Zu neugierige Mörder: 9 Krimis. Karl Plepelits

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis - Karl Plepelits


Скачать книгу
Sie mich wirklich nicht?“

      Sie lachte. „Sie sind ein Charmeur.“

      „Sie schätzen schüchterne Liebhaber mehr, nicht wahr?“

      „Sie irren sich, aber ich möchte nicht vernascht werden, um danach im Müll zu landen. Man hat so seine bestimmten Vorstellungen.“

      „Unsere Lage, Dolly, ist doch nicht so, dass wir vor Freude schreien könnten. Ich möchte damit sagen: wer weiß, was morgen ist. Leben und lieben wir das, was wir haben.“

      Sie lachte laut. „Kommen Sie doch nicht auf diese sentimentale Tour. Sie sind ein Mann, der die Frauen braucht wie sein handfestes Frühstück.“

      „Bei Jenny hätte ich es einfacher.“

      „Bei Nina Rosco brauchten Sie überhaupt nichts zu tun. Warum vergeuden Sie mit mir Ihre kostbare Zeit? Lohnt sich dieser Aufwand?“

      „Sie gefallen mir eben.“

      „O Gott! Auch das noch. Hören Sie, Alexander, ich mag Sie. Ja, ich mag Sie sogar sehr. Aber ich möchte, dass es so bleibt. Deshalb sollten wir nichts verändern. Stillen Sie Ihren Durst bei Jenny oder Nina Rosco. Ich würde es Ihnen nicht übelnehmen. Aber drücken Sie in Ihrer Kartei die Leertaste, wenn es um mich geht.“

      „Schwierigkeitsgrade erhöhen den Reiz, nicht wahr?“, meinte er zynisch.

      „Sie missverstehen mich. Sie wollen mich auch nicht begreifen.“

      Er legte seinen Arm um ihre Schulter, und sie duldete es. Aber dann sah sie ihn spöttisch an. „Und? Glauben Sie, dass mich körperliche Berührung weich in meinen Ansichten machen könnte?“

      „Sie sind doch eine Frau, oder?“

      „Ja. Und ich bin auch keine unberührte Jungfer mehr. Aber das ist etwas anderes. Ich sagte doch, dass ich Sie wirklich mag. Wenn ich Ihnen nachgebe, wollte ich Sie ganz für mich haben. Männer wie Sie kann eine Frau aber nie für sich allein besitzen. Deshalb, Alex....“

      „Ihre Ehrlichkeit ist umwerfend.“

      „Deshalb habe ich auch wenig Freunde. Vor allem unter den Männern. Manche hassen Frauen, die ehrlich sind. Sonst würde mancher Mann wissen, wie lächerlich er auf manche Frau wirkt. Das tut dann weh.“

      „Danke.“

      Sie sah ihn verblüfft an. „Nein, auf Sie war das nicht gemünzt. Sind Sie beleidigt?“

      „Nein“, sagte er trocken, „aber wahnsinnig verrückt nach dir!“

      Und da zog er sie schon vehement an sich, doch sie bog den Kopf zur Seite, als er sie küssen wollte.

      „Nein, Alex, nein!“

      Er ließ nicht locker, hielt sie mit einem Arm und drückte ihr mit sanfter Gewalt den Kopf herum. Als seine Lippen die ihren berührten, keuchte sie: „Hören Sie auf, Sie zerstören alles!“

      Er ließ sie los und sah sie forschend an. „Was sind Sie nur für eine Frau?“

      „Ergründen Sie das besser niemals“, erwiderte sie ein wenig atemlos. Sie lächelte nachsichtig. „Ich bin nicht böse, aber versprechen Sie mir, das nicht noch einmal zu tun.“

      „Ich gebe solche Versprechungen grundsätzlich nicht ab. Also gut, gehen wir!“

      Danach taten sie, als wäre nie etwas zwischen ihnen vorgefallen. Dolly gab sich kameradschaftlich, fast wie ein Partner, nur nicht wie eine Frau, die lieben kann und geliebt werden will. Dem Baron, der an dieses sachliche Gehabe Dollys nicht glauben wollte, verdross ihr Getue die Laune, doch er ließ sich nichts anmerken und tat, als habe er es endgültig aufgegeben, sie zu erobern.

      Sie suchten weiter, aber nirgendwo gab es Anhaltspunkte dafür, dass weitere Dinge verborgen lagen wie zuvor die Kiste mit dem Falschgeld und die verrotteten Druckplatten.

      „Und wenn wir die beiden Schwarzen fragen?“, schlug Dolly vor.

