Western Action Großband Februar 2019 - 1000 Seiten Spannung. Pete Hackett
Durango drehte sich etwas und spannte den Hammer des Colts unter der vorgehaltenen Hand.
„Die Leute sollen überall rufen, dass er herauskommen soll und dass wir seinen Gefährten und Zattig haben.“
„In Ordnung, Boss.“
Jay war zusammengefahren. Irgendwo entfernten sich Schritte. Dann wurde es still. Auf einmal, links, weit entfernt eine rufende Stimme: „Durango, komm heraus! Dein Kumpel und Zattig sind in unserer Hand! Harmon ist nicht verletzt! Aber wir garantieren für nichts, wenn du nicht mit dem Mädchen herauskommst! Durango! Hörst du uns?“
„Nun wissen Sie es!“, stieß das Mädchen hervor. „Tetley hat Ihren Freund. Ich habe es gleich geahnt, als die Schüsse fielen und das Pferd wieherte. Tetley wird ungeduldig. Vielleicht lässt er Ihren Bruder töten, wenn Sie sich nicht ergeben.“
„Was wollen Sie eigentlich, Mandy? Noch vor ein paar Stunden war Ihre Angst vor Tobe Tetley größer als vor Richter Douglas.“
„Ich habe mir alles durch den Kopf gehen lassen. Zeit genug war dazu. Tetley wird es nicht wagen, mir etwas zu tun. Er wird mich fortjagen, wie er es schon einmal getan hat. Er wird wissen, dass ich alles totschweige.“
„Natürlich. Es liegt ja in Ihrem eigenen Interesse.“
„Eben.“ Ihr Lächeln war hämisch, verschwand aber sofort wieder aus ihrem Gesicht. Sie kniete sich auf den Boden, und noch ehe Jay Durango begriff, schrie sie: „Wir sind hier! Hier!“
Er riss sie zu Boden und presste ihr fluchend die Hand auf den Mund.
Aber es war zu spät. Schon hörte er die sich nähernden Schritte. Da sprang er auf und warf sich aus der Hecke. Ein Mann kam ihm entgegen.
„Halt!“, donnerte die Stimme des Cowboys.
Jay Durango hob den Revolver und schleuderte ihn dem Mann mit einem raschen Schnappen des Handgelenkes ins Gesicht.
Der Reiter schrie, taumelte rückwärts und hob die linke Hand vor das Gesicht. Jay Durangos Revolver fiel zu Boden. Da drückte der taumelnde Mann ab.
Eine Feuerzunge stach Jay Durango entgegen, und er spürte den heißen Luftzug, der seine Wange und das Ohr streifte. Er sprang weiter und schlug mit der Faust nach dem Mann, der auf der Stelle zu Boden stürzte.
Da hörte er hinter sich ein Geräusch und wollte herumwirbeln. Er hatte sich halb gedreht und sah einen hochschwingenden Arm. Seine Reaktion kam zu spät. Ein schmetternder Hieb traf seinen Kopf und zauberte sekundenschnell buntes Feuer vor seine Augen, das sich in einer Kugel zu drehen schien und jäh mit grellem Licht in Tausende winziger Sterne zerbarst. Er spürte nicht mehr, wie er auf den Boden schlug, denn in der dunklen Nebelwand, die das Feuer ablöste, war sein Bewusstsein untergetaucht.
*
Als er erwachte, erfüllte ein Hämmern und Brausen seinen Kopf. Jay Durango erinnerte sich nur langsam, was geschehen war. Dann aber war ihm wieder alles klar.
Er hatte die Augen noch geschlossen, während er versuchte, die Geräusche, die ihn umgaben, klar aufzunehmen.
„Schläft er immer noch?“, fragte die harte, wie Stahl klirrende Stimme des Ranchers.
„Scheint so“, brummte jemand.
„Du bist ein Idiot, Nat“, meldete sich der Rancher wieder. „Niemand hat gesagt, dass du so nach ihm schiagen sollst.“
„Ich dachte, ich hätte dir einen Gefallen getan, Boss“, sagte ein Cowboy grollend.
Jay wollte die Hände bewegen, aber es gelang ihm nicht. Er merkte, wie etwas in seine Gelenke schnitt und begriff, dass sie ihn gefesselt hatten. Da öffnete er die Augen. Das Hämmern und Dröhnen in seinem Kopf begann abzuklingen.
Vor ihm brannte ein Feuer. Ihm gegenüber stand Tetley, und es sah aus, als würde der Mann mitten in den Flammen, die bis zu seinem Patronengurt reichten, stehen.
