Zu neugierige Mörder: 9 Krimis. Karl Plepelits

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis - Karl Plepelits


Скачать книгу
hatten Stevenson ein Ultimatum gestellt. Er hat darüber gelacht. Sie wollten nicht, dass er nach Haiti kommt. Aber ich...“ Er brach ab, und der Baron nickte, als wüsste er, was Rosco hatte sagen wollen.

      „Sie haben das Land überhaupt nur deshalb gekauft. Billig gekauft, nicht wahr? Und dann vertrieben Sie die Bauern, die Ihr Land in Pacht hatten. Bis jetzt sind sieben Menschen dafür gestorben. Zwei davon wussten nicht einmal, wofür sie starben. Oder hat Benares etwas von der Geschichte gewusst?“

      „Nein, er nicht.“

      „Ich rechne damit, Rosco, dass die Rebellen wiederkommen. Die lassen nicht ein solches Wertobjekt, wie die Sunderland das für sie bedeutet, einfach sang und klanglos verschwinden. Man wird suchen, und man wird die Trümmer, aber auch uns finden. Unsere Hoffnung, dass uns nämlich jemand findet, kann jetzt bedeuten, unseren Mördern zu begegnen. Das nächste Mal, Rosco, könnte es sein, dass alle anderen Sie ausliefern wollen, wenn sich die Rebellen damit überhaupt noch zufriedengeben.“

      Rosco sprang auf. „Das ... das können Sie nicht tun! Das dürfen Sie nicht. Jedes Gericht in der zivilisierten Welt würde Sie dafür verurteilen!“

      Le Beau war näher getreten und sah Rosco spöttisch an. „Niemand verurteilt uns, Rosco, aber dich, Rosco, dich hängen sie auf.“

      „Wie reden Sie mit mir?“ empörte sich der feiste Politiker.

      Le Beau grinste breit. „Empfindlich?“ Ohne sich weiter um Rosco zu kümmern, wandte sich Le Beau an den Baron: „Es wird zwei Tage dauern, bis wir das Boot flott haben. Der Kerl mit der MP hat ganz schön ’reingerotzt. Vorher fangen wir auch nichts Vernünftiges.“

      Der Baron sah Rosco an. „Er wird euch dabei helfen, das Boot zu flicken. Hoffentlich gibt es keinen Sturm. Der Strand hier ist so schmal, dass er überspült wird. Dann müssen alle rechtzeitig in die Höhle hinauf. Wo steckt Robert?“

      Le Beau lächelte spöttisch. „Der berechnet unsere Überlebenschancen. Im Augenblick schwirrt er oben an der Höhle herum und versucht auszurechnen, wieviel Schwitzwasser in einer Stunde die Felswände in die Zisterne hinabläuft.“

      „Sag ihm, dass er sich oben auf der Hochfläche postieren und nach Schiffen, Flugzeugen oder dergleichen Ausschau halten muss.“

      „Aye, aye, Sir!“ erwiderte Le Beau und winkte dann Rosco: „Komm, Bruderherz, deine Gelegenheit zur Bewährung in dieser menschlichen Gesellschaft ist gekommen!“

      Rosco fluchte, dann aber entschied er sich dafür, Le Beau zu folgen.

      Der Baron blickte den beiden nach, lächelte und ging dann auf den Aufstieg zu, der zur Hochfläche hinaufführte. Er wollte gerade hinaufklettern, als Dollys Stimme hinter ihm rief: „Kann ich mitkommen?“

      Er hielt inne und sah nach hinten. Schlank wie eine Birke stand sie im Wind. Der Rock presste sich um ihre Schenkel und Rundungen, als sei er eine zweite Haut. Ihr Haar wurde zur Seite geweht, und er bemerkte, dass sie kleine Ohren besaß. „Gut, kommen Sie, aber es wird nicht sehr leicht sein. Spazierwege gibt es bekanntlich dort oben nicht.“

      Sie lachte nur und folgte ihm dann. Als sie kletterte, zeigte sie bewundernswertes sportliches Geschick. Doch oben war sie dann doch außer Atem geraten und seufzte: „Hah, Sie scheinen ja doch ziemlich durchtrainiert zu sein.“

      „Nicht der Rede wert“, erwiderte er lächelnd. „Wollen Sie sich ausruhen?“

      „Nein. Aber reden möchte ich mit Ihnen. Diese Mrs. Rosco treibt es ziemlich toll, was James angeht. Der Ärmste weiß sich kaum noch vor ihr zu retten.“

      „James weiß, was er zu tun hat. Um ihn sorge ich mich weniger.“

      „Auch die beiden Schwarzen sind Männer“, erwiderte sie.

