Terras kosmische Bestimmung: SF Abenteuer Paket. Reinhard Köhrer
sah, erstarrte er für einen Augenblick.
"Probleme, Lieutenant?"
"Minderwertige Technik!", war Zimmers Antwort. "Da hat mal wieder jemand am falschen Ende gespart - nämlich beim Wohlfühlfaktor der Besatzung. Ist doch immer dasselbe." Ein mattes Lächeln ging über Messers Gesicht.
"Langsam komme ich zu der Überzeugung, dass Sie Recht haben, Zimmer."
"So?"
"Hier scheint eine Art Koller auszubrechen, der mir gar nicht gefällt."
"Kein Wunder, Captain. Es genügt ein Funke, und der große Krieg wird ausbrechen. Nicht so ein Geplänkel wie 2031. Nein, etwas ganz anderes."
Messer nickte.
"Und wir werden mittendrin sein", ergänzte er die Worte des Computerfachmanns.
"Richtig."
"Eine Aussicht, die mir auch nicht gefällt."
"Wir haben wohl keine andere Wahl, was?"
"Nein."
"Dachte ich mir doch."
Etwas missmutig betätigte Zimmer ein paar Schalter an der Datenbrille. Die Anzeige blinkte auf, spiegelte sich in einer seitenverkehrten Projektion auf Marvin Zimmers Gesicht.
"Der Krieg ist doch längst in Gang", meinte Messer düster. "Denken Sie nur an diese unglaubliche Welle der Sabotage, die durch die gesamte Westunion gefegt ist wie ein Wirbelwind! Sabotage, hinter dem unsere Feinde stecken. Das ist auch eine Art Krieg zu führen." Marvin Zimmers Gesicht wurde düster.
"Meine Schwester und ihre Familie wohnten in Minneapolis", meinte er mit belegter Stimme. "Sie wurden bei dem Candermere Zwischenfall verstrahlt. Wie Hunderttausende anderer auch. Keiner aus der Familie meiner Schwester wird das nächste Jahr erleben, Captain."
Zwischenfall war ein sehr verharmlosendes Wort für das, was im Reaktor von Candermere bei Minneapolis stattgefunden hatte. Es war Sabotage des Gegners gewesen, darauf deuteten alle Erkenntnisse hin. Sabotage, die aus einem Atomkraftwerk so etwas wie eine Bombe gemacht hatte.
"Ich hätte große Lust ein paar von diesen PAZIV-Einheiten abzuschießen", fügte Marvin Zimmer noch hinzu. Captain Jack Messer hob die Augenbrauen - diesmal alle beide.
"Ich glaube, Sie brauchen ebenso dringend Schlaf wie ich, Lieutenant."
2
Robert Belmore schaute in den mit Sternen übersäten Nachthimmel. Es war eine besonders klare Nacht und trotz der Lichter der Stadt waren einige Sternbilder klar und deutlich zu erkennen. Belmore nahm einen Schluck Bourbon aus dem Glas, das er in der rechten Hand hielt.
Seit zwei Jahren bin ich jetzt im Amt und unter normalen Umständen sollten sechs weitere folgen. Aber was war im Augenblick 'normal'?
Belmore dachte an den Moment zurück als ihm berichtet worden war, dass sich zwei fremde Raumschiffe in der Nähe des Mars einen Kampf lieferten. Nie hätte der Präsident der Westunion es für möglich gehalten, dass Außerirdische noch in seiner Amtszeit, geschweige denn in diesem ersten Jahrhundert des dritten Jahrtausends in der Nähe der Erde gesichtet würden.
Sicher hatte er die Existenz von fremden Lebensformen in unserer Galaxie nicht ausgeschlossen, aber dass sie ihm seine Amtszeit derart verleiden würde, empfand er fast schon als persönlichen Affront. Belmore stand noch immer am Fenster und hing seinen Gedanken nach, als es klopfte.
Das konnte nur Major Sander Brock sein, der zu so später Stunde noch um eine dringende Unterredung gebeten hatte. Belmore trat vom Fenster zurück und ging zu seinem gut dem Ambiente angepassten Getränkeschrank. Dort ließ er das noch halb volle Glas Bourbon verschwinden. Ab und zu genehmigte er sich einen Drink, nur wollte er damit keine Angriffsfläche bieten. Er setzte sich an seinen Schreibtisch.
"Ja, bitte?"
Die Tür öffnete sich und wie erwartet trat Major Brock, der Chef des Geheimdienstes und Sicherheitsberater des Präsidenten in den Raum.
