Zu neugierige Mörder: 9 Krimis. Karl Plepelits

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis - Karl Plepelits


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schnaufte und brummte dann: „Wenn wir wenigstens ein Stück Brot hätten.“

      „Auf der Yacht ist Brot, ist alles. Und wenn wir das Boot geflickt haben, können wir hin“, meinte Le Beau.

      „Das Beiboot ist klein“, sagte der Baron. „Wenn morgen immer noch so viele Haie da sind, ist es selbst damit riskant. Die Haie sind wie verrückt und haben zuviel Blut gewittert, um gleich wieder abzuziehen.“

      „Ich glaube, wir sollten sehen, dass wir das Boot zusammenflicken, Alex“, erklärte Le Beau. „Ich möchte wissen, wie Menschen diese Insel zum Hochzeitmachen aussuchen konnten und sie dann noch Liebesinsel tauften. Ich würde sie Toteninsel nennen.“

      „Wir leben noch, Le Beau, das ist eine Menge“, beschwichtigte ihn der Baron. „Aber diesen Enrico Brassi kaufe ich mir, wenn wir hier wegkommen.“

      „Sir, das wird nicht einfach sein“, meinte Robert. „Er beschäftigt ein Syndikat von Zuhältern und ein ganzes Heer von Straßenmädchen; Gangster arbeiten für ihn. Sir, solche Leute haben oft mehr Macht als die Nationalgarde.“

      „Hier sind sehr viele Menschen gestorben, auch welche, die so harmlos waren und so unschuldig, dass ich diesen Brassi selbst dann an die Krawatte nehmen würde, wenn die nur verletzt worden wären. Aber sie sind tot. Denkt mal an den Jungen, an Tipo! Nun ja, erst wollen wir hier weg. Da, James schläft jetzt schon.“

      Sie sahen zu James hinüber, dessen vom Mondschein erhellter Körper zusammengesunken war. Und dumpfe Schnarchtöne kamen aus dem Mund wie aus einer Gruft.

      „Soll ich ihn wecken?“, fragte Robert. „Nein, lassen Sie ihn schlafen. Le Beau, dieser Archibald Home sagte, wir hätten das Geheimnis beinahe gelüftet, übrigens behauptete das auch jener Hal, der beinahe zu meinem Scharfrichter geworden wäre. Sie meinen damit da drüben das Rohr. Dolly und ich haben es am Nachmittag entdeckt. Und Hal sprach von einer Kammer. Vielleicht können wir uns noch darum kümmern.“

      „Jetzt?“, fragte Le Beau betroffen.

      „Ihr kümmert euch um das Boot. Von dem zertrümmerten Rettungsboot der Monte Christo liegen noch Trümmer herum. Macht ein Feuer davon, dann habt ihr Licht. Ich sehe mal, was ich hier oben finden kann.“

      „Im Dunkeln?“

      „Warum nicht? Wenn es nicht geht, komme ich zu euch. Dann sehen wir morgen nach.“

      Le Beau war unzufrieden. „Hör mal, Boss, wir sind alte Freunde. Aber wenn wir nicht bald von dieser Scheißinsel herunterkommen, streike ich.“

      „Fangt an, das Boot zu flicken, dann sind wir bald ’runter!“

      Robert stand auf. „Sir, soll ich den Frauen auch von den Zigaretten geben, die wir bei den Toten gefunden haben?“

      „Nein, auf hungrige Mägen wirkt das umwerfend. Sie sind das nicht mehr gewohnt. Teilen Sie die Drops von Hal aus.“

      Die Männer gingen, und der Baron war allein. Er schritt hinüber zu jener Stelle, wo sie das Rohr entdeckt hatten. Im matten Licht des Mondes suchte er die Umgebung ab. Es musste doch irgendwo einen Zugang zu jener geheimnisvollen Kammer geben, von der man ihm erzählt hatte.

      Er rutschte auf den Knien herum und tastete den Boden Stück für Stück ab. Teilweise bestand dieser Boden hier aus fester Lehmkruste, teilweise war er mit spärlichem Gras wuchs bedeckt.

      Mehr zufällig, als dass der Baron die Stelle sehen konnte, berührten seine Finger eine Wurzel. Er hielt es für eine Wurzel, fragte sich aber sofort, wo denn der dazugehörige Busch sein konnte. Als er im Mondlicht nicht erkennen konnte, was es nun wirklich war, zog er einfach daran. Da merkte er, dass sich der Boden neben ihm etwas bewegte. Er zog mehr, und da hob sich eine Fläche von der Größe eines Schleusendeckels an. Aber dieser Deckel schien eine halbe Tonne zu wiegen. Mehr als ein paar Millimeter vermochte ihn der Baron nicht anzuheben. Da begann er, die Erde mit den Händen zur Seite zu kratzen.