      „Wirklich? Hat das Mrs. Rosco entdeckt?“

      „Baron, zum Lachen ist das nicht. Sie macht alle verrückt. Sogar Ihren Sekretär versucht sie einzulullen.“

      „Auch Robert kennt da Auswege.“

      Sie sah ihn wütend an. „Sind Sie sich da so sicher? Diese Frau ist mannstoll und verrückt. Dagegen ist selbst Jenny ...“

      „Sie sind doch eine emanzipierte Frau, eine von denen, die seit Jahren für die absolute Gleichberechtigung kämpfen. Nun haben Sie diese Gleichberechtigung. Warum soll Nina Rosco nicht so sein, wie Sie in Ihren Artikeln das stets den Männern unterschoben haben? Nina nimmt das, was sie kriegt. Sie ist älter als achtzehn, und ob sie das ist, also kann sie tun und lassen, was sie mag. Wer mit ihr anbändeln will, soll es tun. Uber den Geschmack kann man nicht streiten.“

      „Sie vergiftet die Atmosphäre, Baron, und setzt sich über alles hinweg. Zu Mrs. Dacombe hat sie gesagt, sie sei eine abgemolkene alte Kuh.“

      „Nicht sehr vornehm, aber doch nicht unbedingt falsch, nicht wahr?“, meinte er lächelnd.

      „Glauben Sie? Dann wird es Ihnen sicher auch Freude machen, wie sie mich tituliert hat.“

      „Ich möchte das nicht erraten müssen, meine Verehrte.“

      Dolly lachte. „Nun, ich verstehe schon Spaß. Jedenfalls nannte sie mich eine frigide Gehirnakrobatin.“

      „Sie müssen zugeben, dass die Dame über Fantasie verfügt. Ich glaube nicht an die Beurteilung frigide, aber mein Urteil würde Ihnen ganz sicher auch keine Freude bereiten, wie ich Sie einschätze.“

      „Wie lautet es?“, fragte sie wie ein Mädchen, das den Lehrer bittet, die Mathematikzensur im voraus zu verraten.

      „Sie sind raffiniert, weil Sie Ihre Schönheit kennen, die Wirkung davon auf die Männer ebenso, dabei aber pausenlos allem, was einem Mann gleicht, die Krallen und die Zähne zeigen. Nebenbei gesagt, eine recht beachtliche Methode, schnell Erfolg zu haben.“ „Erfolg? Bei wem denn?“

      „Bei Männern.“ Er lachte. „Wollen Sie immer noch mitgehen?“

      Sie fauchte ihn an: „Nun erst recht! Was fällt Ihnen überhaupt ein? So groß sind Sie ja nun doch nicht, dass ich mich Ihretwegen geniere.“

      Er ging wortlos weiter, und sie folgte ihm in ihrem abgeschnittenen Kleid, das ihr so gut stand, als wäre es von Anfang an so geschneidert worden.

      Sie überquerten die ehemalige Rollbahn, näherten sich der Stelle, wo sie gelandet waren, und plötzlich bog der Baron nach rechts ab, wo junges Gestrüpp wucherte. Seinen langen Schritten konnte Dolly nicht gleich folgen, und als sie ihn endlich einholte, stand er vorgebeugt über einem Loch von Mülltonnengröße.

      „Was ist das?“, fragte sie.

      „Sieht aus, als wäre darin Feuer gemacht worden.“ Er legte sich nieder und beugte sich tief in das Loch hinein, streckte die Arme bis zum Boden aus und kam dann mit hochrotem Kopf wieder hervor. Seine Hände waren schwarz von Asche und Ruß.

      „Eine Feuerstelle; merkwürdig, dass sie so tief im Boden angelegt worden ist. Dazu ist sie nicht einmal alt. Augenblick!“

      Er tauchte noch einmal weg und brachte etwas Asche nach oben, hielt sie in den offenen Händen und beugte sich darüber, damit der zunehmende Wind sie ihm nicht davonblies.

      „Asche, was sonst?“, fragte Dolly.

      „Aber was für Asche.“ Er roch daran. „Öl.“

      „Und was bedeutet das?“

      „Jemand hat vor gar nicht langer Zeit in diesem Loch etwas mit Öl begossen und verbrannt. Da es nicht Herbst ist, und der letzte Herbst schon ein gutes Dreivierteljahr hinter uns liegt, können es nicht die Brautleute der Eingeborenen getan haben, die jeden Herbst herkommen. Es war also jemand kurz vor uns auf der Insel, und dieser Jemand hatte Öl, um etwas zu verbrennen.“

      „Mysteriös, nicht wahr?“

      Er sah sie an. „Kommen Sie mit! Ich glaube, wir finden noch mehr.“

      Er begann im Umkreis des Loches zu


Скачать книгу