      „Ich habe sie gefragt. Vermutlich wissen sie nichts.“

      „Im Grunde sitzen wir alle wegen Dr. Rosco in der Tinte.“

      „Wenn man so will, ja. Aber nicht allein. Rosco und Stevenson müssen mehr zu bieten gehabt haben. Sonst wäre es für die Revolutionäre einfacher gewesen, die beiden einfach zu erschießen. Wenn das nicht geschah und man sie lebend wollte, hatte man vor, sie zu etwas zu zwingen oder Dinge zu tun, die ein anderer nicht für die beiden erledigen kann.“

      „Und was wäre das?“, fragte Dolly.

      Der Baron zuckte die Schultern. „Ich versuche immerzu die Verbindung vom Schiffsuntergang und dieser Insel herzustellen. Sehen Sie, niemand konnte ahnen, dass ausgerechnet zwei Boote, beziehungsweise ein Boot und ein Floß, nicht von den Suchflugzeugen und Suchschiffen gefunden werden würden und diese beiden Gefährte auf dieser Insel stranden sollten. Das war nicht vorauszuberechnen. Diese Insel liegt gut hundertzehn Seemeilen von der Untergangsstelle der Monte Christo entfernt. Auch die Meeresströmung kommt für die ganze Strecke nicht in Betracht, denn in die sind wir erst am letzten Tag im Nebel geraten. Damit will ich sagen: man hat nicht die Strömung einkalkulieren können. Aber ausgerechnet auf dieser Insel finden wir nun Dinge der Leute, die uns hier entdeckt haben, um Rosco zu holen. Ich glaube an zwei Versionen. Die erste: jemand hat dafür gesorgt, dass die Suchaktion abgebrochen wird, und das geschieht, wenn zum Beispiel Trümmer oder Kleidungsstücke oder gar verstümmelte Leichen an einer möglicherweise anderen Stelle gefunden werden, die annehmen lassen, man habe die vermissten Rettungseinheiten gefunden. Die zweite Version sieht so aus: jemand unter uns hat Kontakt zu den Revolutionären gehabt und hat ihn womöglich noch. Die Landung hier mag ein Zufall gewesen sein, aber an einen Zufall, der die Sunderland hergeführt hat, glaube ich nicht mehr. Nun ist jetzt alles gelaufen. Wir sind nicht hochgenommen worden, sondern haben uns behauptet. Aber dabei sind wir nicht weitergekommen.“

      „Glauben Sie, dass noch einmal Revolutionäre hier landen?“

      „Ich müsste mehr wissen, mehr über die Hintergründe. Vielleicht kommen sie wieder.“

      „Ist das für uns eine Möglichkeit, von der Insel zu kommen?“

      „Mich wundert, dass kein Flugzeug, kein Boot, nichts zu sehen ist. Gewiss, wir lbefinden uns weit abseits von den Schiffsrouten, aber trotzdem. Von uns aus kommen wir ohne Boot, ohne Holz für ein Floß nicht mehr weg.“

      Sie durchstöberten alle Kuhlen und Vertiefungen auf der Insel. Stundenlang sammelten sie Möweneier, was nicht immer ungefährlich war, denn die Vögel griffen sie an. Mit zwei Dutzend Eiern machten sie sich auf den Rückweg. Kurz bevor sie die Steilküste erreichten, entdeckte Dolly plötzlich einen Pfahl, es sah jedenfalls wie ein Pfahl aus, was da armlang aus der Erde ragte. Der Baron ging näher.

      Es war kein Pfahl, sondern ein Stück Rohr, was da verrostet aus der Erde ragte.

      „Was kann das sein?“, fragte Dolly und versuchte daran zu rütteln, aber das Rohr saß fest wie einbetoniert. Der Baron scharrte die Erde etwas weg, aber das Rohr schien tief verankert zu sein. Er riss und zog daran, und da bewegte es sich ein wenig. Als er es herausziehen wollte, gab das Rohr nach einigen Versuchen ein kleines bisschen nach, doch es ließ sich nicht völlig lösen.

      „James würde es schaffen“, sagte der Baron. „Vielleicht ist das aber alles Unsinn, und dieses Rohr hat nichts zu bedeuten.“

      Sie waren beide so vertieft, dass sie sich nicht umblickten. So übersahen sie völlig, dass sie nicht mehr allein waren.

      Dolly sah die Fremden zuerst. Entsetzt schrie sie auf. Der Baron fuhr herum und richtete sich auf.

      Vor ihm standen drei Männer in graugrünen Drillichuniformen, wie sie die beiden Schwarzen trugen. Aber dies hier waren keine Schwarzen, sondern weiße Männer mit bärtigen Gesichtern und verwaschenen Feldmützen, die offenbar einst der US Army gehört hatten. Alle drei hatten Maschinenpistolen im Anschlag. Und alle drei lächelten triumphierend.

      Der Größte von ihnen, ein


Скачать книгу