      Als er sie mühsam über die Fläche dieses Deckels entfernt hatte, entdeckte er einen Haken, dessen oberstes Ende er vorhin für eine Wurzel gehalten hatte. Er fasste den Haken tiefer und zog mit aller Kraft daran. Mit einem Mal klappte der Deckel hoch, und der Baron. vom eigenen Schwung getrieben, flog der Länge lang zu Boden.

      Als er sich knurrend aufrichtete, sagte eine dunkle Frauenstimme ein Stück entfernt: „Warum haben Sie nicht noch den Augenblick gewartet? Ich hätte Ihnen doch geholfen. Alex.“

      Es war Dolly Willington. Der Baron setzte sich auf, sah sie wie eine Fee vom Mondlicht umwoben näherkommen und erwiderte: „Fallen Sie nicht in das Loch da vor mir! Ich hoffe, ich habe das Geheimnis der Insel nun endgültig ergründet.“

      Er stand auf, und Dolly trat mit ihm an die Öffnung, aber mehr als einen schwarzen Fleck sahen sie nicht. „Licht müsste man haben“, sagte Dolly.

      „Haben wir, aber ich gehe damit um wie mit den Kronjuwelen der englischen Königin. Sieben Streichhölzer haben wir bei den Toten gefunden. Ich werde jetzt eines opfern, hoffentlich bläst es der Wind nicht aus.“

      Er zündete es über dem Loch in der hohlen Hand an. beugte sich in die Öffnung hinein, und während die zuckende Flamme brannte, sah er eine mit Stahlstempeln und Blechen abgestützte und verkleidete Grube, die nicht größer war als normalerweise der Raum in einem Wohnhausfahrstuhl. Unten waren Kisten aufgestapelt. Einige hatten eine längliche Form, andere waren fast quadratisch. Aber mehr sah der Baron nicht; das Streichholz war erloschen.

      Er richtete sich auf. „Ich nehme an, dass dort unten Waffen und Munition liegen.“

      „Etwas Essbares wäre für uns besser“, sagte Dolly. Sie hockte sich hin und sah zum Baron empor. „Mrs. Dacombe ist völlig fertig. Jenny kümmert sich um sie. Ich muss meine Meinung, was Jenny betrifft, etwas korrigieren. Die Kleine mag ein Flittchen sein, aber sie hat ein goldiges Herz.“

      „Jeder Mensch hat solche und solche Seiten. Sind Sie nicht müde?“

      „Ja, schon, aber was heute abend passierte, das ... Alex, es war furchtbar, und ich werde allein nicht damit fertig. Das mit Nina Rosco ...“ Sie stand auf.

      Er legte seinen Arm um ihre Schultern. Diesmal wehrte sie sich nicht. Aber sie hob den Kopf und sah ihn an. Der Mondschein fiel dabei direkt in ihr Gesicht, so dass es wie aus Alabaster wirkte. „Kommen wir jemals hier weg?“

      „Le Beau und die anderen flicken das Boot. Morgen werden wir versuchen, die Yacht zu erreichen.“

      „Ich denke manchmal, wir sind für immer hier. Und zuletzt sterben wir alle.“

      „Niemals aufgeben, Dolly. Mich wollten sie auch erschießen, und wie ich von James erfuhr, haben Sie auch mitgeholfen, dass es nicht dazu kommen konnte.“

      „Ach, jeder versucht, was er versuchen kann. Aber nennen Sie mich nicht mehr Dolly. Das klingt, als sprächen Sie mit einer Dirne oder einer Bardame.“

      „Ich werde Dr. Willington sagen, wenn Ihnen das lieber ist.“

      „Ich heisse Dorothee.“

      „Sie sollten auch keine solchen Aversionen gegenüber Bardamen und auch nicht gegenüber Dirnen zeigen. Manche von denen hat ein Herz wie Jenny.“

      „Ach ja, vielleicht haben Sie recht.“ Sie legte ganz unmotiviert ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn so verblüffend schnell, dass er, der sonst solche Überraschungen gelassen hinnahm, völlig perplex dastand, während sie leise sagte: „Alex, ich bin verrückt, völlig verrückt. Vielleicht werden das hier alle. Aber ich habe meinen Stolz weggeworfen. Ich liebe dich, Alex, und du sollst es wissen. Vielleicht kommt keiner von uns mehr weg von hier. Warum also sich noch in eine Rüstung zwängen, die angesichts des Todes zu lächerlich ist.“

      „Dorothee, deine Nerven sind am Ende. Morgen sieht die Welt ganz anders aus.“

      „Rede nicht, Alexander von Stehlitz, küss mich!“

      Das war eine Aufforderung, der er sich nicht entziehen mochte, schon gar nicht


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