„Na also“, sagte der Rancher und schob sich eine dünne schwarze Zigarre in den Mundwinkel. Er bückte sich nach einem Stück brennenden Holzes, brannte die Zigarre an, paffte und warf das Holz ins Feuer zurück.
Jay Durango blickte nach links. Neben ihm lag Dave Harmon, ebenfalls gefesselt. Dahinter saß das Barmädchen. Mandy Bacon war nicht gefesselt. Irgendwie verfuhren sie offenbar mit einem Mädchen alle gleich.
Jay blickte nach der anderen Seite. Dort sah er Zattig und Rule, die auch gefesselt waren.
„Wir sind wieder alle beieinander, und diesmal fehlt wirklich keiner“, meinte der Rancher.
„Sie vergessen, dass wir noch einen Rancher und eine Mannschaft haben!“, stieß Dave hitzig hervor.
Tetley wischte die Worte mit einer großartigen Geste aus der Luft.
„Hören Sie damit auf“, brummte er. „In Duncan gibt es keinen Gefangenen mehr und auch kein Barmädchen, das meinen Sohn mit Gewalt heiraten will. Mit anderen Worten, es gibt keine Zeugen mehr.“
„Sie können uns spurlos verschwinden lassen“, sagte Jay, als alle schwiegen. „Aber diesmal sollten Sie vielleicht bei Ihren Leuten bleiben, damit Ihre Befehle auch wirklich ausgeführt werden.“
Tobe Tetley fluchte verbissen und wandte sich nach seinen Leuten um, die in einem Halbkreis hinter ihm standen. Sie blickten ihn starr an und zeigten kein Zeichen von Ablehnung oder Zustimmung.
Tetley schaute Jay wieder an.
„Sie hatten mir keine Wahl gelassen“, sagte er. „Sie haben mich sogar gereizt, bis mein Blut kochte. Ich schicke einen Mann nicht in den Tod, wenn er es nicht verdient hat.“
„Dann muss ich es ja wohl verdient haben, Tetley“, gab Jay Durango zurück.
„Sie können mich noch einmal reizen, bis ich blindlings einen Befehl gebe.“
„Es war nicht blindlings, Tetley. Aber Sie brauchen sich nicht bei mir zu entschuldigen. Ich weiß, dass Sie die Verbrecher decken. Aber das auch nur deswegen, weil zufällig Ihr Sohn zu ihnen gehört.“
„Meine Leute wissen, um was es geht“, meinte der Rancher und schob die schwarze Zigarre wieder in den Mundwinkel. „Sparen Sie sich jedes weitere Wort darüber.“
Jay Durango blickte die Cowboys an. Sie schienen es wirklich bis in die letzte Einzelheit zu wissen, und das begriff er nicht.
„Werft sie auf die Pferde!“, kommandierte der Rancher. „Wir reiten zurück. Auf der Ranch sehen wir weiter. Hoffentlich wissen Sie nun, dass nirgends noch ein Trumpf auf Sie wartet, Durango!“
Die Männer kamen um den Rancher herum. Ein grober, bullig aussehender Reiter hob Jay Durango hoch und warf ihn quer über den Sattel eines Pferdes. Jay merkte, wie er festgebunden wurde. Unter sich sah er den Boden und einmal die Stiefelspitze eines Cowboys. Dann wehte ihm Staub entgegen.
„Fertig?“, fragte Tobe Tetley nach ein paar Minuten.
„Fertig“, erwiderte jemand.
„Dann vorwärts!“
Einer der Männer trieb das Pferd, auf dem Jay Durango lag, an. Unter ihm wanderte der gebleichte Sandboden dahin. Staub wallte ihm in immer dickeren Wolken entgegen und brannte mit dem Schweiß auf seiner Haut. In seinen Nacken und auf den Kopf, auf dem er keinen Hut mehr hatte, stachen die Sonnenstrahlen.
„Schneller!“, schrie der Rancher. „Wir wollen heute noch ankommen!“
Das Pferd fiel in eine schnellere Gangart. Jay Durango flog auf dem Sattel hin und her. Übelkeit packte ihn. Er biss die Zähne zusammen, um stärker als der Schmerz sein zu können. Den anderen konnte es nicht bessergehen.
„Ihr Schweine!“, schrie Clint Rule. „Ihr ...“ Der Rest seines Rufes ging in einem Röcheln unter.
„Willst du etwas?“, rief Tobe Tetley. „Da!“ - das scharfe Klatschen einer Peitsche erreichte Jays Ohren.