In der linken Hand hielt er einen Datenträger.
"Gute Neuigkeiten, Sir."
"So?"
"Wir haben X-Point gefunden." Einen Moment ließ er seine Worte wirken, bevor er fortfuhr. "Darf ich, Mister President?" Major Brock deutete auf den Computer, der unauffällig in den Schreibtisch eingelassen war.
Er hob fragend die Augenbrauen.
"Nur zu", ermunterte Berringer ihn.
Major Sander Brock legte den Datenträger ein.
Ein Druck auf die vorgesehene Taste und der Computer fuhr hoch. Gleichzeitig aktivierte sich ein Großraumbildschirm auf der gegenüberliegenden Wand. Infrarot-Satellitenaufnahmen wurden sichtbar.
X-Point, dachte der Präsident.
Das war die interne Bezeichnung, die die Geheimdienste der Westunion einer geheimnisvollen Unterwasserzentrale gegeben hatten, wo sie das Herz ihres Gegners vermutete. Irgendwo in den Tiefen des Pazifik musste die Geheimdienstzentrale der PAZIV liegen, geschützt unter gigantischen Wassermassen. Selbst, wenn es zum Atomkrieg oder dem Einsatz chemischer oder bakteriologischer Waffen kam, hatte diese geheime Zentrale gute Chancen das weltweite Desaster zu überleben.
Vermutlich gab es keinen besser geschützten Ort auf dem gesamten Planeten Erde.
Jahrelang waren die Aufklärungsspezialisten der Westunion X-Point nachgejagt wie einem Phantom. Bislang ohne Erfolg. Die Geheimhaltung der PAZIV-Geheimdienste musste hervorragend funktionieren. Außerdem hatte die Westunion seit vielen Jahrzehnten die Aufklärung durch Agenten vor Ort sträflich vernachlässigt und stattdessen auf überlegene Aufklärungstechnik aus dem Weltraum gesetzt. Ein Faktum, dass sich längst als Handikap herausgestellt hatte. Vielleicht haben unsere High-Tech-Freaks ja nun endlich den langersehnten Durchbruch erreicht, auf den wir alle schon so lange warten, überlegte Berringer.
Inzwischen hatte Major Sander Brock die Bildprojektion eingerichtet.
In rascher Folge erschienen rote Punkte auf blauem Grund, die sich über dem Großraumbildschirm bewegten. Sämtliche roten Punkte schienen ein Ziel zu haben, einen flukturierenden 'Fleck' in der Mitte des Bildschirms. Dieser 'Fleck' hatte ein enormes Ausmaß. In seiner Mitte war er rot, zu den Rändern hin veränderte sich seine Farbe über orange zu gelb.
Major Brock ging die paar Schritte zum Großraumbildschirm und deutete auf den 'Fleck'.
Mit hörbarer Erregung in der Stimme sagte er: "Bei diesen Koordinaten befindet sich X-Point!"
Auf dem Bildschirm hatte sich inzwischen ein Koordinatensystem über die farbigen Gebiete gelegt.
Berringer räusperte sich.
"So schön, so gut. Aber nun erklären Sie mir dieses bunte Kunstwerk mal etwas genauer, Major."
"Nun, Sir, seit einigen Jahren tasten wir ja den Pazifik über dem Gebiet der PAZIV mit Infrarot-Scannern ab, die sich an Bord der Satelliten befinden. Wir haben das gesamte Gebiet in Planquadrate eingeteilt. Dabei gingen wir von der Prämisse aus, dass sich energetische Anomalien auf unseren Infrarot-Scans zeigen würden. In der ersten Zeit zeigten sich auf den Bildern nur rote Punkte von Schiffen oder U-Booten. Doch im Laufe der Zeit und durch die Anzahl der Bilder, konnten wir ein Gesamtbild erstellen, fast wie ein Puzzle."
Erneut wies Major Brock auf den großen 'Fleck' in der Mitte des Großraumbildschirms.
"An dieser Stelle zeigte uns der Scan eine Konzentration von Energie, die keinen natürlichen Ursprung im Pazifik hat. Bestätigt wurden wir noch in unserer Annahme, dass es sich hier um X-Point handelt, dadurch, dass unverhältnismäßig viele der U-Boot Routen zu diesem Punkt führten und nach Stunden oder Tagen wieder davon weg."
Berringer stand auf und ging nun ebenfalls zum Großraumbildschirm.