Endlichkeit und Vergänglichkeit. Christian Walther
mich wie sie vom höchsten Zweig mich lösen
Des Erdenlebens, ohne Klagelaut,
Erfüllt von dir, wie von dem Sonnenlicht.
Ada Negri
Komm in den totgesagten park und schau:
Der schimmer ferner lächelnder gestade -
Der reinen wolken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten pfade.
Dort nimm das tiefe gelb – das weiche grau
Von birken und von buchs – der wind ist lau
Die späten rosen welkten noch nicht ganz
Erlese küsse sie und flicht den kranz -
Vergiss auch diese letzten astern nicht-
Den purpur um die ranken wilder reben -
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.
Stefan George
In doppelter Ährenhöhe
schweben die Engel der Unkrautsamen
langsam zum Friedhof hinüber.
Verlöscht sind die heurigen Kerzen
der goldenen Löwenzähne,
feurig werden sie aufgehen
über den Leibern der Toten
und mir im Herzen schon bald.
Christine Lavant
Fallt, Blätter, fallt! Sterbt, Blumen, dahin!
Nacht, werde länger, und kürzer, Tag!
Jedes Blatt, vom Herbstbaum flatternd,
spricht zu mir Seligkeit.
Ich werde lächeln, wenn Kränze aus Schnee
blühen, wo sonst die Rose wächst;
singen werd' ich, wenn ausklingend die Nacht
trüberen Tag führt herauf.
Emily Jane Brontë
VERFRÜHTER HERBST
Schon riecht es scharf nach angewelkten Blättern,
Kornfelder stehen leer und ohne Blick;
Wir wissen: eines von den nächsten Wettern
Bricht unserm müden Sommer das Genick.
Die Ginsterschoten knistern. Plötzlich wird
Uns das fern und sagenhaft erscheinen,
Was heut wir in der Hand zu halten meinen,
Und jede Blume wunderbar verirrt.
Bang wächst ein Wunsch in der erschreckten Seele:
Dass sie nicht allzusehr am Dasein klebe,
Dass sie das Welken wie ein Baum erlebe,
Dass Fest und Farbe ihrem Herbst nicht fehle.
Hermann Hesse
DIE TAGE FALLEN
Die Ernten sind eingebracht.
Nur noch die Flüsse wachsen
und flicken die zerrissene Erde.
Die Tage fallen mit dem Laub
ins Dunkle,
verlöschen in schwebenden Feuern
und steigen als Rauch in die Nacht.
Die Glocken erschrecken den Himmel,
läuten die Kälte ein.
Wolfgang Bächler
HERBST
O trübe diese Tage nicht,
Sie sind der letzte Sonnenschein,
Wie lange, und es lischt das Licht
Und unser Winter bricht herein.
Dies ist die Zeit, wo jeder Tag
Viel Tage gilt in seinem Wert,
Weil man's nicht mehr erhoffen mag
Dass so die Stunde wiederkehrt.
Die Flut des Lebens ist dahin,
Es ebbt in seinem Stolz und Reiz,
Und sieh, es schleicht in unsern Sinn
Ein banger, nie gekannter Geiz.
Ein süßer Geiz, der Stunden zählt
Und jede prüft auf ihren Glanz -
O sorge, dass uns keine fehlt,
Und gönn uns jede Stunde ganz.
Theodor Fontane
ASTERN
Astern -, schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.
Noch einmal die goldenen Herden
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?
Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du -
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu,
noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.
Gottfried Benn
HERBSTBILD
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Friedrich Hebbel
Alles zusammen,
der erlittenen Schmerzen
ungekannte Zahl,
taucht in tiefere Farben
zur Abendstunde im Herbst.
Yoshitsune
DER HERBST
Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen,
Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet,
Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet,
Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen.
Das Erdenrund ist so geschmückt, und selten lärmet
Der Schall durchs offene Feld, die Sonne wärmet
Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen
Als eine Aussicht weit, die Lüfte wehen
Die