kokain. Außerdem vermied er den Konsum dieser Droge schon seit Jahren, um seine ohnehin rastlose Seele nicht noch mehr in Wallung zu bringen. Nur wenn Rachel anwesend war machte er eine Ausnahme, um sie mit einer Ablehnung nicht aus ihrer Partylaune zu reißen. Der Gedanke, wieviel des teuren Stoffes er bisher schon im langhaarigen Teppich unter dem Couchtisch verteilt hatte, entlockte ihm jetzt ein Lächeln: „Sie hat vermutlich den wertvollsten Staubsaugerbeutel der Stadt, den ein Müllkutscher einfach so in die Deponie wirft, ohne zu ahnen, dass er beim Verkauf des Inhalts früher in Pension gehen könnte“. Das Lächeln auf seinen Lippen wurde dann noch etwas verstärkt, als Rachel ihn fragte: „Willst du mich mit der Zunge verwöhnen?“ „Das musst du mich kein zweites Mal fragen“, antwortete er, ließ sich von der Couch auf den mit Kokain angereicherten Flokati rutschen, während sie einen Fuß auf die Couch stellte, sodass er von unten an sie herankommen konnte. Nach drei Orgasmen hintereinander konnte sie nicht mehr.
„Komm, zieh dich an, wir gehen aus“. „Was hast du vor, Rachel?“ „Lass dich überraschen, Süßer“. Dann zogen sie sich an und Jack checkte unauffällig sein Handy. Es war mittlerweile nach Mitternacht und Sandy, eine seiner anderen Freundinnen, hatte ihm drei Nachrichten hinterlassen.
23: 00 Uhr: „Hey, Jack, kommst du zu mir?“
00: 10 Uhr: „Warum meldest du dich nicht?“
00: 45 Uhr: „Na gut, dann gehe ich jetzt schlafen“.
„Ja, träum süß“, grinste Jack, „morgen ist auch noch ein Tag“. In letzter Zeit hasste er sich manchmal dafür, dass er neben Rachel noch andere Frauen am Start hatte. Aber das jahrelange Singleleben hatte in ihm Gewohnheiten geschaffen, die sich so schnell nicht abstellen ließen, auch wenn Rachel ihn in jeglicher Hinsicht vollkommen zufriedenstellte. Sie war wild, sie war purer Stress, und sie war die stürmische See voller Abenteuer. Er war süchtig nach ihr, und er war süchtig nach Leben. Rachel war schön und hatte Klasse. Sie wusste, wie sich eine Frau anzuziehen hatte, um die Blicke der Männer auf sich zu ziehen. Sie war eine dieser ganz besonderen Frauen, die im Grunde genommen alles tragen konnten und auch im hässlichsten Fummel elegant und sexy aussahen, auch wenn er sie noch nie mit schlabberigen Jogginghosen oder Sweatshirt gesehen hatte. Für Jack stand jedenfalls fest: „Sie ist der personifizierte Sex auf zwei Beinen, sehr schönen Beinen, wohlgemerkt“. Dann kamen noch das ganze Koks und der Alkohol hinzu, alles Substanzen, die es offenbar vermochten, ihrer beiden Hemmschwellen bis auf das Fundament einzureißen, wie ein Tsunami es mit ganzen Städten vollbringt.
Als Rachel zurück ins Wohnzimmer kam wusste er, dass der Vergleich mit einem Tsunami den Nagel ziemlich genau auf den Kopf getroffen hatte. Sie trug ein hellgraues, wallendes Kleid mit langen Ärmeln und Fingerschlaufen. Der hauchdünne Stoff ließ ihre knackigen, sonnengebräunten Brüste verheißungsvoll hindurchschimmern. Darunter leuchtete ihr roter Slip wie ein Werbebanner auf dem stand: „Komm, nimm mich, Jack!“ Ihre schlanken, straffen Beine steckten in schwarzen Lackstiefeln, die ihr bis knapp über die Knie reichten. Natürlich hatte er keine Ahnung, dass sie sich nur deshalb so angezogen hatte, weil sie damit genau wie die Frau aus ihrem immer wiederkehrenden Traum aussah. Sie folgte damit einer Aufforderung, die aus ihrem tiefsten Inneren kam, so als würde eine andere Person darüber bestimmen, sich so zu kleiden. Mit offenem Mund starrte Jack sie an: „Was hast du jetzt vor, meine Schöne?“ Rachel antwortete knapp: „Wart‘s ab, wir machen einen kleinen Ausflug, komm jetzt!“ Kurz darauf saß sie hinter dem Lenkrad ihres Mazda MX-5 Roadster, während Jack sich in den Beifahrersitz des kleinen Cabriolets zwängte. Dann öffnete sie das Dach und sagte: „Mir ist heiß, die kühle Nachtluft wird mir guttun“. Sie trat das Gaspedal durch und sie rasten unter einem klaren, sternenbedeckten Himmel in Richtung Süden.
HERVORDIA (Hansestadt-Herford), 21. August 1627
PRIESTER KONSTANTIN ALBA
„Guten Morgen, Hochwürden, schönes Wetter heute, ne?“ rief Mathilde, die Frau des Bäckers, Priester Konstantin Alba über die Straße zu. „Guten Morgen, Mathilde“, erwiderte der Geistliche, und winkte freundlich, jedoch ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Zwar mochte er die Bäckersfrau, wusste aber auch, dass